Bischof Bertram: „Ein Biotop der Hoffnung“
Augsburg (pba). Einen Tag vor dem 200. Geburtstag Sebastian Kneipps hat Bischof Dr. Bertram Meier bei einem Festgottesdienst in Bad Wörishofen das Wirken des „Wasserdoktors“ gewürdigt. In der Pfarrkirche St. Justina bezeichnete er Pfarrer Kneipp als einen Mann, bei dem „gar nicht so sehr die Heilung von Krankheiten im Mittelpunkt stand, sondern die Kunst, das Leben zu ordnen.“
Wer sich Leben wünsche, müsse warten können, so der Bischof weiter: „Das Leben in Fülle gibt es nicht von heute auf morgen. Entscheidungen, die dem Leben standhalten sollen, gründen in der Freiheit und erfordern Geduld: Freiheit, die Bindung sucht, und Geduld als Liebe, die warten kann, bis der ‚Kairos‘, der rechte Zeitpunkt gekommen ist. Unsere Aufgabe ist es, unser Biotop der Hoffnung zu hegen und zu pflegen.“
Mit durchaus launigen Begebenheiten aus dem Wirken Pfarrer Kneipps sorgte der Bischof für erhebliches Schmunzeln bei den Gläubigen, als er an dessen Sprechstunden erinnerte, die, so Bischof Bertram, manchmal schon fast einem Bauerntheater geähnelt hätten: „An einem langen Tisch sitzt der füllige Priester, rechts von ihm ein Arzt und links der Sekretär; das Käppchen auf dem schlohweißen Kopf macht ihn noch größer als er schon ist; die obersten Knöpfe der abgewetzten Soutane sind leger geöffnet, die Zigarre behält er im Mundwinkel, während er einen Patienten nach dem anderen zu sich winkt. Seine Diagnosen und Ratschläge sind knapp, direkt, mitunter auch deftig und derb. ‚Arbeiten’s, dann sind’s g’sund‘, knallt er einem reichen Adeligen an den Kopf – und das gefällt nicht jedem prominenten Gast. Einer Patientin, die langatmig ihre Leidenslitanei aufzählt, verordnet er schlicht ‚drei Güsse aufs Maul‘. Nicht einmal geistlichen Mitbrüdern wird Pardon gewährt: ‚Hochwürde, du säufscht z’viel‘, erklärt Kneipp unverblümt einem alternden Pfarrer, der über Schwindel und schwache Nerven klagt.“ Selbst Papst Leo XIII. habe Pfarrer Kneipp Wassergüsse verordnet.
Und das sei auch heute noch aktuell. Bischof Bertram: „Ich nehme wahr: Das Leben vieler ist aus der Form, ja aus den Fugen, geraten. Unser Leben neu in Form bringen: Darum hat sich Pfarrer Kneipp gemüht.“
„Vergesst mir die Seele nicht“ – mit diesen Worten Pfarrer Kneipps verabschiedete sich Bischof Bertram von den Gläubigen in der Kirche, bevor er sich im Anschluss an den Festgottesdienst noch in das Goldene Buch der Stadt Bad Wörishofen eintrug.
An diesem Montag, dem eigentlichen Geburtstag Sebastian Kneipps, wird der Bischof noch in dessen Geburtsort Stephansried eine Heilige Messe feiern.