"Gott will, dass die Kirche menschlicher wird"
Augsburg (KNA/pba) Bischof Dr. Bertram Meier hat in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" die Verwendung von Kreuzen bei Corona-Demonstrationen kritisiert. "Das ist nicht nur eine Instrumentalisierung des Glaubens, das ist ein Verbiegen des Religiösen", sagte Bischof Bertram. Kirchen und Christen müssten sich davon distanzieren. Mit Blick auf die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs kündigte der Bischof die Einrichtung eines Betroffenenbeirats an.
Der Bischof sagte, ihn erinnere das "an die islamfeindliche und nationalistische Pegida-Bewegung". Auch dort seien "im Zeichen des Kreuzes" dumpfe Parolen erklungen. "Querdenken klingt gut, aber Querdenken darf nicht dazu führen, dass wir die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit unserer Mitbürger relativieren."
"Fassungslos" äußerte sich der Bischof darüber, dass bei solchen Demonstrationen auch Judensterne zu sehen seien, wodurch sich Protestierende mit den Verfolgten in der NS-Zeit verglichen. "Wir dürfen es nicht zulassen, dass derartige Symbole in diesen Kontexten missbraucht und irgendwann salonfähig werden. Das ist gefährlich", sagte Bischof Bertram. Der Bischof fügte hinzu, dass er die Gefahr eines Auseinanderdriftens verschiedener Kräfte durchaus sehe, auch in der katholischen Kirche.
Weihnachten sei in dieser Hinsicht die Chance, wesentlich zu werden. "Gott will, dass die Welt und die Kirche menschlicher werden." Bischof Bertram rief dazu auf, in Weihnachten nicht nur ein Geschenke- und Familienfest zu sehen. Es gehe bei Weihnachten im Kern darum, dass es da jemanden gibt, der uns erahnen lässt, wie Gott ist, nämlich Jesus Christus.
Mit Blick auf die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Augsburg kündigte Bischof Bertram die Einrichtung eines Betroffenenbeirats an. Er bat Betroffene, die Interesse an einer Mitarbeit in diesem Beirat haben, sich beim Bistum zu melden. Eine externe Studie zur Untersuchung von Verantwortlichkeiten schloss der Bischof für seine Diözese nicht aus. Es gebe dazu aber noch keine konkreten Pläne. "Die Vergangenheit dürfe nicht verschwiegen werden, aber für die Zukunft müsse sicher noch stärker auf Prävention geachtet werden. Dies gelte besonders für Auswahl und Ausbildung der Priester, so der Bischof.
Auch der kirchliche Reformprozess war ebenfalls Thema des Gesprächs. Dabei berichtete Bischof Bertram von seinem jüngsten Besuch beim Papst im September in Rom, bei dem er mit dem Heiligen Vater "in einem brüderlichen Austausch ausführlich reden" konnte. "Er hört sehr genau zu. Und wenn er dann etwas sagt, ist es weniger eine detaillierte Theologie oder eine unumstößliche Entscheidung." Papst Franziskus wünsche sich eine synodale Kirche, eine Kirche also, die sich im Miteinander auf den Weg macht. "Unter Synodalität versteht er Anhören, Zuhören – nicht Abstimmungen wie in einem Kirchenparlament, in dem auch eine knappe Mehrheit entscheidet", so der Bischof.