Unterwegs in einem „Wald der Zukunft“
Wälder werden nachhaltig bewirtschaftet. Was dies praktisch bedeutet, und zwar auch angesichts der Herausforderungen der Klimakrise, hat Hans Marz während eines Rundgangs im Rechtler-Wald bei Holzara erklärt.
Dieser Wald in der Nähe von Dinkelscherben wird von ihm – wie schon zuvor von seinem Vater - seit 1996 betreut. Marz ist auch der Vorsitzende der „Rechtler“. Wie er eingangs unserer gut dreistündigen Exkursion am 19. Oktober erklärte, hat dies mit besonderen Nutzungsrechten zu tun. Diese Realrechte stammen noch aus dem Mittelalter und sind seit alters her an die sogenannten Feuerstellen der Anwesen in Holzara gebunden. Wer ein solches Nutzungsrecht hat, ist am Ertrag des Waldes beteiligt. Das kann Holz zum Heizen sein, dazu zählen aber auch Einnahmen aus dem Einschlag von Bäumen.
Insofern erklärt es sich fast von selbst, dass bei einem solchen Projekt über Generationen hinweg gedacht wird. „Unterwegs in einem Wald der Zukunft“ lautete deshalb auch das Motto dieser von unserem Fachbereich "Kirche und Umwelt" angebotenen Exkursion. Bei der Bewirtschaftung des Waldes braucht es dafür einen sprichwörtlich langen Atem. Wie uns Hans Marz erklärte, gibt es in dem 54 ha großen Wald Parzellen unterschiedlicher Altersstufen, die in Zeiträumen von etwa fünf bis sieben Jahren bewirtschaftet werden.
Oberstes Ziel bei der Bewirtschaftung sind für ihn die Schaffung stabiler, strukturreicher Bestände, bei denen die Eingriffe nach dem Grundsatz „früh, mäßig, oft“ erfolgen - beginnend mit der Jugendpflege, über mehrere Durchforstungsgänge bis hin zur so genannten Endnutzung der dann 80 bis 100- jährigen Bäume. Dann werden zum Beispiel Bäume komplett entnommen und wenn nötig neu gepflanzt.
Sehr interessiert zeigten sich die rund zwanzig Gäste der Exkursion an einer besonderen Form der Vorausverjüngung: Bei ihr wachsen im Schatten eines schon höheren und älteren Fichtenwalds in eingezäunten Bereichen Buchen und Tannen. Mit diesen beiden Baumarten ist das auch im Schatten möglich. Sind die jungen Bäume nach 10 (Buche) und circa 15 Jahren (Tanne) einige Meter hoch, werden die Fichten gefällt. Mit dieser vorausschauenden Verjüngungsmethode wird auch laufend CO2 gebunden und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.
Anders verhält es sich an Stellen, wo zum Beispiel Fichten großflächig vom Borkenkäfer oder Stürmen geschädigt sind oder keine Naturverjüngung vorhanden ist. Dort wird dann komplett neu aufgeforstet. Hans Marz hofft hier auf das Anpassungspotenzial heimischer Baumarten an den Klimawandel, wozu für ihn außer Tannen und Buchen auch Traubeneiche, Bergahorn, Vogelkirsche, Esskastanie und die Elsbeere zählen. Aber bei der Auswahl der Bäume folgt Marz wie auch sonst immer den Empfehlungen des Revierförsters. Diese bauen auf den Ergebnissen der Boden-Standortskarte auf, die um einen Klimafaktor erweitert wurden.
Wichtig ist Marz außerdem, an manchen Stellen Totholzbäume stehen oder liegen zu lassen: Sie sind Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten und können auch den Wasserhaushalt und das Mikroklima im Wald verbessern. Ein anderes Detail sind die Waldsäume, also die Stellen, an denen Wald auf Flur trifft. An diesen Übergangsbereichen dürfen in Holzara niedrigerer Bewuchs und Sträucher stehen bleiben. Auch Birken, die in manchen anderen Wäldern geradezu als „Unkraut“ gelten, sind bei Marz willkommen
Hans Marz hat seit seiner Kindheit viel Zeit im Wald verbracht. Das wurde bei dem kurzweiligen und äußerst lehrreichen Ausflug in „seinen“ Wald deutlich. Es war praktischer Nachhilfeunterricht für das, was Nachhaltigkeit bedeutet. Bleibt nur zu erwähnen, was er selbst während der Führung nicht gesagt hat: Im Jahr 2017 wurde er für sein Engagement mit dem Bayerischen Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung ausgezeichnet.
Text: Karl-Georg Michel