Vor zwanzig Jahren zum Bischof geweiht: Bischof em. Viktor Josef Dammertz im Interview mit der Katholischen SonntagsZeitung
Am 30. Januar 1993 wurde der Benediktiner Viktor Josef Dammertz zum Augsburger Oberhirten geweiht. "Mit Furcht und Zittern" trat er sein Amt an. Im Ruhestand, den er bei den Benediktinerinnen im Kloster St. Alban in Diessen am Ammersee verbringt, blickt er auf die Schwierigkeiten, aber auch die schönen Erlebnisse dieser Zeit zurück. Barbara Lang von der Katholischen SonntagsZeitung hat mit ihm gesprochen:
Herr Bischof, vor 20 Jahren wurden Sie vom damaligen Metropoliten Friedrich Kardinal Wetter zum Bischof von Augsburg geweiht und traten damit eine über elfjährige Amtszeit an. Welche Gefühle begleiteten Sie damals?
Als der Apostolische Nuntius mir am Nachmittag des 22. Dezember 1992 telefonisch mitteilte, der Heilige Vater wolle mich zum Bischof von Augsburg ernennen, war ich wie aus allen Wolken gefallen. Spontan nannte ich dem Nuntius meine Bedenken: Ich habe keine Erfahrung in der Pfarrseelsorge; mit 63 ½ Jahren bin ich doch zu alt; ich bin kein Schwabe, kein Bayer. Der Nuntius ließ diese Einwände nicht gelten und riet mir, darüber auch mit Kardinal Wetter zu sprechen. Zur Mittagszeit des Heiligabends hatte sich das Domkapitel in der Marienkapelle des Doms versammelt, um mich als neu ernannten Bischof zu begrüßen. Ich erinnere mich, dass ich bei meiner Vorstellung bekannte, ich trete dieses Amt „mit Furcht und Zittern“ an (vgl. 1 Kor 2,3), weil diese Berufung mich so unerwartet und unvorbereitet treffe. Ich bat um vertrauensvolle und loyale Zusammenarbeit, die ich in den folgenden Jahren in reichem Maße erfahren durfte – nicht nur vom Domkapitel.
Vor welche Schwierigkeiten und Herausforderungen sahen Sie sich gestellt?
Da ich die letzten 15 Jahre als Abtprimas der Benediktiner im Ausland verbracht hatte, brauchte ich einige Zeit, um die pastorale Situation der Diözese kennenzulernen. In fast allen Gesprächen, die ich am Anfang meiner Amtszeit mit Priestern und Laien führte, wurde die Lage in Marienfried erwähnt; die einen lobten die dort geleistete Arbeit und setzten sich mit Nachdruck für eine Anerkennung der "Erscheinungen" ein, andere kritisierten, Marienfried sei ein Anlass zur Spaltung unter Priestern und Gläubigen. Ich setzte darum zunächst eine Kommission ein, für die ich sachkundige und vertrauenswürdige Priester gewinnen konnte, die nicht zu unserer Diözese gehörten. Sie gaben mir gute Ratschläge, wie eine segensreiche Seelsorge in Marienfried geleistet werden könne. Später beauftragte ich eine andere Kommission zu prüfen, wie die angeblichen "Erscheinungen" zu beurteilen seien. Bevor ich das Urteil bekanntgab, habe ich es dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, zur Begutachtung vorgelegt. Die damals durchgeführten Maßnahmen haben bald zu einer Beruhigung der Lage geführt. Als weiterer strittiger Punkt wurde immer wieder das Wirken von Pater Hönisch und seiner Katholischen Pfadfinderschaft Europas im Bistum erwähnt.
Welche Ereignisse sind Ihnen aus der Zeit als Augsburger Oberhirte in guter Erinnerung geblieben?
Ein Höhepunkt meiner Amtszeit als Bischof von Augsburg war zweifellos die Heiligsprechung der seligen Crescentia von Kaufbeuren am Christkönigsfest, dem 25. November 2001. Nicht nur den feierlichen Gottesdienst im Petersdom mit der Proklamation der Heiligsprechung, sondern auch die gemeinsame Zugfahrt nach Rom und den Vespergottesdienst in der Basilika St. Paul vor den Mauern habe ich heute noch in bester Erinnerung. Im Übrigen sind es nicht nur die großen Ereignisse, sondern auch viele Gottesdienste und Begegnungen in den Pfarrgemeinden, die mir in lebendiger Erinnerung bleiben.
Wie ist Ihnen der Übergang von der aktiven Zeit in den Ruhestand gelungen?
Es war ein gleitender Übergang. Weggefallen sind die vielen Sitzungen auf Bistums- und Bundesebene sowie die zahlreichen Gesprächstermine.
Aber ich habe in den Jahren seit meiner Emeritierung weiterhin in vielen Pfarrgemeinden das Sakrament der Firmung gespendet oder aus unterschiedlichen Anlässen Jubiläumsgottesdienste gefeiert.
In der Weihnachtsausgabe der Katholischen SonntagsZeitung berichteten wir über Ihre gesundheitlichen Probleme mit einem Auge. Wie geht es Ihnen jetzt?
Eine nennenswerte Besserung kann ich bisher leider nicht feststellen. Ich werde wohl auf Dauer auf die Sehkraft des rechten Auges verzichten müssen. Langsam gewöhne ich mich an die Einäugigkeit, die übrigens völlig schmerzfrei ist. Mit dieser Behinderung kann man als Ruheständler leben, solange das linke Auge zuverlässig seinen Dienst tut.
Zum Glück habe ich – auf ärztliches Anraten – schon seit dem Sommer meine Verpflichtungen stark reduziert. Vor einigen Monaten habe ich den Bischof gebeten, in Zukunft bei der Aufstellung des diözesanen Firmplans nicht mehr mit mir zu rechnen. Auch sonst werde ich in Zukunft nur noch wenige Termine annehmen können. Allerdings hoffe ich den Dienst als Hausgeistlicher der Schwestern von St. Alban weiter ausüben zu können.
Interview: Barbara Lang