Die Skepsis und die Freude am Himmel
Liebe Schwestern und Brüder! So sehr das Thema Himmel in einer modernen wissenschaftlich aufgeklärten Welt umstritten ist, so sehr moderne Atheisten das Thema Himmel immer schon ablehnten, und so sehr Sozialrevolutionäre den Himmel als Täuschung darstellten – allen voran Karl Marx, der die Hoffnung auf den Himmel als eine Flucht aus der Wirklichkeit und einen Seufzer der bedrängten Kreatur bezeichnete, und Religion als Opium des Volkes - , so sehr interessieren sich Menschen seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte für das, was nach dem Tod kommt.
Es sind die größten Worte der Menschheitsliteratur, die das bezeichnen, was man erwartet. Ewigkeit, Seligkeit, Paradies, Glück. Es sind die hartnäckigen unausweichlichen Fragen von Kindern, wohin ein Mensch denn geht, wenn er plötzlich stirbt. Und es bewegt unzählig viele Menschen am Grab, wenn das Wort Jesu vorgelesen wird: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre hätte ich euch dann gesagt, ich gehe hin um euch einen Platz vorzubereiten?“.
Ja, Himmel ist trotz aller Zweifel und Skepsis einer aufgeklärten Welt das spannendste Thema auf Erden. Es reicht in der Literatur von Dante Alighieri, dem größten Dichter des Mittelalters und seiner „Göttlichen Komödie“ diesem überwältigenden Weg vom Inferno zum Paradiso, bis herein ins moderne Bauerntheater, zur einzigartigen Komödie „Der Brandner Kasper und das ewige Leben“. Welch eine spannende Entscheidung, als der Brandner Kasper, der dem Boandlkramer im Kartenspiel ein dutzend Lebensjahre durch Betrug abluchst, dann doch im Blick auf die Schönheit des Himmels, nachdem er einen kurzen Blick hineinwerfen durfte, seinen Weg zu seinem Ziel findet.
Bei der hohen Theologie des Himmels und der ewigen Vollendung des Menschen hängt die himmlischer Freude oft mit Humor zusammen. Da erinnere ich heute an Christi Himmelfahrt an einen der Großen der Theologie des 20. Jahrhunderts. Es ist Romano Guardini, der am 1. Oktober 1968 verstarb. Der hochangesehene Theologe liegt bereits im Krankenbett, altersgeschwächt, und bereitet sich auf seinen Abschied von der Erde vor. Sein großes literarisches Lebenswerk ist bereits vollendet. Das berühmteste seiner Bücher geschrieben „Der Herr“ und seine großen religionsphilosophischen Schriften längst veröffentlicht.
Da kommen eines Tages seine Kollegen und Freunde von der Universität, um ihn am Krankenbett zu besuchen. Bei all den spannenden Erinnerungen und Themen, die es zu besprechen gibt, kommt man natürlich sofort auf das Eine: das Ziel des Lebens, den Himmel. Da soll der große Theologe Romano Guardini in der Erinnerung seiner Kollegen ein Wort gesprochen haben, das sie ebenso erstaunte wie erheiterte: „Im Himmel - soll Guardini gesagt haben - wird es drei Dinge geben, die uns über alle Maßen überraschen werden. Erstens, dass viele Menschen da sein werden, mit denen wir gar nie gerechnet hätten. Zweitens, dass manche fehlen werden, die wir unbedingt erwartet hätten. Und drittens, dass wir selber da sind.“
Welch ein starker Impuls, den das Tagesgebet des heutigen Hochfestes Christi Himmelfahrt für unsere Himmels-Hoffnung formuliert:
„Gott unser Vater. Schenke uns das feste Vertrauen, dass auch wir zu der Herrlichkeit gerufen sind, in die Christus uns vorausgegangen ist“
Amen