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Wichtiges
Herausforderungen aus christlich-sozialethischer Sicht

Vom Ende der Arbeit und ihrer Zukunft

07.12.2011

Die Erwerbsarbeit befindet sich in einer Krise. Befristete und geringfügige Arbeitsverhältnisse oder gar Leiharbeit prägen zunehmend die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Die abhängige Beschäftigung ist im Umbruch begriffen, an ihr hängt jedoch eine Vielzahl von wesentlichen Faktoren. So gibt sie den Beschäftigten Identität, sichert den Betroffenen ein hinreichendes Auskommen und stellt die Finanzierungsbasis der Sozialversicherungssysteme dar. Gute Arbeit, die neben einem Existenz sichernden Lohn auch Mitbestimmung, soziale Absicherung und eine förderliche Arbeitsatmosphäre umfasst, nimmt ab.

Nach christlichem Verständnis kommt dem Tätigsein eine besondere Bedeutung für die Identität des Menschen zu – der Mensch ist von Gott zur Arbeit berufen[1]. Er hat dadurch ganz wesentlich Anteil am Schöpfungshandeln Gottes. Er gestaltet die Welt durch sein Tätigsein mit und weiter – immer in der Rückbindung an seinen Schöpfer. Dieses Tätigsein umfasst aber weitere Bereiche als allein die Erwerbsarbeit. Auch die Familienarbeit oder die ehrenamtliche Arbeit in Vereinen und Verbänden ist konstitutiv für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft und bedarf daher besonderer Anerkennung[2].
Erst mit dieser Neubewertung aller Arbeitsbereiche gewinnen wir einen ganzheitlichen Arbeitsbegriff. Daraus entwickelt sich die Chance auf eine menschen- und familiengerechte Arbeitswelt. In diesem Zusammenhang gehört daher – wie es bereits das Gemeinsame Kirchenwort von 1997 angedeutet hat[3] – solidarisches Teilen der Erwerbsarbeit zu einer wichtigen Voraussetzung einer zukünftigen Arbeitswelt. So finden wir wieder zurück zu einer Arbeitswelt, die die Person in den Mittelpunkt rückt und nicht ausschließlich am Wachstum orientiert ist. Mit einem Weniger an Erwerbsarbeit und einem gleichzeitigen Mehr an anderen Tätigkeitsformen gewinnen wir ein Stück Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit. Die Katholische Kirche hat dabei in unseren Augen als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion zu erfüllen.

Wir fordern daher u.a. für die Gestaltung der Zukunft der Arbeit:

  • Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns als absolute Lohnuntergrenze

  • Stärkung der Tarifbindung als wichtiger Grundlage für sozialen Frieden

  • Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung

  • Anerkennung der Familienarbeit sowie der ehrenamtlichen Arbeit in den Zweigen
    der Sozialen Sicherungssysteme und in der Steuergesetzgebung

  • Einführung eines anteiligen Grundeinkommens, um die Vereinbarkeit
    der verschiedenen Tätigkeiten zu ermöglichen

  • Erweiterung der Finanzierungsbasis für die sozialen Sicherungssysteme,
    um den Faktor Arbeit zu entlasten

  • Gemeinsame arbeitsfreie Zeiten festlegen und schützen, insbesondere Sonn- und Feiertage

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: für Männer und Frauen, Festangestellte und Leiharbeiter,
    Vollzeit- und geringfügig Beschäftigte

Verabschiedet vom Vorstand
des Diözesanrats am 06.12.2011

 

[1] „Laborem exercens“ Kap.9 / Ziff. 3;

[2] Gemeinsames Kirchenwort 1997 - Nr. 176;

[3] Gemeinsames Kirchenwort 1997 - Nr. 172;

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„Was bedeutet das Wort „Würde“ auf die Arbeit angewandt? Es bedeutet eine Arbeit, die in jeder Gesellschaft Ausdruck der wesenseigenen Würde jedes Mannes und jeder Frau ist:

  • eine frei gewählte Arbeit, die die Arbeitnehmer, Männer und Frauen, wirksam an der Entwicklung ihrer Gemeinschaft teilhaben lässt;

  • eine Arbeit, die auf diese Weise den Arbeitern erlaubt, ohne jede Diskriminierung geachtet zu werden;

  • eine Arbeit, die es gestattet, die Bedürfnisse der Familie zu befriedigen und die Kinder zur Schule zu schicken,
    ohne dass diese selber gezwungen sind zu arbeiten;

  • eine Arbeit, die den Arbeitnehmern erlaubt, sich frei zu organisieren und ihre Stimme zu Gehör zu bringen;

  • eine Arbeit, die genügend Raum lässt, um die eigenen persönlichen, familiären und spirituellen Wurzeln wiederzufinden;

  • eine Arbeit, die den in die Rente eingetretenen Arbeitnehmern würdige Verhältnisse sichert.“

Papst Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in Veritate, 63