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Wichtiges
Predigt von Bischof Bertram Meier zur Wiedereröffnung der Kirche St. Blasius (Faimingen) nach Generalsanierung

„Es gibt keinen Führer außer Jesus Christus“

23.11.2025

Lieber Pfarrer de Blasi, liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst, liebe Schwestern und Brüder, das Evangelium stellt uns heute am Christkönigssonntag eine Szene vor Augen, die nicht recht zum heutigen freudigen Anlass der Wiedereröffnung dieses kleinen, aber überaus feinen Gotteshauses passen will. Und dennoch: die Tatsache, dass unser Herr Jesus Christus in einem kurzen Unrechtsprozess zum Tode verurteilt und ans Kreuz geschlagen wurde, gehört zum Kern unseres Glaubens und wir tun gut daran, diese Wahrheit nicht zu verschweigen, kleinzureden oder irgendwie „weichzuspülen“. Das Ärgernis des Kreuzes – es ist auch nach 2.000 Jahren noch ein Stachel im Fleisch. Gleichzeitig aber, wie wir es in jeder Eucharistiefeier nach der Wandlung beten, das Geheimnis des Glaubens: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“

Tun wir das wirklich – verkünden wir seinen Tod und preisen wir seine Auferstehung? Wenn ich mich hier in dieser frisch renovierten Kirche umsehe, dann meine ich: Ja, Sie, liebe Schwestern und Brüder, haben das getan und tun es noch – die Kirche St. Blasius ist der Beweis dafür. Sie haben sie nicht dem Verfall über­lassen, sondern alles daran gesetzt, dass das uralte Dorf Faimingen, der so geschichtsträchtige Ortsteil Lauingens, seine christliche Kirche behält. Sie haben verhindert, dass dieses Gotteshaus wie der nur wenige Meter entfernte römische Apollo-Grannus-Tempel nurmehr eine sehenswerte Ruine wird.

Solange unser Glaube lebendig ist, schafft er sich Räume zum Gebet, zum Empfang der Sakramente und immer wieder Zufluchtsorte der Stille und Besinnung. Daher ist es gut, gerade heute auf Christus, den König am Kreuz, unseren Erlöser, zu schauen, und ihm aufs Neue aus ganzem Herzen zu danken, dass er unsere Schuld auf sich genommen und uns das Tor zum Leben aufgestoßen hat.

Die Hoffnung auf solch einen Retter war im Volk Israel über viele Jahrhunderte wach: die Erwartung eines Messias, der von Gott geschickt wird und dem Unrecht ein Ende bereitet. Die Lesungen der Adventszeit, in die wir in wenigen Tagen wieder eintreten, erzählen davon. Auch in der heutigen Lesung aus dem 2. Buch Samuel begegnen wir dem Volk des Alten Bundes, das auf einen Herrscher hofft, der segensreich regieren wird. Das Volk sieht in David den von Gott legitimierten König und bringt ihm sein ganzes Vertrauen entgegen. Aber es zeigt sich: David ist bei all seinem Charisma, seinen militärischen und künstlerischen Fähigkeiten, auch „nur“ ein Mensch. Er lockt die schöne Bathseba in seinen Palast, lässt ihren Mann ermorden - wie so viele andere Könige vor und nach ihm wird er beherrscht von der Gier nach Macht. Doch im Volk bleibt die Sehnsucht lebendig - nach einem Herrscher aus dem Geschlecht David, der wie ein guter Hirt für sein Volk eintritt.

Der selige Bernhard Lichtenberg, Dompropst der Hedwigskathedrale in Berlin, antwortete nach seiner Verhaftung 1941 auf die Frage, wie er zum Führer Adolf Hitler stehe: „Ich habe keinen Führer außer Jesus Christus“. Persönliche Treue und Standhaftigkeit gerade in lebensgefährlichen Situationen lassen sich nicht einfach mit einem Fingerschnippen herbeizitieren. Sie sind die Frucht eines Lebens, das nicht auf menschliche Anerkennung und gesellschaftliche Macht aus ist, sondern sich für die Nachfolge des Gekreuzigten entschieden hat - bis zur letzten Konsequenz. Lichtenberg war sich bewusst, dass er das verbrecherische NS-Regime herausforderte, wenn er jeden Sonntag eine Fürbitte für die verfolgten Juden und nichtarischen Christen sprach. Doch er wusste auch, dass Schweigen schnell als Zustimmung gedeutet wird. Er war überzeugt: Es gibt keinen Führer außer Jesus Christus.

Ähnlich dachte wohl der rechte Schächer, wenn er, den sicheren Tod vor Augen, seinem Schicksalsgenossen ins Gewissen redet: „Nicht einmal Du fürchtest Gott? (…) Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten“, und dann die Bitte an Jesus richtet: „Denk an mich, wenn Du in dein Reich kommst!“ (Lk 23,40.42) Welch eine Verheißung wird ihm dafür zuteil! Der Apostel Paulus ist überzeugt: „Dankt dem Vater mit Freude! (…) Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes“ (Kol 1,12.13). Jetzt schon sind wir errettet: Wir müssen nur dem Wort Jesu trauen und den Sprung in den Glauben wagen! Vertrauen wir also diesen bekannten - und dem großen Heer der namenlosen - Zeugen, die sich in ihrem Leben mit dem Gekreuzigten solidarisierten.

Nicht zuletzt gehört ja auch der Patron dieser Kirche, einer der vierzehn Nothelfer, der heilige Bischof Blasius von Sebaste in Armenien, zu den vorbildlichen Märtyrern für den Glauben an Christus. Die gekreuzten Kerzen, mit denen wir an seinem Gedenktag gesegnet werden, rufen uns ins Gedächtnis: „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.“ Daher wünsche ich Ihnen allen: Freuen Sie sich an dieser schönen Kirche und halten Sie Christus die Treue!

Lesungstexte (Christkönigssonntag): 2 Sam 5,1-3; Kol 1,12-20; Lk 23,35b-43