Jubiläum: Verein für Augsburger Bistumsgeschichte wird 50 Jahre alt

Augsburg (pba). Der Verein für Augsburger Bistumsgeschichte hat heute sein 50. Gründungsjubiläum gefeiert. Während eines Pontifikalgottesdienstes in der Basilika St. Ulrich und Afra, der von Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger zelebriert wurde, verdeutlichte Festprediger Prälat Dr. Eugen Kleindienst die große Bedeutung religiöser Überlieferungen für die kulturelle Identität der Menschen und ganzer Kulturen. Im anschließenden Festakt im Haus Sankt Ulrich stellte Dr. Thomas Groll, Erster Vorsitzender des Vereins, das neue Jahrbuch des Vereins über „Kardinal Otto Truchseß von Waldburg“ vor. Festredner des Tages war Professor Dr. Franz Xaver Bischof aus München. Sein Thema lautete: „Vom Sinn und Nutzen der Diözesangeschichte.“
Wo immer sich Menschen ihrer Herkunft bewusst werden, so Weihbischof Anton Losinger zu Beginn des Pontifikalamts, gehe es um Kenntnis der Grenzen ihrer Existenz. Was das bedeutet, erschloss Prälat Kleindienst, Botschaftsrat an der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl, während der Festpredigt am Beispiel der religiösen und kulturellen Identität der Menschen. Diese Identität, dieses kulturelle Gedächtnis der Menschheit müsse geschätzt und wolle gepflegt werden, unterstrich Prälat Kleindienst. Angriffe auf Orte des kulturellen Gedächtnisses seien Angriffe auf die Identität und zerstörten Völker. Wie Prälat Kleindienst, früher Generalvikar und dann Finanzdirektor des Bistums Augsburg, hervorhob, bereichere der Verein für Augsburger Bistumsgeschichte das kulturelle Gedächtnis des Bistums und der ganzen Region. Das Diözesanmuseum St. Afra sei Ausdruck dieses Wirkens und ein Erinnerungsort, der unser kulturelles Gedächtnis sichtbar mache.
Gegenstand der Arbeit des Vereins sei die Kirche von Augsburg mit ihren vielen historischen Facetten. Prälat Kleindienst: „Wir schöpfen aus einem kulturellen Gedächtnis, das weithin vom Christentum geprägt ist.“ Wer dieses geistige Erbe kenne, werde auch fähig zum Dialog mit Kulturen, die die Welt heute vor unsere Haustüre bringe. Diese kulturellen Wurzeln, die vom jüdisch-christlichen Erbe, der abendländischen Philosophie bis hin zur Aufklärung reichten, machten Europa aus. Sie ermutigten dazu, als Christen wieder missionarischer zu werden. Denn das Christentum sei unverzichtbar, betonte Prälat Kleindienst. „Es wird gebraucht, mehr als manchem bewusst ist.“ Auch der Verein für Augsburger Bistumsgeschichte sei eingeladen, dazu seinen Beitrag zu leisten. „Es ist ein wunderbares Geschenk, Teil dieser großen Tradition zu sein und es mit so vielen Menschen vor uns und mit uns teilen zu dürfen.“
Während der anschließenden Mitgliederversammlung des Vereins – sie war gleichzeitig Festakt und wurde von rund 150 Gästen besucht - präsentiere Vereinsvorsitzender Dr. Thomas Groll die neueste Ausgabe des Jahrbuchs des Vereins. Aus Anlass des Jubiläums ist sie als Festschrift gestaltet. Der reich bebilderte Band enthält die erweiterten und teilweise erheblich erweiterten Vorträge einer Tagung über „Kardinal Otto von Waldburg (1514-1573) - Ein Reformer zwischen Augsburg und Rom“. Sie fand vor einem Jahr während der Jahresversammlung des Vereins zur 500. Wiederkehr des Geburtstags von Waldburgs statt. Wie Dr. Groll hervorhob, hat der Verein seit seiner Gründung jährlich ein solches Jahrbuch vorgelegt.
Professor Franz Xaver Bischof: Die gesamte Wirklichkeit einer Volkskirche in den Blick nehmen
Den Abschluss des Festaktes bildete ein Vortrag von Professor Dr. Franz Xaver Bischof, Ordinarius für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mit Blick auf sein Thema „Vom Sinn und Nutzen der Diözesangeschichte“ stellte er wie Prälat Kleindienst auf die religiöse Identität des Menschen ab. Sie sei heute dringlich wie selten in der Geschichte, so Professor Bischof. Dabei hätten die regionalen Bezüge des Glaubens bisher kaum die angemessene Anerkennung gefunden. Einerseits sei das Kirchenverständnis - und damit auch der Blick der Geschichtsforschung - stark auf Rom konzentriert, andererseits sei sie bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil auf die jeweiligen Bischöfe und ihre Bedeutung für die Diözesangeschichte fokussiert gewesen. Diözesangeschichte müsse jedoch eng mit anderen Disziplinen wie der Kunst- und Baugeschichte, der Volkskunde oder der Archäologie verbunden sein. Bei der 1700-jährigen Tradition der Kirche von Augsburg sei letztere oft der wichtigste Bezugspunkt.
Diözesangeschichte muss laut Professor Bischof die gesamte Wirklichkeit einer Volkskirche in den Blick nehmen. Als Beispiel nannte er unter anderem die Bedeutung des katholischen Vereinswesens bis in die 1950er Jahre hinein. Dieser katholische Mikrokosmos habe sich seitdem im Zuge der Individualisierung und der Pluralisierung der Lebensformen aufgelöst. Als anderes Themenfeld nannte er die große Rolle der Orden. Diese hätten nach dem Kahlschlag der Säkularisation bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts im Sozial- und Bildungsbereich Kernaufgaben des modernen Staates wahrgenommen. „Das hat bislang noch keineswegs gebührend Aufmerksamkeit gefunden“, so Professor Bischof. Das gelte auch für die Frage, wann und warum Brauchtums- und Frömmigkeitsformen wie Flurprozessionen oder das Gebet des Rosenkranzes in den Hintergrund getreten seien.
Es sei also wichtig, keine Geschichte des Bischofs, sondern eine des Bistums zu schreiben, fasste Professor Bischof zusammen. Diözesangeschichte müsse als „Volk-Gottes-Geschichte“ konzipiert sein und einen Schwerpunkt auf dem kirchlichen Leben und der kirchlichen Praxis haben. Damit diese dann aber auch wahrgenommen und gelesen werde, müsse sie „nicht nur wissenschaftlich fundiert sein, sondern auch verständlich geschrieben und nicht zu umfassend sein“. Dann könne Diözesangeschichte zur Identitätsfindung beitragen.
Der Verein für Augsburger Bistumsgeschichte hat derzeit rund 770 Mitglieder aus dem In- und Ausland. Er will Interesse an der regionalen Kirchengeschichte wecken, die Diözesangeschichte wissenschaftlich erforschen und christliche Zeugnisse der Vergangenheit sichern und erhalten. Der Verein veranstaltet Tagungen, bringt das Jahrbuch und Monographien heraus, führt Exkursionen durch, arbeitet mit dem Diözesanmuseum St. Afra zusammen und fördert junge Historiker. Der Jahresbeitrag in Höhe von 15,00 Euro beinhaltet den Bezug des Jahrbuches. Weiter Informationen gibt es direkt auf den Seiten des Vereins.