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Wichtiges
Sachausschuss "Ökumene und interreligiöser Dialog"

Der ökumenische Gesprächskreis auf Pfarreiebene - ein Interview

05.08.2015

Der Sachausschuss „Ökumene und interreligiöser Dialog“ des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg plant, in lockerer Folge verschiedene ökumenische Initiativen vorzustellen. Sie sollen als Impuls dienen, um in der eigenen Gemeinde Begeisterung zu wecken für ökumenische Aktivitäten.

In der ersten Vorstellung geht es um den Ökumenischen Gesprächskreis in Penzberg. Dazu wurde Frau Prof. Dr. Ursula Mosebach von Frau Ulrike Rath vom Sachausschuss Ökumene interviewt.

 

Frau Dr. Mosebach, Sie leiten zusammen mit Ihrem Mann den Ökumenischen Arbeitskreis in Penzberg. Können Sie uns erzählen, was für Sie der Antrieb und der ausschlaggebende Impuls zur Gründung waren und wie Sie in die Planung eingestiegen sind?

In einem Protokoll des Pfarrgemeinderats aus dem Jahr 1990 wurde der Beschluss dokumentiert, zusammen mit dem evang. Kirchenvorstand in Penzberg Möglichkeiten der ökumenischen Zusammenarbeit zu sondieren und einen gemeinsamen Ausschuss zur Aufarbeitung ökumenischer Sachthemen zu bilden. Erste Initiativen waren der ökumenische Besuchsdienst im Krankenhaus, ein Bastelkreis und die Kooperation der beiden Kirchenchöre. Vor ca. 18 Jahren, so berichtet Ingrid Gühring, unsere Vorgängerin im Amt, wurden im Pfarrgemeinderat und im evang. Kirchenvorstand jeweils ein Ansprechpartner benannt, die auch die beiden kath. Pfarrer und den evang. Pfarrer für die gemeinsamen Aktionen gewinnen sollten. Daraus bildete sich der Ökumenische Arbeitskreis. Zunächst wurden im Jahr zwei bis drei ökumenische Gottesdienste gefeiert, die von Anfang an hohen Zuspruch fanden.

Ich selbst arbeite seit 12 Jahren im Ökumenischen Arbeitskreis mit. Nach der Wahl des Pfarrgemeinderats im letzten Jahr wurde meinem Mann, der Mitglied im evang. Kirchenvorstand ist, und mir die Leitung angeboten. Da wir beide in einer konfessionsverbindenden Ehe leben, ist dieses Amt für uns sehr stimmig.

 

Wie haben Sie geeignete Partner gefunden, die Ihre Begeisterung teilten? Wie viele Teilnehmer sind es, aus welchen Konfessionen kommen sie?

Der Ökumenische Arbeitskreis besteht derzeit aus 12 Mitgliedern (7 evang. und 5 kath., davon mehrere, die in einer konfessionsverbindenden Ehe leben) und dazu der kath. Pfarrer und einer der drei evang. Pfarrer/innen. Jedes Gemeindemitglied, das Interesse hat, kann bei uns mitarbeiten.

 

Wie läuft ein Treffen bei Ihnen ab? Wer sucht die Themen und den Ort des Treffens aus?

Die Treffen finden ca. drei Mal im Jahr abwechselnd in den Räumen der evang. Gemeinde und der kath. Pfarrei in einer freundschaftlichen Atmosphäre statt. Es beginnt mit einem geistlichen Impuls, den abwechselnd ein Mitglied vorbereitet. Es folgen ein Rückblick auf die vergangenen Veranstaltungen, die Planung neuer Veranstaltungen und Terminabsprachen. Meist wird ein Sachthema diskutiert, das beim vorausgehenden Treffen von allen beschlossen und von einem Mitglied vorbereitet wird. In den vergangenen Jahren haben wir uns z.B. mit der Charta Oecumenica beschäftigt, mit Martin Luther und der kath. Heiligenverehrung, dem Islam, dem Judentum, gemeinsamem Bibelteilen, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) oder auch mit anderen christlichen Religionsgemeinschaften wie den Siebenten-Tags-Adventisten oder der Neuapostolischen Kirche.

Am Ende der Treffen fassen wir uns zu einem gemeinsamen Vaterunser an den Händen.

 

Haben Sie auch Veranstaltungen durchgeführt, zu denen Außenstehende eingeladen wurden? Wie war darauf die Resonanz?

Hier gibt es eine ganze Menge von Veranstaltungen zu nennen: Gerne erinnere ich mich an die ökumenische Segensfeier für Jubelpaare zum Valentinstag im letzten Jahr, an die ökumenischen Gottesdienste der „Spaßvögel“ – eine Kontaktgruppe für geistig behinderte und nichtbehinderte Menschen, an die ökumenischen Ausflüge zusammen mit dem Pfarrgemeinderat, der Kirchenverwaltung und dem evang. Kirchenvorstand, oder die gemeinsame Eröffnung der Misereor Aktion im Jahr 2009 zum Thema „Gottes Schöpfung bewahren, damit alle leben können.“

Jugendfreizeiten, Glaubenskurse wie „Christsein im Alltag“ oder „Zeit für Stille“, die Weltgebetstage oder die jährliche „Andacht für Sternenkinder“ auf dem Friedhof oder die Schulanfangsgottesdienste finden alle in ökumenischer Kooperation statt. Daneben sind in den letzten Jahren weitere soziale Dienste in ökumenischer Trägerschaft entstanden wie die Penzberger Tafel, die Nachbarschaftshilfe oder das mittlerweile interreligiöse Umweltteam.

Eine Besonderheit in Penzberg ist die gewachsene freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem islamischen Forum. Nach dem 11. September 2001 fand in Penzberg im Rahmen der Aktion für Toleranz mitten in der Stadt ein beeindruckendes Friedensgebet mit dem katholischen und evangelischem Pfarrer und dem Imam statt. Es folgten Einladungen und Gespräche über die Gemeinsamkeiten und Herausforderungen zwischen Christen und Muslimen abwechselnd in den Pfarreien und der Moschee statt. Unvergessen sind die interreligiösen Studienfahrten nach Bosnien-Herzegowina, Assisi und in diesem Jahr auf „Luthers Spuren“ nach Thüringen.

Selbst Einweihungs- und Segnungsfeiern finden in guter interreligiöser Kooperation der Imame und kath. und evang. Pfarrer statt.

 

Was können Sie engagierten Christen für Tipps geben, die an Ökumene interessiert sind und noch keine eigenen Erfahrungen haben?

Eine gute Gelegenheit sich näherzukommen ist die gegenseitige Einladung zu Festen oder zum Besuch von Gottesdiensten. Wir haben vor einigen Jahren z.B. unter dem Motto „Zusammenarbeit im Geist des Evangeliums“ in unseren Kirchen Plakate aufgehängt, auf denen wir über die jeweiligen Gottesdienste und Aktivitäten der anderen Gemeinde informieren.

Es macht auch Sinn, Termine zu koordinieren und Veranstaltungen gemeinsam zu bewerben, um sich nicht unnötig Konkurrenz zu machen.

In Penzberg ist die ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit auf Initiative von Laien entstanden, aber ohne die freundschaftliche Kooperation der katholischen und evangelischen Pfarrer und der Imame und das gemeinsame Miteinander auf Augenhöhe wären wir nicht dort, wo wir in unserer Stadt heute stehen.

Neue Herausforderungen wie z.B. die Betreuung der Asylbewerber warten schon.

 

Frau Dr. Mosebach, ich danke Ihnen für Ihre offenen und aufschlussreichen Antworten.

 

Das Interview finden Sie hier auch als pdf: