Pfarrgemeinden müssen sich verstärkt auf Senioren einstellen
Augsburg. „Bin ich was wert, wenn ich nicht mehr aktiv bin?" Jeder, so Diakon Robert Ischwang, möge sich diese Frage einmal stellen. Denn die Tatsache, dass wir alle immer älter werden, also auch immer länger alt sind, hat im Bewußtsein der Menschen eher einen randständigen Platz. Auch in der kirchlichen Pastoral kommt dieser eigentlich bekannte Trend erst allmählich an, ob man ihn nun „Überalterung der Gesellschaft" oder etwas neutraler „demographischer Wandel" nennt.
Dieser Thematik hat sich der Diözesanrat der Katholiken auf seiner Frühjahrs-Vollversammlung vergangenes Wochenende in Augsburg gewidmet: „Senioren in der Pfarrgemeinde - Kirche im demographischen Wandel".
Das Einstiegsreferat lieferte Robert Ischwang, Leiter der Abteilung Altenseelsorge im Bischöflichen Seelsorgeamt und seit 2012 Sprecher der bayerischen Altenseelsorger. Ischwang zeigte zunächst die soziologischen Fakten unserer unterjüngten Gesellschaft, einer Gesellschaft also, deren Sockel an Nachwuchs immer schmäler wird, während die älteren Jahrgänge einen immer größeren Teil ausmachen. So wird bspw. 2050 jeder zwölfte Bayer ein Mensch von über achtzig Jahren sein. Dieser Wirklichkeit verschließt sich die Gesellschaft bislang. Sie interessiert sich nur für die Aktiven. Diakon Ischwang: „Bin ich was wert, wenn ich nicht mehr aktiv bin?" Obwohl die Kirche eigentlich in den meisten ihrer Ordensgemeinschaften bereits die überalterte Zukunft lebt, gilt in der Pastoral die Welt der Senioren ähnlich als Randthema wie in der Gesellschaft: harmlos und langweilig.
Dass es auch anders geht, zeigte Michael Bruder. Der Bürgermeister von Eichstetten am Kaiserstuhl referierte über „Kommunalpolitische Antworten auf den demographischen Wandel". Seine Gemeinde in der Nähe von Freiburg von gerade einmal 3.400 Einwohnern hat nämlich wahrlich Pioniercharakter. Nicht nur wirtschaften dort Bauern und Weinbauern allesamt ökologisch, sondern „das Dorf übernimmt den Generationenvertrag". Bereits 1998 wurde in Eichstetten die Bürgergemeinschaft e.V. gegründet, die heute dafür sorgt, dass das Dorf leistet, was früher die Familie geleistet hat. Ein äußerst vielgestaltiges und vielschichtiges Netz von Angeboten und Engagement sorgt dafür, dass niemand im Alter seinen Heimatort verlassen muss, um in ein Seniorenheim im nächstgrößeren Ort umzuziehen. Mit 500 Familien sind fast alle Familien Mitglied im Verein Bürgergemeinschaft, aber auch alle vier christlichen Gemeinden.
Die Vernetzung kommunaler und kirchlicher Seniorenarbeit war denn auch eines jener Themen, der sich die Vollversammlung dann in Gesprächskreisen und einer Plenumsdiskussion widmete, wiederum mit qualifizierter Unterstützung. Abgesehen von den Eingangsreferenten wirkten mit: Staatsminister a.D. Josef Miller, der Augsburger Sozialreferent Max Weinkamm (beide Mitglieder des Diözesanrates), der Vorsitzende des Augsburger Seniorenbeirates Heinz Gams, Helmut Gleich, Leiter der Abteilung Soziales Ehrenamt der Augsburger Malteser, und Dietmar Bauer von der Caritas.
Die in der Vollversammlung zum Tagungsende einstimmig verabschiedete Erklärung "Senioren in der Pfarrgemeinde - Kirche im demographischen Wandel" finden Sie hier:
https://bistum-augsburg.de/index.php/bistum/Raete-Kommissionen/Dioezesanrat/Erklaerungen/Senioren-in-der-Pfarrgemeinde-Kirche-im-demographischen-Wandel_id_100000
Bericht des Diözesanratsvorsitzenden Helmut Mangold