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Wichtiges
Adventlicher Brauch

Maria auf Herbergssuche in Peißenberg

01.12.2016

Jedes Jahr im Advent lebt in Peißenberg ein alter Brauch auf: die Herbergssuche von Maria und Josef, genannt auch „Frauentragen“. Organisator ist der örtliche Frauenbund. Bei einem Besuch in der Pfarreiengemeinschaft haben wir uns diesen adventlichen Brauch mal genauer angeschaut.

 

Behutsam klappt Katharina Hänel die bestickten Enden der weißen Spitzentischdecke zur Seite. Eine geschnitzte Madonna aus Holz wird unter der Decke im rustikalen Weidekorb sichtbar, den sie sogleich in die Hände von Hanni Franz übergibt. Mit einem Spruch und Gebet begrüßen die beiden Frauen die Marienstatue, während Frau Franz die Figur neben den Adventskranz in der adventlich geschmückten Wohnküche platziert. „Wenn wir Trägerinnen vom Frauenbund die Marienfigur in ein neues Haus bringen, sprechen wir immer zuerst den Mariengruß, der die Herbergssuche thematisiert. Wie damals Maria und Josef in Betlehem, so bittet heute in Peißenberg Maria in Gestalt der Madonna um Unterkunft bei den Menschen“, sagt Frau Hänel, die als Mitglied im örtlichen Frauenbund für die Organisation des adventlichen Brauchs zuständig ist. Bei Familie Franz macht Maria schon seit vielen Jahren Station.

Die Tradition, eine Marienfigur in der Adventszeit von Haus zu Haus zu tragen, besteht in Peißenberg seit über fünfzehn Jahren. Die Wurzeln des Brauchs lägen aber schon viel weiter zurück, weiß Maria Staltmayr, 79 Jahre alt. Schon als Kind habe sie den Brauch kennen gelernt, „in den 1950er Jahren sind wir als Mädchen unterwegs gewesen, danach ist der Brauch hier im Ort langsam eingeschlafen“, erzählt Frau Staltmayr, die 1998 an der Neubelebung der alten Tradition in Peißenberg maßgeblich beteiligt war. 

Schon seit vielen Jahren macht Maria auch bei Familie Franz Station. Die Figur wird direkt am Esstisch platziert. Foto: Maria Steber / pba.

Die Figur wird heute von sieben Trägerinnen per Auto und nicht mehr wie damals zu Fuß abgeholt und gebracht. An Aktualität habe der Brauch dennoch nichts eingebüßt, findet Maria Staltmayr. „Sich Zeit nehmen zum Gebet, zur Ruhe kommen, das ist gerade in der heutigen, oft so schnellen und stressigen Zeit wichtig.“ Viele der Frauen, die Maria einen oder mehrere Tage beherbergen, würden dies als bewusstes Zusammenkommen zum Beten verstehen, überdies als Treffen, an dem sie Gemeinschaft spüren, erklärt Hänel.

Wie die Anwesenheit von Maria im Haus begangen wird, bleibt den Familien selbst überlassen: „Bei uns freut sich die ganze Familie, wenn dieser besondere Gast, die Muttergottes, bei uns im Haus schläft“, gibt Hanni Franz wieder. Sogar ihre vier Kinder würden dann immer wieder zur Madonna gehen, vor ihr sitzen und beten. „Wir tanken da Kraft fürs ganze Jahr“, sagt sie kurz. Den Grund, warum gerade Maria als Kraftgeber fungiert, kann sie nur aus persönlicher Erfahrung heraus nennen: „Für mich ist Maria wie eine enge Vertraute. Sie war eine Frau, die genauso Probleme hatte, wie wir sie heute haben. Sie war herausgefordert vom Leben, da besteht einfach eine enge Verbundenheit“, sagt Frau Franz.

Die Besuche, die die Marienfigur in den Häusern im Laufe der Adventszeit macht, sind genau durchgeplant. „Beginn ist immer am 8. Dezember, da wird Maria in einem Gottesdienst ausgesandt. Kurz vor Weihnachten kehrt die Figur dann zu uns zurück“, erklärt die Organisatorin. Wohin genau? Der Blick in den Wohnzimmerschrank von Frau Staltmayr gibt Antwort. Neben dem Jesuskind in der Krippe klafft dort in der Adventszeit eine große Lücke. 

 

Von Maria Steber