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Wichtiges
Interreligiöser Dialog

Woche der Brüderlichkeit: Regionalbischof Grabow ermutigt zum Selber Denken und Selber Glauben

19.03.2018

Mit einer Gemeinschaftsfeier im Hohen Dom und dem anschließenden Festakt im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses endete gestern die Woche der Brüderlichkeit. Sie stand heuer unter dem Motto "Angst überwinden – Brücken bauen". Die christlich-jüdische Gemeinschaftsfeier wurde geleitet von Bischof Dr. Konrad Zdarsa, dem evangelisch-lutherischen Regionalbischof Michael Grabow und dem Rabbiner Henry Brandt. Gemeinsam spendeten sie am Ende der Feier den aaronitischen Segen. Im Mittelpunkt stand dieses Jahr die Frage, wie die Ängste vor dem Fremden überwunden und ernst genommen werden können, um das neue Aufkeimen des Antisemitismus zu verhindern. Regionalbischof Grabow beklagte in seiner Predigt, "dass wir wieder Angst haben müssen: um unsere demokratische Kultur, um ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Religionen und Weltanschauungen, um unsere grundlegenden Rechte".

"Es ist unerträglich für mich, dass Menschen in unserem Land Angst haben, sich in manchen Stadtvierteln unserer Städte offen als Juden oder Jüdinnen zu erkennen zu geben. Es ist unerträglich für mich, dass jüdische Einrichtungen aus Angst vor Anschlägen unter Bewachung stehen müssen. Wobei ich es genauso unerträglich finde, dass derzeit Anschläge auf Moscheen verübt werden – von wem auch immer", so Regionalbischof Grabow. Er wolle jetzt zwar nicht nur Schwarz-Weiß-Malen, schließlich sei in den vergangenen Jahrzehnten vieles erreicht worden: eine stabile Demokratie, die Integration sehr vieler Menschen aus anderen Ländern und Kulturen, das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands. "Und die Woche der Brüderlichkeit ist ein leuchtendes Beispiel für das nachhaltig gewachsene und tief gegründete Vertrauen zwischen Juden und Nichtjuden in unserem Land." Aber dennoch habe sich etwas verändert und das könne Angst machen. Dabei hatte er besonders die Populisten im Blick: "Sie machen unsere Institutionen schlecht. Sie bewirtschaften Ängste. Und sie schüren Hass. Das muss man gemeinsam in Zukunft angehen. Gemeinsam mit Gott!"

Am Ende der Feier spendeten sie den aaronitischen Segen: Rabbiner Brandt auf Hebräisch, Bischof Konrad auf Lateinisch und Regionalbischof Grabow auf Deutsch.

In den Erfahrungen der Bibel und im Leben der Menschen würden Ängste durch einen offenen, von Liebe und Mut getragenen Gottesglauben überwunden, so der Regionalbischof. Deshalb gehe es für ihn in unserem Glauben und unserem Leben mit Blick auf „Angst" und „Angstüberwindung" darum, Mut zum Selber Denken und Selber Glauben zu entwickeln. Genau dies hätten unzählige Menschen in den letzten Jahrzehnten getan, die sich für Verständnis und Versöhnung eingesetzt haben. Das hätten unzählige Menschen getan, die an einem friedlichen Miteinander der Religionen und Kulturen geduldig gebaut und gearbeitet haben.

Die Woche der Brüderlichkeit wird seit 1952 in ganz Deutschland durch die Gesellschaften für die Christlich-Jüdische Zusammenarbeit veranstaltet und wurde zuletzt 2010 in Augsburg eröffnet. Sie hat das Ziel das Wissen von der historischen Schuld und der bleibenden Verantwortung angesichts der in Deutschland und Europa von Deutschen und in deutschem Namen betriebenen Vernichtung jüdischen Lebens immer wieder neu zu erinnern.