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Wichtiges
Studientag Evangelisierung

Einheit der Kirche im Mittelpunkt

16.12.2023

„Ut unum sint – Alle sollen eins sein“: Diesem Gebot Jesu aus dem Johannes-Evangelium spürten an diesem Samstag in Augsburg fast 300 Gläubige nach. Beim „Studientag Evangelisierung“ rief Kurienkardinal Kurt Koch, Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf, den Evangelisierungsauftrag der Kirche im ökumenischen Licht zu sehen: „Nur wenn die Christen im ökumenischen Geist zusammenwirken, können Sie der Welt die Frohe Botschaft in glaubwürdiger Weise verkünden." Die Vorträge des Kardinals fanden am Nachmittag des Studientages in 14 Workshops eine intensive Fortsetzung.

„Was kann man nicht alles bewirken, wenn man eins ist mit Gott“ – Pfarrer Reinfried Rimmel, Leiter der Abt. Evangelisierung im Bistum Augsburg, freute sich bei seiner Begrüßung sichtlich darüber, dass er am vermutlich stärksten Einkaufstag vor Weihnachten vor einem vollbesetzten Großen Saal im Haus Sankt Ulrich sprechen konnte. „Wie sieht Einheit aus? Was kannst du tun?“ Diese Frage stand dann nicht nur bei den Vorträgen am Vormittag im Mittelpunkt, sondern auch in insgesamt 14 Workshops am Nachmittag, in denen zum Beispiel über die Themen „Wandlung in der Kirche“, „Einheit in der Schule“, „Gelebte Ökumene“ oder den interreligiösen Dialog diskutiert wurde.

„Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“ – dieses Wort des späteren Papstes Benedikt XVI. nannte Bischof Dr. Bertram Meier die „Basis aller Evangelisierung“. Denn damit sei die Voraussetzung jeder Art von Glaubensverkündigung der Respekt und die Ehrfurcht vor dem Anderen. Die Menschen sollten der Versuchung widerstehen, sich selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, dies wäre ein Verrat an der Person Jesu Christi. Bischof Bertram: „Nicht ich bin der King, nicht ich bin der Star in der Manege, sondern wie Johannes der Täufer sollten wir von uns weg weisen auf Jesus Christus hin - das ist echte, nämlich evangeliumsgemäße, Evangelisierung.“ Die Anwesenden ermunterte er: „Jede und jeder von Ihnen ist ein missionarischer Jünger.“

Der Ehrengast des Studientages, Kardinal Kurt Koch, zitierte zu Beginn seiner zwei Vorträge den von den Nationalsozialisten ermordeten Jesuitenpater Alfred Delp, der schon während des Zweiten Weltkrieges festgestellt hatte, dass Deutschland ein Missionsland geworden sei. Kardinal Koch: „Diese Diagnose hat nichts an Aktualität eingebüßt. Sie hat sogar dramatische Ausmaße angenommen."

Auch die Teilnehmenden hatten Gelegenheit zum Austausch. (Foto: Julian Schmidt / pba)

Auch die Teilnehmenden hatten Gelegenheit zum Austausch. (Foto: Julian Schmidt / pba)

In das Zentrum seiner Überlegungen stellte der Kardinal, dass eine fruchtbare Evangelisierung zwingend mit dem ökumenischen Bemühen einhergehen müsse, die Einheit wiederherzustellen: „Die fehlende Einheit der Christen ist das größte Hindernis der Evangelisierung. Mission und Ökumene fordern und fördern sich gegenseitig." Schon das Zweite Vatikanische Konzil habe die Wiederherstellung der Einheit der Kirche als zentrales Anliegen genannt. Denn durch die Spaltung der Christenheit habe die Überzeugungsmächtigkeit der christlichen Verkündigung entscheidend gelitten. Dabei habe die Reformation in Deutschland die Kirche erneuern wollen - und nicht spalten. Kurt Koch: „Die Völker des europäischen Kontinentes waren erst durch das Christentum zu einer kulturellen Einheit zusammengewachsen. Als Christen in Europa dürfen wir aus unserem historischen Gedächtnis nicht verdrängen, dass die Abdrängung der Religion aus der Öffentlichkeit von der Christenheit selbst verschuldet worden ist."

Die Wiedergewinnung einer öffentlichen Sendung der Christenheit, so der Kardinal, setze eine wiedergefundene Einheit der Christen voraus: „Das Christentum in Europa wird nur eine gesamtgesellschaftliche Bedeung wiedergewinnen, wenn die Spaltung überwunden worden ist. Die Botschaft von Gott ist kein Privatbesitz der Kirche, sondern geht alle Menschen an. Daher müssen sich die christlichen Kirchen in ihrer missionarischen Gemeinschaft auf ihren christlichen Auftrag zurückbesinnen. Nur wenn die Christen im ökumenischen Geist zusammenwirken, können Sie der Welt die Frohe Botschaft in glaubwürdiger Weise verkünden."

Eine bittere Pointe setzte Kardinal Koch angesichts der derzeitigen Christenverfolgungen in der Welt: „80 Prozent aller Menschen, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden, sind Christen. Und sie werden nicht verfolgt, weil sie Katholiken oder Lutheraner sind. Sie werden verfolgt, weil sie Christen sind. Das heutige Martyrium der Christen ist ökumenisch. Wenn uns der Feind also im Tod vereint, wie kommen wir dazu, uns im Leben zu trennen?"

Gottesdienst zum Tagesabschluss in der Ulrichsbasilika

Kardinal Koch bei der Predigt (Foto Leander Stork pba)

In seiner Predigt ging der Schweizer Kardinal auf die Freude am Glauben ein. (Foto: Leander Stork / pba)

Gemeinsam feierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den anwesenden Geistlichen die Vorabendmesse zum Gaudetesonntag in der nahen Basilika St. Ulrich und Afra. In seiner Predigt betonte der Kardinal, dass die "Freude der zentrale Inhalt der frohen Botschaft Gottes für uns Menschen ist". Generell sei es wichtig, angesichts der vielen traurigen Ereignisse auf dieser Welt sich bewusst zu machen, dass Gott den Menschen nahe sei. "Das Christentum selbst ist eine Religion der Freude.", betonte der römische Würdenträger. Genau deshalb geschehe eine Neuevangelisierung auch nicht durch große Werbung, sondern vor allem durch Menschen, die den Glauben glaubwürdig leben und dem Evangelium ein persönliches Gesicht geben würden. In Anlehnung an Papst Franziskus betonte er: "Es braucht eine neue Etappe der Evangelisierung, die von unserer Freude geprägt ist. Nur über Menschen, die selbst diese Freude leben, kann Gott auch heute zu den Menschen kommen." Daher ergebe sich eine Neuevangelisierung als Konsequenz wie von selbst, "wenn wir aus dieser Freude leben".

Der Gottesdienst wurde live über den Fernsehsender K-TV übertragen und ist auf Youtube abrufbar.