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Wichtiges
Predigt anlässlich der Wiedereröffnung der Kapelle „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ (Eggelhof/Achsheim) am Samstag, den 25. März 2023

„Die Kirche soll marianischer werden!“

25.03.2023

Pünktlich um 15 Uhr haben wir uns hier in der Kapelle „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Eggelhof versammelt, um miteinander zu feiern. 15 Uhr: Jeder gläubige Christ horcht hier auf. 15 Uhr: eine Uhrzeit mit Symbolkraft: Es ist die Todesstunde unseres Herrn Jesus Christus, der sich aus Liebe zu uns demütigen und ans Kreuz schlagen ließ.

In dieser Situation voller Not und Verzweiflung, wer war da, um ihm beizustehen? Wer verließ ihn nicht? Es waren nicht viele – wir sehen es im Deckengemälde - darunter aber eine ganz entscheidende Person: Maria, seine Mutter. Sie ahnte wohl, dass dieser Tag kommen würde. Schon als junger Frau wurde ihr vom greisen Simeon geweissagt, dass ihr Sohn von vielen Seiten Widerspruch erfahren und ihre Seele alsbald ein Schwert durchdringen wird (vgl. Lk 2,35). Doch wir wollen heute keine Trauerfeier halten, sondern die Wiedereröffnung dieser schönen Kapelle feiern, die schon früh überregionale Bekanntheit erlangte und sich im Laufe der Zeit zu einer viel besuchten Wallfahrtsstätte entwickelte. Ursprünglich als kleine Holzkirche erbaut, bekam die „Eggelhof-Kapelle“ eine künstlerisch ansprechende Ausstattung. So dürfen wir uns erfreuen am Wallfahrtsbild der Pietà aus dem 16. Jahrhundert, an den Fresken von Johann Baptist Enderle mit den sieben Schmerzen und Marias Himmelfahrt sowie am vermutlich ältesten Barockaltar des Landkreises. Es ist wirklich ein Schmuckstück hier im Schmuttertal, am bayerisch-schwäbischen Jakobsweg zwischen Achsheim und Eisenbrechtshofen. Viele Pilgerinnen und Pilger kommen seit Jahrhunderten in dieses Gotteshaus, um zu beten und ihre Anliegen der Fürsprache Mariens anzuvertrauen. Zum Hochfest der Verkündigung des Herrn möchte ich ein paar Gedanken mit Ihnen teilen. Als Melodie greife den Text zum Lied „Maria, Mutter unseres Herrn“ von Marie Luise Thurmair auf, das im Gotteslob unter der Nummer 530 zu finden ist.

1. Verkündigung des Herrn

Dort heißt es in der dritten Strophe:

„So trat der Engel bei dir ein: ‚Gegrüßet seist du, Jungfrau rein.‘ ‚Ave Maria‘ singen wir, ‚sei benedeit, Gott ist mit dir‘.“ (Strophe 3)

Wie oft mögen diese Worte, die wir auch im Rosenkranz beten, schon in dieser Kapelle ihr Echo gefunden haben! Es geht um den Moment, der die Geschichte der Menschheit für immer veränderte: Ein Bote Gottes tritt auf und grüßt eine junge Frau aus Nazareth, die Maria heißt. Was für ein Schreck für Maria! Auch Mose und die Propheten erschraken, als der allmächtige Gott unerwartet in ihr Leben trat. Doch Gott will nicht, dass wir Angst vor ihm haben. „Fürchte dich nicht, Maria“, lässt er den Engel ausrichten, „denn du hast bei Gott Gnade gefunden“ (Lk 1,30). Gottes Wort will uns keine Angst einjagen. Im Gegenteil: Es will uns Mut machen, uns auf dem Weg des Glaubens bestärken. Dabei muss es nicht immer dramatisch zugehen; meist ist es eher eine leise Stimme im Inneren des Menschen, die Gottes Gegenwart spüren lässt. Ich frage Sie: Haben Sie so einen Moment schon einmal erlebt? Gab es eine Situation, in der auch Sie das Gefühl hatten, Gott möchte Ihnen ganz persönlich etwas sagen? Maria beginnt - nach dem anfänglichen Schrecken -  mit dem Engel Gabriel zu diskutieren. Geht es wirklich um mich? Bin ich es, zu dem Gott kommen will? Haben wir keine Angst davor, diese Fragen zu stellen und Gott unsere Zweifel vorzubringen. Orte wie die „Eggelhof-Kapelle“ laden uns ein, mit Gott in Beziehung zu treten. Nicht immer erhalten wir eine Antwort auf unsere Fragen. In jedem Fall aber dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott auch zu uns sagen will: „Fürchte dich nicht, Du bist mein geliebtes Kind.“ Maria kann es spüren. Sie hört auf die Worte des Engels und legt ihr ganzes Vertrauen in Gott. „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Lk 1,38) Es ist dieses JA zu Gottes Heilsplan, das sie für uns zum Vorbild des Glaubens werden ließ, zum „Stern der Frohen Botschaft“[1] und zur Mutter des Erlösers.

Das führt uns zur zweiten Strophe des Liedes.

