„Instaurare omnia in Christo – Alles erneuern in Christus!“
Die Brisanz dessen, was der Diözesanrat auf seiner Herbstvollversammlung besprach, fand ihren stärksten Ausdruck in der Predigt, die der Diözesanadministrator im Eröffnungsgottesdienst hielt. Denn auch wenn die Kirche stets der geistlichen Erneuerung vor Ort bedarf, wie es im Titel hieß, so ist doch die Situation eine ganz andere, wenn man sich dessen bewusst wird, dass bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Jesuitenpater Alfred Delp von Deutschland sagte: „Wir sind Missionsland geworden.“ Wenige Jahre später bemerkte sein Mitbruder Pater Ivo Zeiger SJ, die Menschen kümmerten sich einfach nicht um Gott. Diese Haltlosigkeit im Absoluten wird, so Prälat Dr. Meier, zur absoluten Haltlosigkeit. Der Mensch vergotte sich selbst und drohe sich letztlich selbst zu vernichten. Gott wieder die höchste Stelle einzuräumen, in einer Haltung der Anbetung zu leben, wird zur Schicksalsfrage unserer Zeit.
Domkapitular Harald Heinrich machte in seinem Bericht deutlich, dass gerade die Zeit des Wartens auf einen neuen Hirten die Chance der Vertiefung biete, die Herausforderung „zu einer Erneuerung, einer Revision in den eigenen Herzen und im Miteinander“. Er wünschte als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators dem Diözesanrat, beim Thema der geistlichen Erneuerung der Kirche tief genug zu schürfen und zu einem ehrlichen geistlichen Miteinander in unserer Ortskirche beizutragen. Der Diözese Augsburg attestierte er eine friedliche Zeit: „Alles ruhig … öffentliche polarisierende Spekulationen, gar unterschwellige ‚Grabenkämpfe‘ von Gruppierungen im Bistum nehmen wir aktuell nicht wahr, Gott sei Dank!“
Nach der Schilderung der wichtigsten Aktivitäten des Diözesanrats seit der Frühjahrsvollversammlung ging Schütz auch auf die aktuellen kirchenpolitischen Themen ein, so auf die Amazonas-Synode und den Synodalen Weg. In Ergänzung ihres Manuskripts erteilte sie zu hochfliegenden Erwartungen eine Absage: „Wir werden in Deutschland mit Sicherheit keinen Sonderweg gehen können.“ Ihr Dank galt den unzähligen Männern und Frauen in unseren Gemeinden, die ihre Charismen einbrächten, „um die Menschen für Jesus Christus und das Evangelium zu begeistern“:
„Ihnen allen als ehrenamtliche Verkünderinnen und Verkünder der Botschaft Jesu Christi, Ihnen allen, die Sie auf überzeugendste Art und Weise in ihren Gemeinden Glaubenszeugnis ablegen, die Sie auf ganz vielfältige Weise Gottesdienste vorbereiten und feiern, die Sie sich ganz im Sinne der Caritas um die Menschen kümmern und die Sie Gemeinschaft miteinander pflegen – Ihnen sei von Herzen gedankt. Unsere Kirche braucht Sie!“ |
Auf eine ganz besondere und noch nie dagewesene Weise brachte sich das Vorbereitungsteam der Vollversammlung, der Sachausschuss „Pastorale Fragen“ unter der Leitung von Sieglinde Hirner, in die Gestaltung der Gottesdienste ein: erstmals nämlich musizierte im Eröffnungsgottesdienst am Freitag ein Trio von Diözesanratsmitgliedern, das auch die Liedauswahl und die Fürbitten beider Gottesdienste übernommen hatte.
In Doppelfunktion übernahmen diese Sachausschussmitglieder auch die Standarbeit am „Marktplatz der Möglichkeiten“, der gemeinsam mit hauptamtlichen Mitarbeitern der Diözese durchgeführt wurde. Hier konnten die Diözesanratsmitglieder bereits am Freitagabend unterschiedliche Formen und Initiativen einer geistlichen Erneuerung für Pfarrgemeinden besichtigen und besprechen:
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Auch Prälat Dr. Meier wies in seinem einführenden Vortrag zu Beginn des thematischen Teils am Samstagvormittag auf die Bedeutung des Synodalen hin: die Kirche sei als Volk Gottes synodal, versammelt um die Eucharistie. Deshalb sei sie „weder Sitzungskirche noch demokratisches Kirchenparlament, sondern ein ‚höchst spirituelles Experiment‘“. Schon von daher sei der Synodale Weg alternativlos, wenn sich auch über die Themen streiten lasse. In Ergänzung seines Manuskripts bemerkte der Diözesanadministrator aber auch: „Ein Experiment, bei dem man nie weiß, wie es ausgeht.“ Mit Blick auf das Anliegen der Diözesanratsvollversammlung machte Meier auf den hohen Anspruch des gewählten Themas aufmerksam, auf das: instaurare omnia in Christo – „Alles in Christus erneuern, alles in Christus gründen, alles in Christus vereinen! Darum geht es, wenn wir die Kirche geistlich erneuern wollen.“
Die Kirche sollte zunächst Menschen in ihrer eigenen Lebensberufung begleiten und das bedeute, Räume bereitzustellen, in denen Menschen in Freiheit und Selbstbestimmung ihre Berufung erkennen könnten. Diesen Menschen solle das Angebot des Glaubens gemacht werden. Dabei gehe es sich nicht um eine einseitige Belehrung, sondern um einen gemeinsamen Weg. Auf diesem würde die Kirche leben, Verantwortung und Ressourcen teilen, Räume eröffnen, wo Leben und Glauben geteilt werden könnten.
