Glaube, Hoffnung, Liebe
Einen Tag der Inspiration und Freude, der Begegnung mit Anderen und mit Gott zu erleben: Damit warben die Verantwortlichen aus dem Bischöflichen Jugendamt im Vorfeld des diözesanen Weltjugendtags (DWJT). Und die mehr als 300 Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus verschiedenen Teilen des Bistums wurden an diesem Samstag im Mindelheimer Maristenkolleg nicht enttäuscht. Zehn glaubensintensive Stunden, die mehr waren als nur ein kurzer Zwischenstopp auf dem Weg von Lissabon nach Seoul.
8.10 Uhr, letzte Teambesprechung. Schon in den frühen Morgenstunden wird an allen Ecken und Enden des Kollegs gewerkelt. Die letzten Handgriffe getan, bis alles angerichtet und vorbereitet ist. Kurz nachdem die Kirchturmuhr in der Pfarrkirche St. Stephan zur Mittagsstunde schlägt, erreichen die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des DWJT das Schulzentrum. „Empowered by faith“ (dt. bestärkt durch Glauben) oder wie Papst Franziskus der Jugend speziell für diesen Tag ins Reise-Tagebuch schrieb „Die aber auf den Herrn hoffen, empfangen neue Kraft“ spielten als Leitsätze die Grundmelodien des dicht gefüllten Tages – ob bei Couchgespräch, Gebet, Gottesdienst, Konzert oder einem der zahlreichen Workshops.
Immer wieder wurden im Laufe des Tages die drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe aufgegriffen und beispielhaft durchbuchstabiert. „Faith & Identity“, die Hoffnung biblisch betrachtet, Lieben, was heißt das“: Die angebotenen Workshops wollten lebenspraktische Hilfestellung zu Fragen geben, die junge Leute bewegt. Aber auch die körperliche Bewegung, die Kreativität und der gegenseitige Austausch kamen bei den 16 Workshops nicht zu kurz. Für jeden Geschmack war etwas dabei.
Die Schuluhr zeigt 15.45 Uhr, nach und nach füllt sich das Klassenzimmer mit dem Schild 8 RA links an der Wand neben der Tür. Die zweite Workshop-Runde beginnt. Einer stand in diesem Raum besonders im Fokus des Interesses. Fast drei Dutzend Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, ihren Bischof mit Fragen über den Glauben, die Kirche und das Leben zu löchern. Dabei fühlten sie ihm in Sachen Berufung und Zölibat, Ökumene und Liturgie ebenso auf den Zahn wie zum Thema bischöfliche Freizeitgestaltung. Bischof Bertram kurzum: der Besuch auf dem Christkindlesmarkt mit Glühwein und Bratwurst darf es genauso mal sein wie ein gutes Essen oder eine Alpaka-Wanderung. Allerdings nur wenn es der prallgefüllte Terminkalender erlaube.
Aber auch der Blick über den diözesanen Tellerrand hinaus war Teil des DWJT-Programms. Denn am Vortag der bundesweiten Eröffnung der Adveniat-Weihnachtsaktion in Königsbrunn sprach der 19-jährige Kolumbianer Edwin Narváez, der aus der Küstenstadt Tumaco, einer der ärmsten und gewalttätigsten Städte Kolumbiens stammt, über einen von Gewalt, Drogen und kriminellen Banden geprägten Alltag. Und seinen Gegenentwurf: Denn dort gibt es auch das Centro Afro, ein Schutzort, an dem die Jugendlichen ihre Talente entdecken und Selbstvertrauen entwickeln können. Hier gibt Edwin vielen Jugendlichen aus seiner Heimat Hoffnung und zeigt ihnen eine bessere Zukunftsperspektive auf.
