Fotoausstellung "Betroffene zeigen Gesicht": Bilder, die ins Herz gehen
Augsburg (pba). Sexualisierte Gewalt in kirchlichem Kontext - ein Thema, das beinahe allgegenwärtig wirkt. Die Fotoausstellung „Betroffene zeigen Gesicht“, die im vergangenen Jahr zum Katholikentag in Stuttgart erstmals präsentiert wurde, ist für einen Monat (bis 20. Oktober) im Haus Sankt Ulrich in Augsburg zu sehen. Die Ausstellung zeigt Fotos von Kindern und Jugendlichen und lässt diese von Missbrauch Betroffene – nun als Erwachsene - mit eindrücklichen Zitaten zu Wort kommen.
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission und der Unabhängige Betroffenenbeirat im Bistum Augsburg sehen diese Ausstellung, die sie in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung und dem Bischöflichen St.-Ulrich-Komitee nach Augsburg geholt haben, als einen wichtigen Beitrag zum aktuellen Ulrichsjubiläum. Für den ehemaligen Richter Hubert Paul, Vorsitzender der Aufarbeitungskommission, ist diese Schau im wahrsten Sinne des Wortes ein Herzensanliegen: „Die Fotos 'Mit dem Ohr des Herzens' betrachtend, vermitteln diese dem Besucher zusammen mit den kurzen Texten unmittelbar und personalisiert die lebenslang prägenden Folgen des Missbrauchs“, greift er das Leitwort des Jubiläums auf. „Es sind mutige Bilder. Sie sind nicht eingebettet in nüchterne Zahlen und Statistiken. Die Betroffenen schauen uns an, ihre Fotos und Texte sagen uns: Öffne dein Herz und höre mir zu.“
Bischof Bertram bezeichnete es in seiner kurzen Begrüßung als „innovative Idee“, dass Aufarbeitungskommission und Betroffenenbeirat diese Fotoausstellung gerade während des Ulrichsjubiläums in das Bistum geholt haben. Denn das Leitwort des Gedenkjahres beziehe sich vor allem auf die Nöte und das Leid der Menschen, welche ganzheitlich wahrgenommen werden wollten, so der Bischof. Er wünsche der Ausstellung viele Besucher, „die sich durch die mutigen Zeugnisse Betroffener sensibilisieren lassen für ein Thema, das im Bistum Augsburg zwar schon seit langem beherzt angegangen werde, „wo wir aber ganz sicher noch einen langen und intensiven Weg vor uns haben, damit möglichst wenige Menschen in Zukunft solches Leid erleben müssen“.
Lebensschicksale wie jene, die diese Ausstellung in sehr konzentrierter Form in den Fokus rückt. Für Bischof Bertram sei es kaum vorstellbar, wie schwer es für jede und jeden Einzelnen von ihnen gewesen sein muss, sich an diesem Ausstellungsprojekt zu beteiligen. „Sich mit Erlebnissen, die den intimsten und persönlichsten Bereich betreffen, die bei jedem Nachdenken oder gar Reden darüber eine Fülle an schmerzlichen Gefühlen auslösen, anderen zu zeigen, dazu gehört großer Mut.“ Hinter jedem Bild und Text stünde eine ganze Lebensgeschichte, die durch schreckliche Erfahrungen schon in jungen Jahren eine unumkehrbare Richtung genommen habe, schilderte der Bischof seine Gedanken zu den fünfzehn ihn erschütternden Zeugnissen.
Gleichzeitig dankte der Bischof den Betroffenen, die diese Ausstellung überhaupt erst möglich gemacht haben: „Auf eine Weise, die nicht nur den Kopf anspricht, sondern direkt ins Herz geht, konfrontieren Sie jeden, der sich darauf einlässt, mit einer Wirklichkeit, die – leider auch in kirchlichem Kontext – zu viele noch immer verdrängen oder ignorieren möchten.“
Kuratorin Dr. Ilonka Czerny von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart sprach in ihrem Einführungsvortrag über die Konzeption der Ausstellung. Von gebrochenen Biografien, gescheiterten Lebensplänen, Leid bei fast allen Betroffenen – bis heute. Diese Ausstellung möchte hinter die schockierenden Zahlen von Studien blicken und ganz anonym den Opfern von einst mit deren Kinderfotos ein Antlitz verleihen. Ilonka Czerny: „Mich persönlich hat noch nie eine Ausstellung so berührt wie diese.“
Die Fotoausstellung „Betroffene zeigen Gesicht“ wird bis zum 20. Oktober im Foyer des Hauses Sankt Ulrich (Kappelberg 1) in Augsburg zu sehen sein. An jedem Donnerstag stehen für Interessierte von 16 bis 18 Uhr je eine qualifizierte Gesprächspartnerin oder ein Gesprächspartner zur Verfügung.