"Dieser Raum predigt"
Die 1960 gebaute Pfarrkirche St. Paulus in Leipheim konnte vor einiger Zeit den 60. Jahrestag ihrer Kirchweih feiern und hat nun auch eine umfassende Generalsanierung abgeschlossen. Im Festgottesdienst zur Fertigstellung der Sanierung betonte Bischof Bertram am Samstag die wichtige Rolle des Kirchenpatrons in der Geschichte des Christentums – und sprach darüber, wie auch ein Kirchenraum als Predigt verstanden werden kann.
Paulus, dessen Bekehrung die Kirche nur wenige Tage zuvor am 25. Januar gefeiert hatte, sei zunächst unter dem Namen „Saulus“ ein „religiöser Fanatiker“ geworden, für den die Botschaft von Christi Sieg über Sünde und Tod nicht hinnehmbar gewesen sei: „ein No-Go!“ Seine sprichwörtlich gewordene Wandlung vom Saulus zum Paulus sei wiederum aber nicht Frucht intensiven Nachdenkes gewesen, „sondern Ergebnis der unmittelbaren Erfahrung Gottes, Resultat der Begegnung mit Christus selbst.“ Vom Licht Christi geblendet, habe Paulus paradoxerweise alles in einem neuen Licht gesehen: „Er, der Christus und seine Kirche verfolgte, wie er selbst bekennt, folgt ihm nun nach.“
Genau diese Botschaft strahle auch der „lichte Kirchenraum“ von St. Paulus in Leipheim nach der Renovierung aus. „Kirchenraum und Glaubensbotschaft gehen Hand in Hand. Dieser Raum predigt: Lassen wir Christus, das Licht, in unsere Herzen ein!“, so der Bischof. Der Kirchenpatron sei zu einem leidenschaftlichen „Botschafter des Evangeliums“ geworden, dessen Leben und Wirken auch Vorbild und Inspiration für Christen heute sein könne. Doch habe sich der gelernte Zeltmacher und „Apostel durch Gottes Willen“ auch als brillanter Theologe entpuppt: „Ohne ihn, ohne seinen missionarischen Eifer und seine theologische Kompetenz hätte der „neue Weg“ vermutlich in eine „Sackgasse“ geführt.“
„So steht Saulus-Paulus heute vor uns: das religiöse Genie, der Völkerapostel, der missionarische Jünger. Ihm verdanken wir, dass das Christentum territoriale und denkerische Grenzen überschreiten konnte.“ Er habe als einer der Ersten verstanden, dass die Kirche missionarisch denken und sein müsse und stattdessen nur in ihrem Bezug zur Welt ihrer Sendung gerecht werde. Weder Weltflucht noch Weltsucht dürfe sich einstellen, nicht weltfremd und auch nicht weltvergessen dürfe die Kirche sein. Stattdessen solle sie „als Salz und Sauerteig in der Welt zu wirken, ihr das Licht der Welt Christus anzubieten.“
Auch Paulus habe bereits mit den anderen Urchristen über das richtige Verständnis von Kirche diskutieren, bisweilen sogar streiten müssen, betonte Bischof Bertram abschließend. Dieser Streit bewege in anderer Form auch die Kirche heutzutage, doch seien die Konflikte tief und der Umgangston oft rau und roh. Umso schöner sei es, dass der Kirchenraum von St. Paulus den Leipheimern offenkundig so wichtig sei: „Eine Gemeinde braucht einen Identifikationspunkt, an dem sie zusammenkommt, um ihren Glauben miteinander zu bekennen und zu feiern. Von dieser Quelle aus gestärkt, werden wir eine missionarische Kirche. So folgt der äußeren Renovierung die geistliche Runderneuerung.“ Der heilige Paulus sei ein kraftvoller Fürsprecher, der die Menschen inspirieren möge, dass das Licht Christi „hier in Leipheim durch Sie zum Leuchten kommt.“
Im Anschluss an den Gottesdienst in der vollbesetzten Kirche, der durch zwei Chöre, zahlreiche Fahnenabordnungen und eine große Anzahl an engagierten Gemeindemitgliedern mitgestaltet worden war, trug sich Bischof Dr. Bertram Meier in das Goldene Buch der Stadt ein.
Die Pfarrgemeinde in Leipheim weihte 1960 ihre Pfarrkirche ein, und feierte im Herbst 2020 deren 60-jähriges Jubiläum. Nach einer Kirchturmrenovierung vor zehn Jahren begann 2021 eine grundlegende Generalsanierung, die durch diözesane Mittel, einen Zuschuss der Gemeinde sowie die große Spendenbereitschaft der Leipheimer finanziert werden konnte. Insgesamt wurden 300.000€ bereitgestellt für die Sanierung des Mauerwerks, die Erneuerung der Stahlbetonbauteile und die Auffrischung der Malereien und Fresken im Innenraum des Gotteshauses.