Thomaschristen feiern Gottesdienst in St. Ulrich
Vier Millionen Menschen gehören der Syro-malabarischen Kirche aus Indien an. Auch im Bistum Augsburg leben zahlreiche Priester und Gläubige. In einem feierlichen Gottesdienst in der Syro-malabarischen Liturgie in St. Ulrich und Afra hat Bischof Bertram am Sonntagabend als Prediger betont, dass Priester „Schafe und Hirten zugleich“ sein müssten.
In dieser Doppelfunktion lägen „Gefahr und Chance“ zugleich, so der Bischof weiter: „Gefahr, weil sich aufgrund unserer Priesterweihe die Dienstbereitschaft mit dem Gefühl, etwas Besseres zu sein, mischen könnte und Chance, weil wir unser Leben ganz Christus und seinem Evangelium geweiht haben – wir sind ‚frei für Christus‘!“ Im priesterlichen Dienst seien „persönliche Standortbestimmungen“ eine immer wieder neu gebrauchte heilsame Erfahrung – sowohl in Bezug auf das eigene Wirken als auch die letztendliche Vergänglichkeit des eigenen Seins.
In einer Zeit, in der liebgewordene Gewohnheiten und angebliche Selbstverständlichkeiten sich als „einseitig und unbeständig“ oder gar als falsch erweisen, müssten auch Priester immer weiter den dazulernen, den Dialog suchen und damit ihrem Auftrag der Wahrheitssuche nachgehen: „Es sind nicht die Weihe, nicht die Funktion und die äußeren Insignien, liebe Mitbrüder, auf die es im Angesicht Gottes ankommt, sondern die Rechtschaffenheit und Lauterkeit des Herzens. Danach hat der hl. Ulrich gelebt und damit uns ein Vorbild gegeben.“
Im Rahmen des Ulrichjubiläums hatte Bischof Bertram die Gläubigen des Syrisch-malabarischen Ritus zu einem Gottesdienst am Christkönigssonntag an das Grab des Bistumspatrons eingeladen. Hauptzelebrant war der Memminger Stadtpfarrer P. Joshy Palakunnel OPraem, begleitet wurde er von über 30 Mitbrüdern, darunter auch Pfarrer Babu Pereppadan aus der Pfarreiengemeinschaft Aindling, der auch für die Ausbildung der ausländischen Priester im Bistum zuständig ist. Ein Projektchor, bestehend aus indischen Priestern und Ordensschwestern hatte die Messe musikalisch begleitet. Nach dem Gottesdienst fand im Pfarrsaal der Ulrichspfarrei eine Begegnung zwischen den rund 200 Gottesdienstteilnehmern und dem Bischof statt.
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Die in Indien ansässige Syro-malabarische Kirche geht in ihrem Ursprung auf das Wirken des Apostels Thomas zurück. Mit über vier Millionen Mitgliedern, die auch als „Thomaschristen“ bezeichnet werden, ist sie die zweitgrößte der mit Rom unierten Ostkirchen. An ihrer Spitze steht ein Großerzbischof mit Sitz im südindischen Kochi (Kerala). Obwohl ihr Ursprung in Indien liegt, ist sie heute auch in Amerika und Europa in bescheidenem Umfang verbreitet.
Die Heilige Messe wird in diesem ostkirchlichen Ritus als Qurbana (Heiliges Opfer) bezeichnet. Im Gottesdienst spielen verschiedene Dialoge eine wichtige Rolle. Messdiener fungieren als Vermittler zwischen Altar und Gemeinde und tragen auch Texte und Anweisungen vor. Vor allem Eröffnungs- und Eucharistieteil unterscheiden sich vom lateinischen Ritus. So wird das Vater unser bereits zu Beginn, das Credo als Teil des Hochgebetes gesprochen. Zahlreiche Hymnen und Fürbitten ergänzen die Liturgie. Wie in allen ostkirchlichen Liturgien ist die Verehrung des Heiligen Geistes zentral. Liturgiesprache war bis 1962 das Syrische, seitdem kommt Malayalam, die Sprache des Bundesstaates Kerala (auch genannt Malabar) zur Anwendung.