„Ein Stachel im Leib der Kirche“: 50 Jahre Frauenseelsorge - 25 Jahre Alleinerziehendenseelsorge
Augsburg (pba). Die Frauenseelsorge im Bistum Augsburg feiert in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum. Zeitgleich blickt der Fachbereich „Seelsorge für Alleinerziehende“ auf sein 25-jähriges Bestehen zurück. Das Motto des Doppeljubiläums lautet „Gemeinsam unterwegs“. Seelsorgeamtsleiter Prälat Dr. Bertram Meier blickte heute bei einem Gespräch vor Journalisten auf das 50-jährige Wirken der Fachstelle zurück.
„Mancher mag die Frauenseelsorge und ihre Vertreterinnen als einen Stachel im Leib der Kirche empfinden. Doch nur im Ringen um das ‚Evangelium für heute‘ ist und bleibt die Kirche lebendig. Wir brauchen auch weiterhin eine eigene Frauenseelsorge, um vorzuleben, dass wir als Schwestern und Brüder gemeinsam unterwegs sind, um der Kirche ein Gesicht zu geben - nicht einer Männer- oder Frauenkirche, sondern, wie es dem Geist Jesu entspricht, der geschwisterlichen Kirche.“ Mit dem Rückenwind des II. Vatikanischen Konzils habe der damalige Bischof Dr. Josef Stimpfle 1967 die Frauenseelsorge im Bistum Augsburg prophetisch und weise ins Leben gerufen, stellte der Seelsorgeamtsleiter zur Gründungsgeschichte des Fachbereichs fest. Die Frauenfrage sei den Referentinnen dabei stets ein besonderes Anliegen gewesen. Es sei ihnen darum gegangen, „Verständnis für die sich wandelnde Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft zu wecken und zu fördern“, sowohl „bei der Diözesanleitung und dem Diözesanrat“, als auch bei „anderen Gremien, sowie Priester und Laien“, sagte der Prälat.
Ein wichtiges Bedürfnis der Fachstelle sei es darüber hinaus, auf die Frauen zu hören, ihre Probleme und Fragen aufzugreifen und ernst zu nehmen, wie Elvira Blaha, Leiterin der Frauenseelsorge, betonte: „Frauen gestalten auf vielfältige Weise ihr eigenes Leben, aber auch Gemeinde, Kirche und Gesellschaft. Auf diesem Weg möchte die Frauenseelsorge sie durch unterschiedliche Angebote unterstützen, begleiten und stärken, damit sie den unterschiedlichen Herausforderungen des Alltags begegnen können“, beschrieb Blaha die Aufgaben des Fachbereichs. Frauen dazu zu ermutigen, „ihr geistliches Leben zu entfalten, ihren Schatz von Lebenserfahrungen zu entdecken und für sich und andere sichtbar zu machen“, sei Ziel der zahlreichen Veranstaltungen, die bei der Frauenseelsorge immer wieder neu im Angebot stünden, so Elvira Blaha.
Diese Angebote seien stets offen gewesen für alle Frauen, hätten aber schon früh „bestimmte Zielgruppen passgenau in den Blick genommen“, erklärte Prälat Meier zur Gründung des Fachbereichs für Alleinerziehende vor 25 Jahren.
„Rund um Trennung und Scheidung sind Menschen aufgeschlossener für Glauben und Spirituelles“, konnte Claudia Possi aus ihrer langjährigen Erfahrung als Referentin für Alleinerziehende berichten. „Das Leben mit seinen Brüchen und seinem Scheitern immer wieder unter den Segen Gottes zu stellen und Rituale, Gesten und Worte des Lebens zu finden“, sei deshalb zu einem wichtigen Angebot ihrer Fachstelle geworden. „Menschen, die dem Glauben fernstehen oder aus der Kirche ausgetreten sind, wird so eine Brücke gebaut, um den Schatz der Bibel und der Gottesdienste neu für sich zu entdecken“, sagte Claudia Possi. Die Fachstelle bietet dafür zahlreiche Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten an. „Es gibt Begegnungs– und Seminartage, Wochenenden, gestaltete Ferien oder monatliche Treffs, die von vielen Alleinerziehenden oftmals als Orte großer Weggemeinschaft erlebt werden“, berichtete Possi.
Im Blick auf das 50-jährige Bestehen der Frauenseelsorge wies Elvira Blaha auch auf einige gesellschaftsbedingte Entwicklungen und Veränderungen hin, die sich in ihrer Arbeit zeigen: „Heutzutage ist der Markt für spirituelle Angebote auch außerhalb der Kirche riesengroß. Unsere Aufgabe ist es, christliche Traditionen mit der religiösen Suche heutiger Frauen zu verknüpfen“. Vor allem Angebote wie Bergexerzitien oder Tage der Stille kämen bei den Frauen gut an. Dieses glaubt Elvira Blaha an der heutigen Sehnsucht vieler Frauen nach Auszeit und Ruhe festmachen zu können. Darüber hinaus würden die Referentinnen oft feststellen, „dass ein großes Interesse besteht, Schätze der christlichen Tradition neu zu entdecken. Darunter viele heilige Frauen als Modelle für weibliche Stärke und Glaubenskraft“, sagte Elvira Blaha.
Hinweis:
Eine feierliche Veranstaltung zum Jubiläum der beiden Einrichtungen wird es am Freitag, 30. Juni, um 20.00 Uhr im Haus St. Ulrich geben. Das literarische Projekt „Text will Töne“ wird das Stück „Mark Twain – Die Tagebücher von Adam und Eva“ präsentieren. Weitere Infos zum Kartenvorverkauf finden Sie auf den Seiten der Frauenseelsorge.