Zeugnisse für Lehrer: Schulwerk der Diözese Augsburg startet Pilotprojekt „Schülerfeedback“
Augsburg/St. Ottilien/Kaufbeuren. Erstmals bekommen in diesem Schuljahr am Rhabanus-Maurus-Gymnasium St. Ottilien und am Mariengymnasium Kaufbeuren nicht nur die Schülerinnen und Schüler Zeugnisse. Bei einem Pilotprojekt des Schulwerks der Diözese Augsburg geben die Schüler ihren Lehrkräften mittels Fragebogen eine Rückmeldung zu ihrem Unterricht. Die erste Schülerbefragung wird demnächst in St. Ottilien durchgeführt, das Mariengymnasium folgt in den kommenden Monaten. Oberstudiendirektor Michael Häußinger, Leiter des Rhabanus-Maurus-Gymnasiums, und Oberstudiendirektor Andreas Merz, Schulleiter des Mariengymnasiums, haben das Projekt zusammen mit dem Elternbeirat der beiden Schulen entwickelt. Auch die Lehrerkollegien waren dabei eingebunden und erhielten die Gelegenheit zur Rückmeldung und Ergänzung.
Peter Kosak, Leiter des Schulwerks der Diözese Augsburg, freut sich über das innovative Projekt der beiden Schulen. „Ich bin allen Beteiligten, Lehrern, Eltern und Schülern, sehr dankbar für ihren Einsatz“, so Kosak. Wenn das Projekt erfolgreich sei, könne das Instrument „Schülerfeedback“ auch an den anderen 36 Schulen des Schulwerks eingeführt werden. „Ich bin sicher, dass die Lehrkraft und ihre Haltung der entscheidende Faktor für gelingende Bildung ist: Wenn Unterricht mit den Augen der Lernenden gesehen wird, wird er die besten Ergebnisse zeigen“, erklärt Kosak.
Anstoß für das Projekt hat die sogenannte Hattie-Studie gegeben. Der neuseeländische Pädagoge John Hattie hat im Jahr 2009 die Faktoren für gute Schülerleistungen untersucht. Seinen Ergebnissen zufolge hängt der Erfolg von Schülern eng mit der Lehrperson zusammen. Schulleiter Häußinger erklärt: „Der Lehrer ist das Zentrum des Unterrichtsgeschehens: Das ist die Botschaft von Hattie. Daher wollen wir uns als Schule ganz gezielt auf gelingende Lehrstrategien und Lernkonzepte fokussieren. Und dies gelingt am besten, wenn die Schülerinnen und Schüler in diesen Prozess miteinbezogen werden.“
Das Schülerfeedback soll ein Mal pro Schuljahr erfolgen und ist für alle Lehrer verbindlich. Jede Lehrkraft entscheidet selbst, in welcher Klasse sie die Abfrage durchführen möchte. Mithilfe ihrer Smartphones oder im Computerraum füllen die Schüler den Online-Fragebogen anonym aus. Bewertet wird nach den Kriterien Klarheit, Disziplin, Motivation, Hausaufgaben, Prüfungen und Schüler-Lehrer-Beziehung. Außerdem haben die Schüler die Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge einzubringen und anzumerken, was ihnen am Unterricht besonders gut gefällt.
Die Ergebnisse des Feedbacks sind vertraulich und nur für den jeweiligen Lehrer einsehbar. „Allerdings ist es uns wichtig, dass die Lehrer mit ihren Schülern über die Ergebnisse sprechen“, erklärt Schulwerksleiter Kosak. Nur so könne das Ziel des Projektes erreicht werden: der Aufbau einer Dialog- und Feedbackkultur. Außerdem stehe das Schulwerk beratend zur Seite und biete bei Bedarf auch entsprechende Coachings an.
Auch die Schülerinnen und Schüler wurden auf das Projekt entsprechend vorbereitet. Durch einen Film, den Schülersprecherinnen und Schülersprecher der beiden Schulen gedreht haben, soll sichergestellt werden, dass die Schüler den Fragebogen ernsthaft und fair ausfüllen. „Einerseits wollen wir unsere Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, die Gelegenheit zu nutzen, kritische Punkte anzusprechen. Es ist uns aber auch wichtig, dass sie dabei fair bleiben und die positiven Aspekte nicht vergessen“, erklärt Schulleiter Merz.
Für die wissenschaftliche Begleitung des Projektes konnte Prof. Dr. Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, gewonnen werden. Als Mit-Herausgeber der deutschen Ausgaben der Werke von John Hattie berät und unterstützt er das Projekt besonders im Hinblick auf die aktuellen Erkenntnisse aus den Hattie-Studien. Auch Dr. Karin E. Oechslein, Direktorin des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) zeigte sich sehr interessiert an den Ergebnissen des Projektes.
Das Schulwerk der Diözese Augsburg ist eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts. Seit 1975 hat die Stiftung 38 Schulen in ihre unmittelbare Trägerschaft übernommen: eine Grundschule, zehn Gymnasien, 20 Realschulen und sieben berufsbildende Schulen. Außerdem verwaltet das Schulwerk zwei Einrichtungen, die in unmittelbarer Trägerschaft der Diözese Augsburg stehen: die Franz-von-Assisi-Grund- und Mittelschule in Augsburg sowie die Augsburger Domsingknaben.