Bistum Augsburg geht Missbrauchsthema offensiv an
Augsburg (pba). Das Bistum Augsburg hat einen Verdachtsfall auf Kindesmissbrauch aus dem Jahre 1999 neu aufgerollt und aufgrund aktueller Hinweise den betroffenen Priester veranlasst, unverzüglich die Augsburger Staatsanwaltschaft zur weiteren Aufklärung einzuschalten.
Im Jahre 1999 hatte das Bistum Augsburg Hinweise von Eltern erhalten, die sich auf moralisch fragwürdige Verhaltensweisen eines Gemeindepfarrers gegenüber Kindern bezogen. Die Eltern der Kinder hatten das Bischöfliche Ordinariat allerdings ausdrücklich gebeten, im Interesse ihrer Kinder kein öffentliches Aufsehen zu erregen und von einer Strafanzeige abzusehen. Gleichzeitig baten die Eltern um disziplinarische Maßnahmen gegen den Pfarrer. Der beschuldigte Pfarrer hatte seinerzeit bestritten, dass sein Verhalten gegenüber Kindern und Jugendlichen jemals die Schwelle des moralisch oder rechtlich Erlaubten verletzt habe. Der zuständige Personalreferent des Bistums hatte den Pfarrer dennoch aufgrund der Sachverhaltsschilderung der Eltern unverzüglich von dessen Pfarrstelle abberufen und mit einer Aufgabe betraut, bei der keine Gefahr eines unkontrollierten Kontaktes zu Kinder und Jugendlichen bestand. Auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern wurde die Versetzung auf „persönliche Gründe“ gestützt. Der Priester wurde bis heute nicht mehr als Gemeindepfarrer eingesetzt.
Aufgrund aktueller Hinweise hat das Bischöfliche Ordinariat den Vorgang jetzt neu aufgegriffen. Nach einem Gespräch mit dem ehemaligen Pfarrer am vergangenen Freitag Nachmittag hat der Missbrauchsbeauftragte der Diözese, Domkapitular Harald Heinrich, dem Priester dringend nahegelegt, die Staatsanwaltschaft Augsburg über den fraglichen Tathergang zu informieren und diesen rückhaltlos aufklären zu lassen. Dem Priester wurde auch unmissverständlich klar gemacht, dass die Diözese Augsburg ihrerseits die Staatsanwaltschaft einschalten werde, wenn die Selbstanzeige nicht bis zu diesem Montag Abend (8. März 2010) bei der Staatsanwaltschaft Augsburg eingegangen sei. Der Priester ist mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entpflichtet.
Generalvikar Karlheinz Knebel sagte, der Bischof von Augsburg dulde bei Kindesmissbrauch keine Toleranz. Für das Bistum Augsburg habe die Sicherheit und Geborgenheit von Kindern und Jugendlichen in der Obhut der Kirche, die Glaubwürdigkeit der Kirche und die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens oberste Priorität. Das Bistum Augsburg werde eingehende neue Hinweise auf Missbrauchsfälle unmittelbar an die Staatsanwaltschaft zur weiteren Aufklärung weiterleiten und die staatlichen Ermittlungsbehörden wie schon bisher aktiv unterstützen, sagte Knebel. Das Bistum Augsburg hat darüber hinaus vorsorglich die Rechtsanwältin Barbara Fendt und
die Psychologische Psychotherapeutin und Traumatologin Prof. Dr. Andrea Kerres als externe Ansprechpartner für Missbrauchsopfer eingesetzt. Der Missbrauchsbeauftragte der Diözese, Domkapitular Harald Heinrich, dem bisher schon ein Arbeitsstab von kompetenten Mitarbeitern zur Seite stand, will damit den Zugang für potentielle Opfer erleichtern, Ihre Nöte einer kirchlichen Stelle vorzutragen. Generalvikar Knebel hat noch in dieser Woche ein Gespräch mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz vereinbart, um die Vorgehensweise bei zukünftigen Fällen zu besprechen.