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Steingaden

875-jähriges Orts- und Klosterjubiläum

06.06.2022

Zum 875-jährigen Jubiläum des ehemaligen Prämonstratenser-Klosters in Steingaden, hat Bischof Dr. Bertram Meier ein Pontifikalamt im einstigen Welfenmünster, der heutigen Pfarrkirche, gefeiert. Am Gedenktag des heiligen Norbert, dem Ordensgründer der Prämonstratenser, rief er dazu auf, auch in dunklen Momenten auf die Macht Gottes zu vertrauen. „Christentum bedeutet Entscheidung“, betonte der Bischof.  

„In großer Dankbarkeit all jenen, die hier Arbeitskraft, theologischen Tiefsinn, reiche künstlerische Fähigkeiten und Spendenbereitschaft zur größeren Ehre Gottes einsetzten, um ein Gesamtkunstwerk von überregionaler Bedeutung zu schaffen, dürfen wir heute 875 Jahre Steingaden feiern“, richtete sich Bischof Bertram in seiner Predigt an die Festgemeinde. Trotz des akuten Kriegs in der Ukraine, der noch nicht überstandenen Corona-Pandemie sowie der verunsichernden Inflation und Teuerung dürfe gefeiert werden, lud er die Gläubigen mit Verweis auf den Theologen Dietrich Bonhoeffer zum Vertrauen auf Gott ein. „‘Christentum bedeutet Entscheidung‘ – Entscheidung dafür, bei allem, was uns an Freude und Leid wiederfährt, auf die Macht Gottes zu vertrauen“. Am Leben und Sterben Jesu sei abzulesen: „Gott bewahrt uns nicht vor Kreuz und Leid, sondern er hilft uns, es zu tragen“, sagte der Bischof und verwies auf Ölbergstunden, die wohl keinem Menschen und auch ihm persönlich, nicht erspart blieben. Doch gerade in diesen Momenten sei zu spüren: „Wer glaubt, ist nie allein“.

Der Glaube lebe von der Erinnerung und der Gemeinschaft, von Situationen, in denen man Nähe und Hilfe Gottes erfahren habe. „Norbert und alle, die in seine Lebensgemeinschaft, den Prämonstratenserorden eingetreten sind, die hier in Steingaden über Jahrhunderte ihre Berufung lebten, konnten Auskunft geben über die Hoffnung, die sie erfüllt hat (vgl.1 Petr 3,15), auch in schweren Zeiten von Krieg, Not und Zerstörung“, so Bischof Bertram.      

Trotz des Wissens darum, stets „von guten Mächten wunderbar geborgen“ zu sein, wie es der Theologe Bonhoeffer formuliert habe, sei Jesus einer, der seine Begleiter herausfordere und provoziere. Demgegenüber seien wir Menschen oft versucht, „ein ‚Christentum light‘ zu kreieren, die Botschaft Jesu zu verwässern, anzureichern mit fremden Geschmacksstoffen, damit sie sich besser schlucken lässt.“ Auch heute gebe es Tendenzen, „die eine Wohlfühlreligion favorisieren, eine Religionsharmonie als Essenz aus möglichst vielen Religionen und spirituellen Richtungen“. Menschen jedoch, die sich ihre Religion selbst zusammenzimmerten, würden an einem Götzen bauen, betonte der Bischof und erinnerte an die Goldene Regel, die als gemeinsame ethische Basis Schlüssel zu den Herzen aller Menschen sei.

Um die Lebensregel umsetzen zu können, bedürfe es jedoch Menschen, denen man trauen könne, so Bischof Bertram. „Wir brauchen Gemeinschaft – in der Familie, unter Freunden, aber eben auch in der Weggemeinschaft, in der wir als Glaubende unterwegs sind“, griff der Bischof das Stichwort „Synodalität“ auf und sein dahingehendes Vertrauen in den Heiligen Geist. Denn dort, wo Christinnen und Christen sich gemeinsam auf die Grundsätze des christlichen Glaubens ausrichten würden und im Umgang miteinander bezeugen, weise der Heilige Geist den Weg zu einer christlichen Erneuerung, so Bischof Bertram.

Das Kloster Steingaden wurde 1147 von Markgraf Welf VI., Sohn von Herzog Heinrich IX. von Bayern, als Prämonstratenser-Chorherrenstift sowie als Hauskloster und Grablege der Welfen gegründet. Die ersten Chorherren und der erste Abt stammten aus der Prämonstratenserabtei Rot an der Rot. 1176 erfolgte die Weihe der romanischen Klosterkirche, bevor die Abtei in den Jahren 1470 bis 1491 im Stil der Spätgotik umgestaltet wurde. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster im Stil des beginnenden Barock wiederaufgebaut, bevor das Kirchenschiff Mitte des 18. Jahrhunderts im Rokoko ausgestattet wurde. Im Zuge der Säkularisation wurde der Konvent und das Kloster aufgehoben. Während mehrere Klostergebäude zerstört wurden, wurde das Münster zur Pfarrkirche ernannt und blieb erhalten.