Vom soliden Vom-Blatt-Sänger zum Vereins-Boss
Markus Krapf, der Präsident des Fußballbundesligisten FC Augsburg, ist ein Tausendsassa: Neben seinem Ehrenamt ist er stellvertretender Chefredakteur, Besitzer einer Sportkneipe, Podcaster und war früher Augsburger Domsingknabe. Im Ehemaligen-Interview der aktuellen „SING“-Ausgabe erzählt er neben witzigen Anekdoten von früher, warum ihm partnerschaftliches Miteinander für die Stadtgesellschaft bis heute ein wichtiges Anliegen ist.
Wann bist Du zu den Domsingknaben gekommen?
Ich bin 1971 geboren, das dürfte dann also 1979 oder 1980 gewesen sein.
Du warst also Teil einer der ersten Domsingknaben-Generationen?
Ja, das war ich, wobei die Domsingknaben bereits da auch überregional eine echte Hausnummer waren. Ich durfte als Solist am Stadttheater und auf der Freilichtbühne singen und erinnere mich noch an Lohengrin im Großen Haus oder an Carmen auf der Freilichtbühne. Das muss 1982 gewesen sein, denn Deutschland hat im WM-Finale mit 3:1 gegen Italien verloren. Schon zur Halbzeit war klar, dass die Aufführung ein größerer Erfolg werden würde als dieses Finale in Madrid, das damals für die Akteure auf einem Röhrenfernseher hinter der Bühne lief.
Welches Stimmfach warst Du?
Alt. Die ganz hohen Solistenweihen habe ich zwar nicht erreicht, aber ich war ein recht solider Vom-Blatt-Sänger im Kammerchor. Davon habe ich auch später beim Musikmachen in verschiedenen Bands sehr profitiert, z.B. als ich mit meinen FC Allstars im Jahr 2000 die Hymne „Sowas Großes“ für den FCA einsingen durfte.
Warst Du als Männerstimme auch noch bei den Domsingknaben?
Nein, ich habe sogar dem Stimmbruch sehr entgegengefiebert, weil ich Fußball im Verein spielen wollte und zuvor dafür keine Zeit hatte. Bei der Japanreise wäre ich damals zwar gern noch mitgefahren, aber das glückte wegen des Stimmbruchs leider nicht mehr.
Du bist nicht nur jetzt zum Präsidenten des FCA berufen worden, sondern warst früher Geschäftsführer des Clubs von 2002 bis 2007, obwohl Du gymnasiales Lehramt und nicht BWL studiert hattest. Was ist Deine Triebfeder?
Ich hatte damals die Chance, aktiv dabei mitzuhelfen, den FCA nach 23 Jahren wieder zurück in den Profifußball zu führen. Und selbst wenn ich zu Beginn sicher nicht alles konnte, was man für so einen Job braucht, habe ich eben bei denen nachgefragt, von denen ich glaubte, dass sie ähnliche Dinge bereits gut machen. Die Kollegen von anderen Clubs haben immer geholfen, wenn ich sie um Rat gefragt habe. Sowohl als Geschäftsführer wie auch jetzt als Präsident muss man wissen, dass Jobs in der Öffentlichkeit nicht nur Renommee, sondern auch heftige Kritik einbringen können. Das muss man aushalten können, wenn man sich mit Initiative an einer Entwicklung der Stadtgesellschaft beteiligen will.
Worum geht es für Dich bei der Marke FCA?
Für mich ist für unsere Marke von großer Bedeutung, weil sie wichtig für die Menschen hier in Augsburg ist. Die Leute waren stolz, als der FCA endlich in die zweite Liga und dann in die Bundesliga aufgestiegen ist. Diese Bundesligazugehörigkeit ist für Augsburg ein großer Faktor. Das sieht man, wenn Auswärtsfans zu den Spielen kommen. Sie bleiben häufig gleich das ganze Wochenende in der Stadt, geben ihr Geld aus, was ich auch an den Umsätzen in meinem 11er spüre. Und wer schon einmal hier war, der kommt auch wieder, weil unsere Stadt einfach wunderschön ist. Bevor Augsburg einer von 18 Bundesliga-Standorten wurde, wussten viele nicht einmal genau, wo Augsburg liegt. Das hat sich mittlerweile geändert. Übrigens gibt es mittlerweile knapp 7.000 Hotelbetten, vor dem Aufstieg waren es knapp über 4.000. Das liegt natürlich nicht allein am FCA, aber der Club hat einen nicht unerheblichen Anteil daran.
