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Weihbischof Losinger: „Am Karfreitag wird ein neues Bild des Menschen aufgerichtet“

Karwoche

30.03.2018

Augsburg (pba). „Ecce homo – Seht den Menschen“: Weibischof Losinger hat in seiner Ansprache während der Karfreitagsliturgie heute im Hohen Dom zu Augsburg die kurze Szene gedeutet, in der Pontius Pilatus Jesus einer wütenden Menge zeigt. Für ihn gehöre sie jedes Jahr am Karfreitag „zu den bewegendsten Augenblicken der Passion“, bekundete Weihbischof Anton. „Seht den Menschen. Seht das ultimative Signal der Liebe Gottes zu den Menschen. Aber seht auch, wozu der Mensch fähig ist, in allen Jahrhunderten, auch heute.“ Der Weihbischof ging deshalb der Frage nach, von welchem Menschenbild wir geleitet seien. Er griff dabei auf das Geistliche Testament des vor kurzem verstorbenen Kardinals Karl Lehmann zurück. Er habe immer wieder und immer mehr darunter gelitten, blickt der langjährige Bischof von Mainz darin auf unsere Erde und unser Leben, wie in vielem wunderbar, schön und faszinierend, wie abgrundtief zwiespältig, zerstörerisch und schrecklich sie aber auch seien.

Weihbischof Losinger wies zudem mit Bezug auf den früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss auf die geistigen Wurzeln Europas und dessen Wertgrundlagen hin: die jüdisch-christliche Tradition, die griechische Philosophie und das römische Recht. „Alle drei dieser Elemente sind auf seltsame Weise brüchig geworden“, stellte der Weihbischof fest. Der Mensch könne die Welt zerstören, er könne sich selbst manipulieren, zitierte er aus der Rede von Papst Benedikt XVI. vor dem Deutschen Bundestag. Das Vertrauen der Menschheit auf die Wissenschaft sei an einer deutlich fühlbaren Grenze des Machbarkeitswahns angelangt. „Der Mensch ist nicht der Herr der Geschichte und der Hüter des Lebens – das wird uns mehr und mehr bewusst. Er ist auch der Zerstörer“, so der Weihbischof.

Dieser Entwicklung stellte er das Kreuz von Golgotha und die Würde des Menschen gegenüber. „Die hehren Menschenrechte und die Werte der Demokratie werden ihre Kraft verlieren, wenn man sie von ihren religiösen Ursprüngen abschneidet. Ohne den Himmel über uns verlieren wir den Boden unter uns“, richtete er sich an seine Zuhörer. Eine offene Gesellschaft und ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat zeigten ihre humane Qualität immer daran, wie sie mit den Schwächsten in ihrer Mitte umgingen. „Aus Gottvergessenheit wird schnell Menschenvergessenheit. Wer Gott vergisst, vergisst unweigerlich auch den Menschen! Und das schneller als man denkt“, so die Mahnung von Weihbischof Losinger. Inmitten dieses menschlichen Dilemmas werde am Karfreitag ein neues Bild des Menschen aufgerichtet: „Ecce homo! Seht den Menschen! Seht diesen Jesus von Nazareth, dessen Leben vor 2.000 Jahren am Kreuz endete, der – rein innerweltlich betrachtet – gescheitert ist und dennoch das ultimative Maß der Menschenfreundlichkeit und der Liebe Gottes darstellt.“