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Wichtiges
Diakonenweihe von Markus Hegewald in der Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg

Der Dienst der Kirche und die Würde des Menschen in Not

03.05.2025

Jede feierliche Weihe eines Diakons ist ein starkes Zeichen der Theologie und Sendung der Kirche – auch wenn es in diesem Jahr nur einen Kandidaten für die große Diözese Augsburg gibt – aber sie ist zugleich auch ein Fragezeichen an uns, an die Glaubwürdigkeit und Echtheit unseres Zeugnisses in durchaus schwierigen Zeiten für die Kirche.

Warum? Weil die Sendung des Dienens und der Hingabe des Diakons zutiefst in die Mitte der Sendung Jesu selbst hinein weist. Ist es doch der Herr selbst der sagt „Ich bin in eurer Mitte wie einer der dient.“ Und wir hören die Warnung des Evangelisten, der den Lebensstil der Herrschenden scharf kritisiert: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein!“ spricht der Herr. „Sondern wer der Größte unter euch sein will, der soll zum Diener aller werden!“ Schließlich begegnet uns in diesen österlichen Tagen das Zeichen der Fußwaschung im Abendmahl des Gründonnerstags. Das höchste Sakrament der Liebe findet seine Entsprechung im niedrigsten Sklavendienst den Jesus an seinen Jüngern tut. Genau das trifft die Sendung des Diakons. Es sind ja die entscheidenden Prüfungsfragen, die vor jeder Weihe an den Kandida­ten gestellt werden: Bist du bereit zur selbstlosen Hingabe, zu einem Geist der Innerlichkeit des Gebetes und vor allem zur Bereitschaft, den Armen und Kranken beizustehen, den Heimatlosen und Notleidenden zu helfen und den Menschen zu dienen. Der Geist des Dienstes und der Hingabe, das ist das entscheidende Kriterium der Weihe, es ist zugleich der springende Punkt und das Lebensprogramm eines Diakons.

Hier geht es um ein starkes Zeichen der Glaubwürdigkeit der Kirche in den vielfachen Vertrauenskrisen von heute. Eine Kirche die nicht dient, verliert ihr Gesicht und ihr Licht. Sie taugt zu nichts mehr, wenn sie Jesus verdunkelt. Nicht ohne Grund waren es darum immer die finstersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte, in denen die Kirche ihre soziale Verantwortung und damit das wesentliche Zeichen der Liebe Jesu aus dem Auge verloren hatte. Wenn Jesus darum im Johannes Evangelium des heutigen Tages sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“, dann kann dieser Weg von den Menschen heute nur gefunden und gegangen werden, wenn ein glaubhaftes Zeugnis des Dienens der Kirche dahintersteht.

Da nenne ich als einen Kronzeugen den zornigen Münchner Kardinal Julius Döpfner, der einmal in seinen Karfreitagspredigten der Nachkriegszeit im Liebfrauendom zu München den Leuten zu rief: „Um des Gekreuzigten Willen beschwöre ich euch. Lasst den Herrn in seinen notleidenden Brüdern nicht vergeblich rufen! Sonst holt das Kreuz von allen Türmen, denn es ruft das Gericht über ein Land, dass sich christlich nennt, aber das Gesetz der Selbstsucht erfüllt!“.

Da erleben wir gerade jetzt in dieser historischen Woche des Todes von Papst Franziskus sein Vermächtnis. „Geht an die Ränder!“ lautet eines seiner historischen Worte, dass die Menschheit nicht vergessen wird. Und es ist der Vergleich der Kirche mit einem Feldlazarett nach einer geschlagenen Schlacht, in der nichts dringender als Heilung und Trost Not tut. Es braucht keine Brille, die bedrängenden Nöte und Wunden einer Menschheit wahrzunehmen, die leidet. Und selbst dort, wo ein effizienter Sozialstaat mit seinen Leistungen die physischen und sozialen Nöte einer Gesellschaft in den Griff bekommen hätte, dort warten die geistigen Nöte. Und man greift sicher nicht zu kurz, wenn man die Not der vielfältigen Sinnfragen so vieler moderner Menschen vielleicht sogar als die noch dringendere Herausforderung an den Dienst des Diakons von heute sehen muss. Bei all den Errungenschaften modernster Technologien sind ja zugleich die Fragen größer geworden. Antworten, Trost, Orientierung in den Sorgen der Menschheit, das ist es, was wir heute geben müssen. Und vielleicht müssen wir Papst Franziskus an diesem Punkt neu interpretieren und lernen, dass die Ränder, von denen er spricht, nicht nur in Lampedusa existieren, sondern in unserer Mitte angekommen sind und unseren geistlichen Dienst fordern. Zugleich wissen wir ja, dass die großen Diakone der alten Kirche niemals nur Tischdiener waren. Es war immer auch ihr starkes Zeugnis und ihr Wort, das die Menschen stützte und Orientierung gab, nicht selten bis ins Martyrium.

Da geht am Ende dieses Gedankens mein Blick zurück zum Anfang und zu der Frage der Glaubwürdigkeit der Kirche, im Zeitalter der vielfältigen Vertrauenskrisen. Vielleicht hilft da ein Blick zurück in die Legende in der Liste der ersten großen Diakone, die der Alten Kirche durch ihren Dienst einen historischen Stempel aufdrückten. Es ist vor allem ein Diakon und ein Ort, der unserer Kirche ein diakonaler Leitstern sein könnte.

In Ravenna, dieser kunstsinnigen Stadt mit den weltberühmten Mosaiken kann man eine seltene Entdeckung machen. In der Apsis der Kirche St. Apollinare Nuovo sind die Heiligen dargestellt, wie sie im Kreis um Christus, den Weltenrichter, stehen. Alle sind sie in weiße Gewänder gehüllt, mit einer Ausnahme: Es ist der Diakon Laurentius, er trägt als einziger ein goldenes Gewand. Der Grund ist schnell erklärt. Es ist der Lohn für seinen vorbildlichen sozialen Dienst am Nächsten und die tatkräftige Versorgung der Armen in der frühen Kirche.

Die Legende berichtet, wie der Diakon eines Tages verhaftet und von Kaiser Theodosius als Verwalter des Kirchenvermögens aufgefordert wird, alle Schätze der Kirche einzusammeln und binnen eines Tages im Vorhof des kaiserlichen Palastes abzuliefern. Laurentius antwortet, dass diese Aufgabe mindestens drei Tage erfordern dürfte. Der Kaiser ist neugierig geworden und erstaunt über den erwarteten Reichtum der Kirche. Als er am dritten Tag den Hof des Palastes betritt, ist er voller Kranker, Lahmer, Krüppel, Blinder und Behinderter. „Das, mein Kaiser!“ sagt Diakon Laurentius, „Das sind die Schätze der Kirche!“

Ja, es ist ein Diakon, der die Goldmedaille in der Nachfolge Jesu erhält. Sein Dienst ist Licht für die Welt! Sein Dienst hält die Würde des Menschen in der Not hoch!

Gebe Gott der Herr, der Sie, lieber Markus Hegewald, zum Dienst als Diakon gerufen hat, Ihnen allezeit Kraft, Mut und Ausdauer in diesem großen Dienst in der Kirche und in der Not der Menschen. Langweilig, das garantiere ich Ihnen, wird es Ihnen hier niemals werden.