Der FCA steht ja inzwischen auch in der Jugendarbeit sehr gut da.
Die Paul-Renz-Akademie mit dem neu eröffneten Internat ist im Ligavergleich auf einem tollen Niveau, aber sie kostet auch Geld. Geld, das wir im Vorstand zu verantworten haben. Ein gewisser Thomas Tuchel, mit dem ich mir ein Büro geteilt habe, hat damals als unser Nachwuchsleiter u. a. Kooperationen mit Schulen in Gersthofen und Oberhausen begonnen. Alles hat sich infrastrukturell aus dem Nichts richtig entwickelt, aber man muss auch seitens der Profiabteilung immer in engem Kontakt mit der Nachwuchsabteilung stehen. Mittlerweile haben wir mit Enno Maaßen einen Cheftrainer, der wirklich auf die Jugend setzt, und nur so können große Worte in Taten umgesetzt werden. Wir wissen aus Umfragen, dass es 85 Prozent der FCA-Mitglieder sehr wichtig ist, dass der FCA tatsächlich wieder ein Ausbildungsverein wird. Das ist unser Auftrag!
Du giltst bei den Fans als einer, der umsetzen will, was für den FCA gut ist …
Das sollte für alle die oberste Prämisse sein. Es gibt viele Interessensgruppen rund um den FCA: Investoren, Sponsoren, langjährige und junge Mitglieder, die aktive Fanszene und am Ende müssen alle zu Kompromissen bereit sein, um den FCA nach vorne zu bringen. Wenn es nur darum geht, sein eigenes Ego zu befriedigen, dann schadet man dem Club.
Wie muss man sich das vorstellen zwischen Geschäftsbetrieb und FCA: Wie sind da die Entscheidungsverflechtungen?
In den letzten 25 Jahren hatte der Präsident des Clubs gleichzeitig auch Anteile der Kapitalgesellschaft. Jetzt wird durch die neue Konstellation die 50+1 Regelung wieder deutlich intensiver gelebt, welche von der DFL eine Grundvoraussetzung zum Lizenzerhalt ist. Der Einfluss des Vorstands, dessen Vorsitzender ich als Präsident bin, ist also durchaus weitreichend. Aber ohne Sponsoren und Investoren ist eine dauerhafte Erstligazugehörigkeit sicher auch nicht möglich und deswegen stehen wir zusammen mit unseren Geschäftsführern Michael Ströll und Stefan Reuter immer in einem sehr engen Austausch mit unseren Gesellschaftern.
Was brauchst Du, um dich zu erholen?
Ich gehe zum Beispiel gerne mit meinen Kumpels zum AEV, auch wenn die letzte Saison sportlich eher schwierig war. Es ist schön, auch mal eine Zeit zu erleben, in der es um etwas Anderes geht als um den FCA. Und zum Glück habe ich ein paar Freunde und meine Familie, die mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Ich musste sehr lachen, als ich nach den Reden und Interviews der ersten Monate gesagt bekam: „Hör mal damit auf, ständig von ‚deiner‘ Stadt zu sprechen. Du bist nicht Kaiser Augustus!“ Daran versuche ich mich seitdem zu halten.
Das „SING“-Magazin erscheint zweimal pro Jahr (jeweils Mai und November) und gibt auf 20 Seiten Einblicke in das musikalische Wirken der Augsburger Domsingknaben. Frühere Ausgaben sind im Magazin-Archiv auf den Seiten der Domsingknaben zu finden. Die gedruckte Version lässt sich über das Sekretariat im Haus Ambrosius oder per Mail an presse@augsburger-domsingknaben.de beziehen.