Gedenkfeier für Betroffene von Missbrauch und Gewalt
Eine schmerzvolle Atmosphäre des Leids und der Stille, des Gedenkens und Gebets war an diesem Freitagabend in der Augsburger Moritzkirche prägend. Bei einer Andacht für die Opfer von Missbrauch und Gewalt wurde an erlittenes Unrecht erinnert und Betroffenen ein Raum eröffnet, ihrem Leid Ausdruck zu verleihen. Organisiert wurde die Feier vom „Unabhängigen Betroffenenbeirat im Bistum Augsburg“ (UBBA). Generalvikar Msgr. Dr. Wolfang Hacker, der der Feier vorstand, wandte sich mit großem Dank und Respekt an die Mitglieder des Gremiums und hob die wichtige Bedeutung ihrer Arbeit für alle Betroffenen hervor.
„Die Gedenkfeier soll Anlass sein, für alle Betroffenen von Missbrauch und Gewalt zu beten und unsere Solidarität mit Ihnen zum Ausdruck zu bringen. Mit großem Schmerz nehmen wir die erlittenen Gewalttaten in unser heutiges Gebet mit hinein“, bedankte sich der Generalvikar bei allen Betroffenen und Gläubigen, die der Einladung zur Andacht in der Moritzkirche gefolgt waren.
In den vergangenen Jahren seien zahlreiche Studien von den einzelnen Bistümern in Auftrag gegeben worden, "mit vielen Daten, Fakten und Statistiken“, stellte der Generalvikar in seiner Predigt fest. Diese seien meistens abstrakt und gesichtslos. „Eine neue Dimension bringen hier die Betroffenenbeiräte in unsere Diözesen. Denn sie verleihen diesen Zahlen ein lebendiges Gesicht.“ Der Beirat mache es sich zum Auftrag, allen Opfern zu helfen und sie zu unterstützen. „Dies ist eine sehr schwierige Aufgabe, für die es sehr viel Feingefühl braucht. Dafür sage ich mit vollem Respekt, Danke“. Gleichzeitig, so Hacker, würden wir dadurch ermutigt, mehr Achtsamkeit zu zeigen. "Das Ziel muss immer sein, Kinder und Menschen vor falschen Tätern zu schützen."
Am brennenden Dornbusch im Alten Testament habe Gott ein wunderbares Zeugnis gegeben. „Er hat das Klagen seines Volkes gehört, greift ein und führt sein Volk in die Freiheit“, rief er den Besuchern der Andacht als ermutigendes Zeichen entgegen: „Wir versammeln uns heute nicht nur in der schmerzhaften Art des Zurückblickens, sondern in der Hoffnung auf Gott, der in die Freiheit führt“, so der Generalvikar.
Nach einem Wechselgebet, in welchem die Vertreter des Betroffenenbeirats ihre Bitten zu Gott brachten, überreichte der Sprecher des UBBA, Friedrich Braun, dem Generalvikar einen neu erstellten Flyer. Der Handzettel, in welchem der Betroffenenbeirat sich und seine Aufgabenbereiche vorstellt, wurde in einer Auflage von 30.000 Stück produziert und wird nun in den Pfarreien des Bistums verteilt. „Möglichst viele Menschen, Gläubige und solche, die der Kirche nicht mehr nahestehen, sollen erfahren können, dass es Hilfe für Missbrauchsopfer gibt und dass wir uns Mühe geben, vergangenes Unrecht aufzuarbeiten und präventiv Kinder und Jugendliche vor Missbrauch schützen wollen“, so Braun gegenüber dem Generalvikar.
Die Andacht an diesem Freitag abzuhalten sei dabei kein Zufall gewesen. Papst Franziskus habe vor einigen Jahren dazu aufgerufen, einen Gedenktag rund um den 18. November abzuhalten, der als „Europäischer Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ eingerichtet worden sei. „Für uns als Betroffenenbeirat war dies der Anlass, eine Gedenkfeier zu organisieren“, betonte der Sprecher und sprach auch über das gewünschte Ziel der Veranstaltung: „Wir möchten mit der Andacht den Gedenktag mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken und darauf aufmerksam machen, dass es uns als Betroffenenbeirat gibt.“ Opfer von Gewalt und Missbrauch sollten sehen, hier gibt es eine Anlaufstelle, Hilfe und Unterstützung.
Der Betroffenenbeirat verband den Wortgottesdienst schließlich auch damit, kirchliche und außerkirchliche Hilfeeinrichtungen für Opfer von Missbrauch und Gewalt vorzustellen. Neben der „Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“, für die dessen Vorsitzender, Hubert Paul, sprach, gaben die diözesanen Ansprechpersonen für Fälle sexuellen Missbrauchs und Gewalt Einblicke in ihre Beratungstätigkeit. Vertreten wurden sie von Dr. Andreas Hatzung sowie Caroline Hoff von psychologischer Seite her. Maßnahmen um sexualisierte Gewalt zu verhindern und vorzubeugen, stellte Silvia Bauer von der diözesanen Koordinationsstelle für Prävention vor.
Neben dem Traumahilfenetzwerk wurde darüber hinaus auf neutrale Hilfs- und Unterstützungsangebote aufmerksam gemacht: So wiesen „Via“, „Wildwasser“ sowie der „Kinderschutzbund“ mittels Flyer auf Kontaktmöglichkeiten und Hilfen in ihren Bereichen hin.
Stimmungsvoll untermalt wurde die Gedenkfeier von der Musikgruppe „Marcantuli“ unter der Leitung von Dr. Peter Frasch.
Nicht nur in der Augsburger Moritzkirche wurde heute der Opfer von Missbrauch gedacht. Auch Pfarreien und Gemeinschaften im Bistum Augsburg waren dazu eingeladen, einen Gedenktag vor Ort mit einer Kreuzfeier oder gestalteten Gebetszeiten zu begehen.
Der Betroffenenbeirat
Der Unabhängige Betroffenenbeirat im Bistum Augsburg versteht sich als Interessensvertretung von Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Aufgabe des vierköpfigen Gremiums ist es, die Diözese Augsburg in ihren Aktivitäten rund um das Thema Missbrauch und Prävention konstruktiv und kritisch zu begleiten sowie Opfern eine Stimme zu geben. Der Betroffenenbeirat arbeitet unabhängig und ist mit zwei Vertretern in der „Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“ vertreten.
Die „Unabhängige Aufarbeitungskommission“ sowie der „Unabhängige Betroffenenbeirat“ sind ab sofort auf einer neuen, gemeinsamen Internetplattform zu erreichen (https://aufarbeitungskommission-augsburg.info). Neben Informationen über die Arbeit und Aufgaben der beiden Gremien finden Sie dort auch die jeweiligen Ansprechpartner in Fällen von sexuellem Missbrauch und körperlicher Gewalt. Weitere Informationen rund um das Thema Missbrauch und Prävention gibt es auch auf der Bistumsseite: www.bistum-augsburg.de/missbrauch