Weltkirche heißt Lerngemeinschaft
„Ich danke Ihnen und Ihrem Vorgänger Prälat Eudenbach für das Gute, das die Diözese Augsburg für uns getan hat. Auch in Zukunft werden wir verbunden bleiben. Dem neuen Bischof wünsche ich Gottes Segen.“ Mit diesen herzlichen Worten verabschiedete der Bischof von Jasi Petru Gherghel den Augsburger Weltkirchenreferenten Prälat Bertram Meier. Zusammen mit Diakon Michael Klein, der als Chauffeur und Übersetzer dabei war, hielt sich der Domkapitular in Rumänien auf, um Projektpartner zu besuchen. Bischof Gherghel, der die Gäste in seinem Haus freundlich aufnahm, weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, in einer gottlosen Gesellschaft seinen Glauben zu bekennen. Mit 38 Jahren wurde er 1978 Apostolischer Administrator (Ordinarius) von Jasi, er konnte aber erst 1990 - nach dem Sturz des Kommunismus - durch den damaligen Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano die Bischofsweihe empfangen. Bischof Gherghel und Prälat Meier nutzten die Gelegenheit, sich über die Lage der katholischen Kirche in ihren Heimatländern auszutauschen. Sie waren sich einig, dass es bei der gegenseitigen Hilfe weniger um Geber- und Nehmerrollen geht, sondern um wechselseitigen Austausch: Die Kirche ist eine Lerngemeinschaft. Bischof Gherghel unterstrich die Stärken der Kirche in Deutschland, ihre Hilfsbereitschaft und das Engagement der Laien. Besonders bewundere er die Ministrantenarbeit, die er im vergangenen Jahr bei der internationalen Ministrantenwallfahrt nach Rom erlebt habe: „Die deutschen Ministranten sind Spitze,“ lobte der Bischof von Jasi und wünscht sich eine ähnlich lebendige Ministrantenarbeit in seinem Bistum. Prälat Meier zeigte sich beeindruckt von der Glaubenskraft und Treue vieler katholischen Christen in Rumänien: „Gerade in der Bedrängnis heißt es, zusammenzustehen und Profil zu zeigen. Manche Diskussion in Deutschland ist ein Schattengefecht. Das Wesentliche bleibt auf der Strecke.“
Dass diese Gedanken nicht nur schöne Worte sind, davon konnte sich Domkapitular Meier überzeugen, als er die Pfarrei Tomesti besuchte. Dort hat Pfarrer Pavel Chelaru eine neue Kirche mit Pfarrheim gebaut, die am 8. Mai dieses Jahres von Bischof Gherghel eingeweiht wurde. Prälat Meier zelebrierte in der neuen Pfarrkirche einen festlichen Gottesdienst, an dem auch der Bischofsvikar für Ordensleute und Berufungspastoral Msgr. Alois Fechel teilnahm. In seiner Predigt erinnerte Prälat Meier an den Zusammenhang zwischen geistlichem Leben und sozialem Engagement: „Mission braucht das Mysterium. Sonst wird das Pfarrleben zum bloßen Betrieb. Wer zu den Menschen geht, muss vorher zum Herrn kommen, sich an der Quelle der Sakramente stärken.“ Als Pfarrer Pavel dem Augsburger Domkapitular eröffnete, dass der neue Pfarrsaal von Tomesti den Namen von Prälat Meier tragen werde, zeigte sich dieser freudig überrascht, aber auch ein wenig verlegen: „Nicht mir gebührt diese Ehre“, räumte er sein, „sondern den vielen, die hinter mir stehen, vor allem die Wohltäter und Spender, die den finanziellen Beitrag der Diözese Augsburg ermöglichen.“
In Tomesti und in vielen Gemeinden von Rumänien gibt es noch viel zu tun. Besuche bei armen Familien, die in Hütten aus Wellblech hausen, zeigen: Die Not ist groß. Die Schere zwischen arm und reich geht weit auseinander. Doch die Kirche gibt nicht auf, sie steht auf der Seite der Armen und beißt sich durch. So konnten schon kleine stabile Häuser für Familien errichtet werden; außerdem gibt es im Pfarrheim eine Kleider- und Schuhausgabe, bei der gut erhaltene Ware angeboten wird, sowie eine medizinische Anlaufstelle. Das Netz der Caritas wird engmaschig geknüpft.
Weitere Stationen des Besuches waren die Schulbrüder von Johannes von La Salle, wo es zu einem frohen Wiedersehen kam mit Bruder Thomas, einem Ordensmann, der viele Jahre in Illertissen wirkte. Außerdem war Prälat Meier eingeladen, bei einem Taize-Treffen im Seminar, wo sich derzeit 125 (!) junge Männer von Bukarest und Jasi auf den Priesterberuf vorbereiten, einen geistlichen Impuls zu geben, den er dem Aufbau eines christlichen Europa widmete. Jedenfalls werden die Verbindungen zur rumänischen Diözese Jasi bleiben, wirkt doch der ehemalige dortige Caritas-Direktor Alexandru Cobzaru seit einigen Monaten als Pfarrer in Rohrbach, mitten im Kernland Altbayerns.