Schönemann zitierte aus der Botschaft von Papst Franziskus zum Weltmissionssonntag 2019, wo es heißt (hier im Volltext):
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„Die Kirche ist auf Mission in der Welt: Der Glaube an Jesus Christus gibt uns die richtige Dimension aller Dinge, denn er lässt uns die Welt mit den Augen und dem Herzen Gottes sehen; die Hoffnung öffnet uns für die ewigen Horizonte des göttlichen Lebens, an dem wir wahrhaft teilhaben; die Liebe, die wir in den Sakramenten und der brüderlichen Liebe vorauskosten, drängt uns bis an die Grenzen der Erde (vgl. Mi 5,3; Mt 28,19; Apg 1,8; Röm 10,18). Eine Kirche, die bis zu den äußersten Grenzen hinausgeht, erfordert eine beständige und dauerhafte missionarische Bekehrung. Wie viele Heilige, wie viele Frauen und Männer des Glaubens bezeugen uns, zeigen uns, dass diese unbegrenzte Öffnung möglich und praktikabel ist, dieses barmherzige Hinausgehen als drängender Antrieb der Liebe und der ihr innewohnenden Logik der Gabe, des Opfers und der Unentgeltlichkeit (vgl. 2 Kor 5,14-21)! Wer Gott verkündet, möge ein Mann Gottes sein (vgl. Apostolisches Schreiben Maximum illud). Es ist ein Auftrag, der uns direkt angeht: Ich bin immer eine Mission; du bist immer eine Mission; jede Getaufte und jeder Getaufte ist eine Mission. Wer liebt, setzt sich in Bewegung, es treibt ihn von sich selbst hinaus, er wird angezogen und zieht an, er schenkt sich dem anderen und knüpft Beziehungen, die Leben spenden. Niemand ist unnütz und unbedeutend für die Liebe Gottes. Jeder von uns ist eine Mission in der Welt, weil er Frucht der Liebe Gottes ist. Auch wenn mein Vater und meine Mutter die Liebe durch Lüge, Hass und Untreue verraten würden, entzieht sich Gott niemals dem Geschenk des Lebens und bestimmt jeden Sohn und jede Tochter von jeher zu seinem göttlichen und ewigen Leben (vgl. Eph 1,3-6).“Das Ziel dessen, was Schönemann in seinem Vortragstitel „Teilen und Hinausgehen. Akzente zu einer geistlichen Verlebendigung der Kirche angesichts der aktuellen Situation“ genannt hatte, sei, „dass möglichst viele Menschen ein gutes Leben haben und darin Gott verherrlicht wird.“ |
Katharina Weiß (Institut für Neuevangelisierung) stellte den Bereich der Verkündigung vor. Zu rasch verbände man damit lediglich Predigt und Katechese, die man im Bereich der Hauptamtlichen angesiedelt sehe. Doch der alte Name für Verkündigung sei Martyria und das bedeute Zeugnis, Glaubenszeugnis (eben oft auch bis zur letzten Konsequenz). Weiß trug vor, dass es gelte, die Grundaussagen des christlichen Glaubens zu verkündigen, indem man sich dazu bekennt. Diese Evangelisierung sei die Sendung aller Christen und eine gemeinsame Sendung der Kirche. Die Christen könnten den Taufbefehl (Mt 28,19f.) nicht delegieren. Jeder Mensch sei letztlich dazu berufen, Jünger Jesu zu werden, mit ihm unterwegs zu sein, in der Gemeinschaft der Christgläubigen. Weiß erläuterte kurz die Angebote des Instituts für Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften, den Glaubenskurs „Nehmt Neuland unter den Pflug“ und die „Missionarische Woche“, die gemeinsam mit dem Bischöfl. Jugendamt angeboten wird. Aber auch am Erstkommunionelternabend biete es sich an, dass ein Pfarreimitglied erzähle, was ihm der Glaube bedeutet.
Interview mit Hubertus Schönemann (Video von katholisch1.tv)
Bericht über die Herbstvollversammlung des Diözesanrats (Video von katholisch1.tv)