„Schauen wir auf das Kreuz“ - Festgottesdienst zum Abschluss der Renovierung der Gestratzer Kirche St. Gallus
Zum Abschluss der Renovierungsarbeiten an der Gestratzer Kirche St. Gallus hat Bischof Dr. Bertram Meier am heutigen Sonntag gemeinsam mit der Pfarrgemeinde einen Festgottesdienst gefeiert. In seiner Predigt ermutigte Bischof Bertram die Gläubigen den Blick auf das Kreuz neu zu entdecken.
Genau vor einem Jahr habe die Gemeinde an dieser Stelle das letzte Mal Eucharistie gefeiert, erinnerte Pfarrer Werner Badura in seiner Begrüßung an die zurückliegenden Monate, in denen zunächst wegen der Coronapandemie und dann aufgrund der Bauarbeiten die Kirche geschlossen blieb. „Damit hatte wohl niemand gerechnet“, bemerkte er. Ohne die finanzielle Unterstützung durch die politische Gemeinde und die Diözese hätte man die Renovierung nicht stemmen können, dankte er und wünschte sich den Segen für das Gotteshaus. Die Kirche hatte einen neuen Boden erhalten, die Innenausstattung wurde gereinigt, die Taufkapelle wurde renoviert, die Westseite wurde neu verschindelt, die Kirchturmeindeckung und der Turmhelm wurden erneuert.
„Gestratz und der Bischof sitzen in einem Boot“, stellte Bischof Bertram in seiner Predigt fest und ging auf die Auswirkungen der Pandemie ein. Denn gestern vor einem Jahr sei er in München auf die bayerische Verfassung vereidigt worden und dabei habe er erfahren: „Mit der Bischofsweihe nächste Woche wird es nichts“, erinnerte er sich an seine wegen Corona um elf Wochen verspätete Weihe am 6. Juni des vergangenen Jahres.
Beim Einzug in das in neuem Glanz erstrahlende, warme, alte Gotteshaus, dessen sanierte Fresken den Chorraum schmücken, sei ihm in den Sinn gekommen, dass sich hier alle Gläubigen unter dem Kreuz versammeln, fuhr Bischof Bertram fort. Er ging weiter auf das Tagesevangelium ein und vertiefte die Geschichte aus dem Alten Testament, wo die Schlange als Symbol der Macht und Gewalt stehe, der Stab hingegen die Kraft des Gotteswortes darstelle. Moses habe auf Geheiß des Herrn seinen Stab auf den Boden geworfen und der Stab sei zur Schlange geworden, vor der Moses zurückschreckte. Der Herr ermunterte ihn, die Schlange am Schwanz zu packen, worauf diese wieder zum Stab wurde. (Ex 4, 2-4). Somit habe Moses seine Entscheidung getroffen und sich für den Stab entschieden, so Bischof Bertram. Später habe er die Giftschlange sogar öffentlich auf die Fahnenstange gesteckt. „Jeder, der auf irgendeine Weise Menschen führt, steht in der Spannung zwischen Stab und Schlange“, schlug er den Bogen zur Gegenwart. Man müsse sich entscheiden: „Halte ich den Stab hoch, damit andere sich an mir orientieren können, oder setze ich auf das Kriechen und Schleimen einer Schlange?“ Das gelte auch für ihn als Bischof, betonte er.
Weiter ging Bischof Bertram auf die Bedeutung des Äskulapstabes, das Symbol der Ärzte, ein. „Ist nicht die Schlange an der Fahnenstange und der Christus am Kreuz ein siegreich aufgerichteter Äskulapstab?“, fragte er. „Ich bin Jahwe, dein Arzt“, habe schon der Gott des Alten Bundes (Ex 15,26) gesagt. Der Bischof fuhr fort: „Am Kreuz können wir Jahwe unsere Schuld anvertrauen.“ Und er meinte weiter, Jesus sei kein Halbgott in Weiß gewesen, sondern der Arzt Jesus, der Verwundete geheilt habe. Deshalb begegne uns im Blick auf den Gekreuzigten der Arzt, so Bischof Bertram.
Schließlich wandte er sich mit der Bitte an die Gläubigen: „Zeigen wir einander unsere Wunden.“ In der momentanen Situation müssten alle ihre Beziehungen ausdünnen, man müsse auf Geselligkeit und Begegnungen verzichten. „Wie viele unter uns leiden an Depressionen?“ fragte der Bischof. Das Kreuz könne unser aller Äskulapstab sein, meinte er und ermutigte deshalb die Gläubigen: „Schauen wir auf das Kreuz.“ Mancherorts werde der schöne Brauch des Hergottswinkels gepflegt, vielleicht mit einem geschenkten Kreuz von der Taufe, der Kommunion oder der Hochzeit, fuhr er fort. „Ich lade Sie ein, den Blick auf das Kreuz neu zu entdecken, sich stille Zeiten zu gönnen vor dem Kreuz“, schloss Bischof Bertram.
Im Anschluss an den Festgottesdienst, der musikalisch von Solisten des Kirchenchores Gestratz mit der „Missa brevis Nr. 7“ von Charles Gounod gestaltet wurde, besuchte der Bischof das Grab des ihm persönlich bekannten Gestratzer Priesters Ulrich Fink, der bei einem Bergunfall verstarb, und dessen Schwester, einer Ordensfrau.