75 Jahre Frauengemeinschaft „Ancillae“: Säkularinstitut feiert Jubiläum mit zwei Bischöfen
Benediktbeuern (pba). Wenn sich der Bischof von Augsburg und der Bischof von Görlitz an einem Freitagvormittag nahe der deutsch-österreichischen Grenze treffen, kann das Zufall sein. Oder es hat mit der Geschichte einer religiösen Frauengemeinschaft zu tun, die kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Bistum Augsburg entstand, und schon bald auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs in der damaligen DDR Wurzeln schlug. 75 Jahre sind nun seit der Gründung des heutigen Säkularinstituts „Ancillae“ vergangen. Grund genug für die Mitglieder, gemeinsam mit den Bischöfen Dr. Bertram Meier und Wolfgang Ipolt dankbar in der Benediktbeurer Marienkirche Gottesdienst zu feiern.
In seiner Predigt beglückwünschte Bischof Bertram die Gemeinschaft, wegen ihrer zahlreichen Niederlassungen in Indien und dem früheren Engagement in Tansania, ein „global player“ zu sein. Als schönes Zeichen für deren Katholizität wertete der Bischof, der schon als Ordensreferent auch für die Säkularinstitute im Bistum zuständig war, dass indische Schwestern seit Jahren auch wesentlich in Leitungsämter gewählt wurden. Mit Blick auf die Entwicklung im deutschsprachigen Raum richtete er ermutigende Worte an die Frauen: „Obwohl Sie, liebe Ancillae, als Gemeinschaft zahlenmäßig kleiner werden und der Altersdurchschnitt stetig steigt, das Programm Ihres Säkularinstitutes bleibt aktueller denn je: Sie sind Ancillae, Dienerinnen des Heilsgeheimnisses, nicht Herrscherinnen und Powerfrauen, die in der Kirche aufmischen.“
"Heiligkeit von nebenan"
Bei der Feierstunde im Anschluss an den Festgottesdienst sprach der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, auf dessen Bistumsgebiet sich einst die ersten Ancillae im Osten Deutschlands ansiedelten, über die Berufung eines jeden Christen zur Heiligkeit. Bischof Wolfgang betonte: „Heiligkeit entfaltet sich dort, wo jemand sich seiner Taufe bewusst ist.“ Die Taufgnade Frucht bringen zu lassen, bedeute letztlich, Gott an sich arbeiten zu lassen, ihm nichts entgegenzustellen und vor allem sich jeder Ausrede zu enthalten, warum man in dieser oder jener Situation nicht in seinem Sinne handeln konnte. Diese „Heiligkeit von nebenan“ sei etwas ganz einfaches Praktisches, so der Görlitzer Bischof.
Zuvor richteten neben der amtierenden Generalleiterin des Instituts Rosamma Thomas, auch der Bürgermeister von Benediktbeuern Anton Ortlieb und der Direktor des Klosters der Salesianer Don Boscos Pater Lothar Bily SDB Grußworte an die Festgäste. Der Salesianerpater, der die Gemeinschaft bereits seit Beginn seines Studiums der Sozialen Arbeit 1978 kennt, betonte das gute Miteinander vor Ort. Bei allen Unterschieden in der Lebensform sei doch die Gemeinsamkeit in der Sendung festzustellen. „Die Liebe Gottes, die wir empfangen haben, an andere Menschen – vor allem an jüngere hier in Benediktbeuern – weiterzugeben.
Solidarisch leben, Christus nachfolgen, Maria als Leitbild
Die Ancillae (lat. „ancilla“, im Deutschen „Magd“) wurden 1946 von Maria Perpetua Radlmair in der Diözese Augsburg gegründet und sind bereits seit 1957 in Ostdeutschland ansässig. 1971 erhielt die Frauengemeinschaft vom Vatikan die offizielle Anerkennung als Säkularinstitut. Die Ancillae, die nach den evangelischen Räten (Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam) leben, sehen ihre Sendung darin, dem Heilswillen Gottes vorbehaltlos zu dienen. Leitbild und Vorbild ihres Lebens in der Nachfolge Christi ist für sie die Gottesmutter Maria. Aus ihrem Ja-Wort wählte das Institut seinen Namen. Durch Gebet, Zeiten der Stille und ständige spirituelle Erneuerung schöpfen die Mitglieder die Kraft, in der Welt von der Liebe Gottes zu allen Menschen Zeugnis zu geben.
Aktuell leben 25 Ancillae in Deutschland – im Bistum Augsburg und in den ostdeutschen Bistümern - sowie mehr als 75 in Indien. Sie leben solidarisch mit anderen Menschen, allein, mit Verwandten oder in kleinen Wohngemeinschaften. Zudem gibt es ein Dutzend Frauen, die ohne Gelübde die Spiritualität der Gemeinschaft mitleben und den Ancilla-Kreis bilden. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 30 Säkularinstitute mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie – oft unbemerkt oder unerkannt – die Hoffnungskraft des Evangeliums als Sauerteig in unsere konkrete Welt einbringen.