Suchtexperte fordert klare Grenzen zum Schutz Jugendlicher
Augsburg (pca). Gerade hat Australien eine Altersbegrenzung für Social-Media-Apps eingeführt – und Deutschland diskutiert das Thema intensiv. Denn für viele Jugendliche gehören TikTok, Instagram und andere Plattformen längst zum Alltag. Doch genau darin sieht Niels Pruin, der beim Caritasverband für die Diözese Augsburg e.V. das Fachgebiet Medien- /Internetsucht leitet, eine wachsende Gefahr. Der Suchttherapeut betont: „Der Übergang von normaler Nutzung zu Abhängigkeit ist oft fließend – und wird von den Plattformen durch gezielte Mechanismen sogar begünstigt.“ Ein staatlich festgelegtes Mindestalter für bestimmte Apps halte er daher für „nicht nur sinnvoll, sondern längst überfällig“.
„Wir dürfen Jugendliche mit diesen Technologien nicht allein lassen“, betont der Fachmann für Medien-/Internetsucht. Digitale Kontakte könnten reale Begegnungen verdrängen, Algorithmen setzten auf Inhalte, die Jugendliche besonders fesselten, und das starke Bedürfnis nach Zugehörigkeit mache junge Menschen besonders anfällig. Pruin: „Das Zusammenspiel aus manipulierender Technik und hoher emotionaler Empfänglichkeit ist brandgefährlich.“ Fake News, falsche Schönheitsideale und Cyber-Mobbing stellen eine große Gefahr da. Zudem stoßen viele Kinder und Jugendliche auf verstörende und traumatisierende Inhalte.
Gesetzliche Begrenzungen nehmen Druck von Eltern
Gleichzeitig verweist der Experte darauf, dass ein Verbot oder eine Altersbegrenzung nur ein Teil der Lösung sei. Eltern bräuchten Unterstützung – zum Beispiel durch klare gesetzliche Vorgaben. Diese müssen die Grenzen transparent machen und haben einen Vorteil: Sie nehmen den sozialen Druck aus Familien. Viele Mütter und Väter haben Angst, ihre Kinder könnten ohne Social-Media-Außenseiter werden. Einheitliche Regeln könnten hier entlasten und das Argumentieren gegenüber dem Nachwuchs erleichtern, weil „alle anderen Kinder das auch nicht dürfen“.
Wesentlich bleibe jedoch die elterliche Begleitung: Kinder Schritt für Schritt in die digitale Welt einführen, viel reden, gemeinsam reflektieren und echte soziale Bindungen im Alltag stärken. Pruin unterstreicht: „Regulierung ist wichtig, Prävention mindestens genauso. Wenn Kinder echte Beziehungen und reale Räume für Austausch und Erlebnisse haben, verhindern wir, dass digitale Plattformen übermächtig werden.“