Bischof Bertram segnet Ross und Reiter
Zahlreiche Gespanne, geschmückte Rösser, Reitergruppen und aufwendig gestaltete Themenwagen sind am heutigen Sonntag durch den kleinen Ort Unterliezheim in der Nähe von Dillingen gezogen. Anlass war der weit über die Ortschaft hinaus bekannte Leonhardiritt. Nach einem feierlichen Pontifikalamt in der Kirche St. Leonhard segnete Bischof Bertram die Pferde und nahm in einer der Kutschen für den Umritt Platz.
In seiner Predigt rückte Bischof Bertram das Bildprogramm der Empore der ehemaligen Kloster- und Wallfahrtskirche in Unterliezheim in den Mittelpunkt. Zu sehen sind dort drei Gemälde, die von Christoph Thomas Scheffler ausgeführt wurden und dem Schutzpatron der Kirche, dem heiligen Leonhard, gewidmet sind. In Bezug auf das zentrale Bild, das Leonhard am Kindbett einer fränkischen Königin zeigt und die auf die Fürsprache des Heiligen eine schwere Geburt überstand, erinnerte Bischof Bertram an heutige Herausforderungen rund um das Thema Schwangerschaft. „Der hl. Leonhard macht werdenden Müttern Mut. Wenn es ums menschliche Leben geht, gibt es keinen hoffnungslosen Fall. Haben wir Mut zum Leben!“, betonte der Bischof und warnte die Männer davor, auf Frauen Druck zu einem Schwangerschaftsabbruch auszuüben. „Abtreibung ist nicht Unterbrechung einer Schwangerschaft, Abtreibung ist Tötung. Lassen wir werdende Mütter nicht allein, bringen wir sie nicht in schwere Gewissensnöte!“
Das zweite Bild auf der Empore der Kirche zeigt Leonhard bei einer Teufelsaustreibung. Der Heilige habe die Geister voneinander geschieden und Menschen dabei geholfen, die richtige Entscheidung zu treffen, so Bischof Dr. Meier. Wie Leonhard Gefangene befreit habe, so gebe es auch heute Gefangenschaft und Abhängigkeiten, in denen Menschen stünden. „Angefangen bei Corona-Zwängen, unter denen wir leiden, über Beziehungskorsette bis zum Druck dessen, was gerade Mode ist.“ Neben der Abhängigkeit von Drogen, Arzneimitteln und Alkohol, gebe es auch die Droge der Macht, die nicht loslassen könne. „Der hl. Leonhard ermutigt uns zur wahren Freiheit“, betonte der Bischof.
Ein drittes Bild, das die Empore in der Unterliezheimer Kirche ziert, zeigt Leonhard wie er der Gottesmutter und dem hl. Remigius den Plan für das von ihm gegründete Kloster Noblat in der Nähe von Limoges präsentiert. „Dieses Motiv lädt uns ein, einander zu helfen, dass wir frei werden für das, was Gott mit uns plant. Wir haben einen Auftrag, eine Mission“, betonte Bischof Bertram. Es gehe darum, auf Entdeckungsreise nach Gottes Plan für uns zu gehen. „Bitten wir den hl. Leonhard darum, dass er mithilft, Berufungen für geistliche Berufe und in den kirchlichen Dienst zu fördern.“
Nach dem Gottesdienst, der genauso wie der Umritt von der Musikkapelle Lutzingen feierlich umrahmt wurde, segnete Bischof Bertram auf dem Vorplatz der Kirche die zahlreichen Rösser und Reiter, die zum Leonhardiritt gekommen waren. Danach nahm er selbst in einer der aufwendig dekorierten Kutschen Platz und fuhr beim Umritt durch das rund 300 Einwohner zählende Dorf mit.
Für ein buntes Bild sorgten dabei die rund 120 Reiterinnen und Reiter, 30 Gespanne und vielen Themenwagen, die verschiedene Motive aufgriffen: so gab es einen Gemüse- und Bierwagen, einen Wagen, der Holz geladen hatte und einen, der sich dem hl. Leonhard widmete. Ein Achtspänner sorgte bei den zahlreichen Gästen aus Nah und Fern für besondere Bewunderung.
Der Leonhardiritt in Unterliezheim fand in diesem Jahr zum 30. Mal statt. Der Brauch wurde im Jahr 1991 von der Pfarrei St. Leonhard wiederbelebt, seine Wurzeln hingegen gehen bis in das 18. Jahrhundert zurück. Die Kirche St. Leonhard war damals noch eine Kloster- und Wallfahrtskirche, die der Reichsabtei St. Ulrich und Afra in Augsburg unterstand, und bis zur Säkularisation als beliebter Wallfahrtsort für Pilger aus Nah und Fern diente. Aus dieser Tradition entwickelten sich die Leonhardiritte, die bis in die 1960er Jahre stattfanden und seit ihrer Wiederaufnahme wachsender Beliebtheit erfreuen. So gilt der Unterliezheimer Leonhardiritt als einer der sehenswertesten und größten Umritte in Schwaben.
In Bayern finden Leonhardiritte traditionell am Gedenktag des heiligen Leonhard von Limoges, dem 6. November, oder einem benachbarten Wochenende statt. Leonhard wird seit dem 11. Jahrhundert als Schutzpatron für das Vieh, besonders für die Pferde, angerufen und gehört in Bayern zu den meistverehrten Heiligen. Bauern, Bergleute, Knechte, Schlosser und Gefangene sowie Wöchnerinnen rufen ihn als ihren Patron an.