2. Maria, Mutter des Herrn

„Ein Staunen die Natur erfasst, dass du den Herrn geboren hast, den Herrn und Schöpfer aller Welt, der dich erschaffen und erwählt.“ (Strophe 2)

Mehr als 700 Jahre vor Christus verkündet der Prophet Jesaja ein großes Zeichen, wie wir es in der ersten Lesung gehört haben: Eine Jungfrau wird einen Sohn gebären und ihm den Namen Immanuel geben (vgl. Jes 7,14). „Immanuel“, das bedeutet „Gott ist mit uns“. Wie wir wissen, wird Maria ihr Kind später Jesus nennen, was zunächst vielleicht irritierend erscheint. Das Handeln Jesu jedoch entspricht ganz dem Programm des Namens, den Jesaja verkündete, denn der Sohn Gottes kam in die Welt, um den Menschen ganz nahe und mit ihnen zu sein. Der Schöpfer selbst wurde ein Kind, um uns die Liebe Gottes gegenüber seinen Geschöpfen spüren zu lassen. Als Mutter wählte er sich jedoch keine Gelehrte oder gar eine hoch studierte Theologin, sondern eine einfache Frau aus dem Volk, die Gott im Herzen trug. Damit ist gemeint, offen zu sein für Gottes Wort, zugleich aber auch bereit wie Maria, selbst in schwierigen Zeiten treu zum Herrn zu stehen. Allzu oft sehen wir, dass Menschen sich gerne zum Glauben an Gott bekennen, solange es ihnen gut geht. Wehe aber, wenn der Weg steinig wird und die Sorgen der Welt uns niederdrücken. Leben heißt, dass wir alle früher oder später ein Kreuz aufgeladen bekommen. Wir stehen dann vor der Frage, ob wir Gott dafür Vorwürfe machen und uns im schlimmsten Fall sogar von ihm abwenden, oder seinem Beispiel folgen und manches ertragen im Vertrauen darauf, dass wir ein für alle Mal geheiligt und erlöst sind durch den Kreuzestod Jesu, wie Paulus es in seinem Brief an die Hebräer schrieb (vgl. Hebr 10,10). Nach unserem christlichen Glauben ist das Kreuz der entscheidende Punkt, an dem sich Himmel und Erde berühren. Am Kreuz entscheidet es sich, ob und wem wir glauben. Maria legte ein klares Statement ab: Mit Schmerzen stand sie unter dem Kreuz, an dem ihr Sohn hing, blickte ihm in die Augen und sprach in ihrem Herzen: Ich glaube an dich! Welch eine Kraft, welch ein Trost! Ich denke an der Stelle an die vielen Frauen in der Ukraine und in anderen Teilen der Welt, die momentan auch mit ansehen müssen, wie ihre Kinder sterben. Maria tröstet die vielen betrübten Frauen, die um ihre Söhne und Ehemänner im Krieg bangen. Die Mutter Jesu bestand ihre schwerste Prüfung unter dem Kreuz. Von Gott zur Himmelskönigin erhoben, wird sie für uns zur Hilfe der Christenheit, wovon wir in den beiden letzten Strophen des Liedes hören.

3. Maria, Hilfe der Christenheit

„Maria, Mutter unsres Herrn, o Himmelspfort, o Meeresstern, hilf der bedrängten Christenheit auf ihrem Wege durch die Zeit. O Mutter, reich an Güt und Huld, erbarme dich: Wir sind in Schuld. Steh du uns bei an Gottes Thron und zeig uns Jesus, deinen Sohn.“ (Strophe 1 und 4)

Wie Sie sicher mitbekommen haben, fand vor zwei Wochen der synodale Weg der Kirche in Deutschland sein vorläufiges Ende. Es waren intensive, teils auch sehr emotional geführte Debatten rund um die Frage, was es braucht, damit die Kirche zukunftsfähig bleibt. Bei allem Verständnis für den Wunsch vieler nach strukturellen Veränderungen hätte ich mir erhofft, dass wir mehr dem Beispiel Marias gefolgt wären, dass wir uns viel mehr auf das Wort Gottes konzentriert und uns um eine geistige Erneuerung unserer Kirche bemüht hätten. Schauen wir zurück auf den Anfang der Kirche! In der Zeit, als Maria und die Jünger nach dem Tode Jesu nicht mehr weiterwussten, was taten sie? Sie beteten gemeinsam um Gottes Geist. Ich bin überzeugt, der richtige Weg der Kirche kann nur im Blick auf Jesus und im intensiven Gebet zum Heiligen Geist gefunden werden. „Was ER euch sagt, das tut“ (Joh 2,5), lehrt uns Maria. In diesem Zusammenhang denke ich an ein Gebet, das der ehemalige Kreisheimatpfleger Alois Sailer vor einigen Jahren verfasst hat. Da heißt es: „Unsere Zeit hat die Mitte verloren. Sie weiß nicht mehr, wo Fortschritt endet und Rückschritt beginnt. Nur dein gekreuzigter und auferstandener Sohn hält unser armes Leben in seinen reichen Händen. Darum, schmerzhafte Mutter vom Eggelhof, rede du für uns mit Jesus, dem Erlöser der Schöpfung.“[2] Als Christen dürfen wir gewiss sein, dass Maria immer ein offenes Ohr für uns hat und in allen Anliegen bei ihrem Sohn für uns eintritt.

Am Ende meiner Predigt hege ich nur einen Wunsch: Wir müssen wieder marianischer werden; das heißt: bescheidener, demütiger, gottverbundener. Möge diese frisch sanierte Kapelle auch weiterhin eine Anlaufstelle für alle Menschen sein, die sich mit der Hilfe Mariens auf die Suche nach Gott begeben. Schmerzhafte Mutter vom Eggelhof, die wir heute mit der wiedergefundenen und renovierten Krone zu Ehren gekommen sind, sei du unsere Fürsprecherin, jetzt und in der Stunde unseres Todes! Amen.

[1] vgl. Weihegebet des Bistums Augsburg an die Muttergottes.

[2] Gebetsbildchen zur Eggelhof-Kapelle.