Um 17.15 Uhr war nach etwas mehr als fünf Stunden bunten Treibens in den Gängen, Räumen und Hallen des Kollegs nicht nur die Hälfte der Zeit vergangen, sondern auch der zentrale Punkt des Tages erreicht. Zusammen mit dem Altardienst und einem Dutzend junger Priester zog Bischof Bertram unter den Klängen von „Tochter Zion“ in die Turnhalle des Kollegs ein, vorbei an Turnmatten, die zu Sitzgelegenheiten umfunktioniert waren. Bei der Feier des Gottesdienstes ermutigte der Bischof die jungen Leute, immer wieder ihre eigenen Positionen zu hinterfragen, auch mal umzudenken und geistig-geistlich mobil zu bleiben. „Ihr seid das junge Volk Gottes. Macht euren Mund auf und bringt euch ein“, rief er den Gottesdienstteilnehmern zu.
Mit Blick auf die beginnende Adventszeit bedauerte es Bischof Bertram, dass uns das Warten abhandengekommen sei. „Es muss immer alles sofort geschehen.“ Daher wünsche er allen – sich eingeschlossen –, das Warten zu lernen, Entscheidungen manchmal auch noch einmal reifen zu lassen. Denn: „Warten können heißt in einer gewissen Spannkraft zu sein was das Kommende bringt.“ Zudem legte er den jungen Leuten ans Herz, gerade in dieser Zeit auf Weihnachten zu, abends den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen – und ihn vor Gott zu bringen. Und speziell in den nächsten Wochen ganz bewusst das Sakrament der Versöhnung zu feiern: „Geht im Advent zur Beichte!“
Zum Ende eines ereignisreichen Tages warteten auf die DWJT-Gäste noch zwei stimmungsvolle Höhepunkte: zunächst die Nacht der Lichter, bei der die Anbetung des Allerheiligsten und das Sakrament der Versöhnung im Zentrum standen. Daran schloss sich das einstündige Konzert mit dem christlichen Künstler Elijah Thomas Appel an, das geprägt war von Liedern, mit denen er seine Sehnsucht nach Gottes Liebe und Nähe zum Ausdruck brachte. Ein Gefühl, das wohl viele der jungen Menschen im Raum ebenfalls spüren und nachempfinden konnten.
Die Organisation des diözesanen Weltjugendtags, der nach 2022 zum zweiten Mal im Maristenkolleg zu Gast sein durfte, war auch heuer wieder eine eindrucksvolle Teamleistung von Bischöflichem Jugendamt, den Katholischen Jugendstellen sowie jungen Gemeinschaften und Bewegungen aus dem Bistum. Diözesanjugendpfarrer Tobias Wolf zeigte sich zufrieden: „Ich bin dankbar vor allem für den Geist Gottes, der uns hier durch diesen Tag und unser Leben trägt.“ Es sei ihm für die Jugendarbeit eines wichtig: Orte zu bieten, an denen sich junge Leute entfalten sowie die Schönheit und Lebendigkeit des Glaubens erleben können, so der Diözesanjugendpfarrer. So wie heute hier beim diözesanen Weltjugendtag in Mindelheim.
Die Weltjugendtage – international und diözesan
Vor vierzig Jahren folgten mehr als 300.000 junge Menschen aus aller Welt erstmals der Einladung von Papst Johannes Paul II., zu einem „Internationalen Jubiläum der Jugend“ am Palmsonntag auf den Petersplatz nach Rom zu kommen. Eine Erfolgsgeschichte war geboren. Zwei Jahre später 1986 wird offiziell der erste Weltjugendtag in Rom gefeiert.
Seither fand das internationale Jugendtreffen in der Regel alle zwei bis drei Jahre zentral an einem anderen Ort in der Welt statt. In den Jahren dazwischen wurde der Weltjugendtag für gewöhnlich am Palmsonntag in Rom begangen, neuerdings rund um den Christkönigssonntag oder an eigens dafür gewählten Terminen in den Bistümern. Nach dem internationalen Weltjugendtag in Lissabon im vergangenen Jahr wird die südkoreanische Hauptstadt Seoul 2027 der nächste Gastgeber sein.