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Wichtiges
Interreligiöser Dialog

Begegnung der Religionen: Segnen und gesegnet werden - Quellen heilender Kraft

17.07.2019

Bereits zum vierten Mal hat Prälat Dr. Bertram Meier und der von ihm geleitete diözesane Arbeitskreis Interreligiöser Dialog Vertreter verschiedener Religionen ins Haus St. Ulrich nach Augsburg eingeladen. Elf Gemeinden aus Judentum, Buddhismus, Christentum, Islam und der Bahai-Religion waren am Montag zusammengekommen, um sich zum Thema „Segen in Alltag und Familie“ auszutauschen. „Wir haben uns über die Jahre besser kennen gelernt und das Miteinander ist von immer mehr Vertrauen geprägt“, stellte Prälat Dr. Meier in seiner Begrüßung fest. Wie Recht er damit hatte, zeigten die ansprechenden Präsentationen und die anschließende Begegnung im Foyer, wo in kleineren Runden der Austausch fortgesetzt und so mancher Kontakt geknüpft oder vertieft wurde.

„Möge es dir an Glück, Gesundheit und Wohlstand nicht mangeln.“ Mitglieder aus zwei buddhistischen Gemeinden, die unterschiedlichen Richtungen angehören, erläuterten, dass es im Buddhismus durchaus Traditionen gibt, die eine Segenspraxis kennen: Eltern segnen ihre Kinder und die Mönche die Gläubigen. Kerze und Wasser spielen dabei eine besondere Rolle: das Leuchten der Kerze versinnbildlicht die Bitte des Gläubigen, dass sein innerer Kern immer mehr ausstrahlen möge. Und wie sich Wasser in einer Schale sammelt, so mögen sich die guten Taten in der Seele sammeln, um den Aufstieg der Seele in das Nirwana erreichen zu können.

Das Judentum hingegen kennt eine Vielzahl von Segenssprüchen. Am Beispiel des Schabbat verdeutlichten das die Vertreter der jüdischen Gemeinde Augsburg. Über die Schabbat-Kerzen wird ein Segen gesprochen; der Segen über die Schabbat-Brote ist ein Dank an den Allmächtigen, der das Getreide wachsen lässt, aus dem das Mehl gewonnen wird. Ebenso wird der Wein gesegnet. Besonders bekannt ist der Aaronitische Segen (Num 6,24 ff.), der im Synagogen-Gottesdienst gesprochen wird, den aber auch der Vater über seine Kinder spricht. Und das Grundbekenntnis der Juden, das „Höre, Israel!“ (Dtn 6,4), befindet sich als Text in der Kapsel am Türpfosten und beschützt die Bewohner des Hauses.

Mitglieder der diözesanen Arbeitsgruppe erzählten anschaulich von christlich-katholischen Segensformen, die sie selbst praktizieren: Tischgebet und Segen über das Brot, Reisesegen und das persönliche Bitt- und Segensgebet am Morgen und am Abend. Kennzeichnend christlich ist, dass das Segenswort verbunden wird mit einem Segenszeichen, dem Kreuz. Beeindruckend waren die Schilderungen der Kindersegnung in der Ulrichswoche, in der mehr als 700 Kinder in die Basilika kommen, und der Bericht aus der Franz-von Assisi-Schule, in der vor den Abschlussprüfungen die Schüler einzeln gesegnet werden.

Muslime beginnen viele Handlungen mit der Basmala, in der der Gläubige Gottes Segen erbittet: „Im Namen Gottes des Allerbarmers, des Barmherzigen.“ Muslime bekennen damit, dass sie auf Gottes Segen und Schutz angewiesen sind. Jeder Egoismus hat zurückzutreten, wie Mitglieder der anwesenden muslimischen Gemeinden erläuterten. Als weiteres Beispiel wählten sie die Sure 1, die in Teilen als Bittgebet bzw. als Gebet um göttlichen Schutz formuliert ist. Einen allgemeinen Segen sprach ein alevitischer Geistlicher. Im Alevitentum ist es Praxis, Segensgebete in Form von Hymnen zum Ausdruck zu bringen. Auf ihren Lauten trugen zwei Barden solche Hymnen vor und machten diese Gebetsform für die Teilnehmer erlebbar.

„Der Segen ist immer schon da wie die Sonne.“ Auch die religionsgeschichtlich jüngste Religion, die Bahai-Religion, war durch mehrere Mitglieder vertreten. Die Ursprünge dieser Religion liegen im Iran zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Vieles von dem, was die Bahai-Vertreter ausführten, klang vertraut. Bahai-Anhänger stellen ihr ganzen Leben und jedes Tun unter den Segen Gottes: ihre täglichen Aufgaben ebenso wie Schwieriges oder Belastendes. Sie beten um Gesundheit und vieles andere mehr und sind sich bewusst, dass ihnen in den Speisen Gottes Segen entgegentritt.

Beeindruckt hat, wie persönlich die Beiträge gehalten waren. Die Begegnung hatte eine hohe spirituelle Tiefe und trotz mancher Ähnlichkeit in den Riten wurden die Unterschiede nicht eingeebnet. Viel zum Gelingen der Begegnung trug auch der Ort bei: das Haus Sankt Ulrich mit seiner katholischen Weite und seiner besonderen Gastlichkeit.

Bernhard Scholz