Drei Kirchenlehrer und drei biblische Geschwister bekommen Gedenktage
Der liturgische Heiligenkalender wurde erweitert
Heute wird erstmals der neue Gedenktag der drei biblischen Geschwister Marta, Maria und Lazarus gefeiert. Papst Franziskus hat den liturgischen Kalender der Weltkirche erweitert. Außerdem sind drei Kirchenlehrer hinzugekommen: der hl. Abt Gregor von Narek und der hl. Priester Johannes von Ávila sowie die hl. Äbtissin Hildegard von Bingen, die bisher nur im deutschen Regionalkalender stand.
Der Papst hat am 25. Januar 2021 mehrere Kirchenlehrer in den Römischen Generalkalender aufgenommen. Das bedeutet, dass diese Heiligen nun weltweit an ihrem Gedenktag im kirchlichen Stundengebet und in der heiligen Messe gefeiert werden können. Es handelt sich um "nichtgebotene Gedenktage", das ist die unterste Stufe im liturgischen Rang (danach folgen noch "gebotene Gedenktage", "Feste" sowie "Hochfeste").
Am 27. Februar wird künftig der hl. Gregor von Narek (951–1003) liturgisch gefeiert. Er war ein armenischer Mönch, Mystiker und Schriftsteller aus dem Königreich Vaspurakan. Er kannte sich sowohl in den griechischen Wissenschaften als auch in der armenischen Literatur aus und verfasste religiöse Schriften, die aus mystischem Erleben schöpften, zum Beispiel eine Interpretation des Hohen Liedes. Er vertrat die Ansicht, das wahre Ziel des Lebens sei, mit Gottes Wesen zu verschmelzen. Der Priester und Abt war auch von der Liebe zur Gottesmutter erfüllt. Neben anderen ist er einer der Väter der armenischen Liturgie. Sein Hauptwerk, das Buch der Klagelieder (Kurzname: Narek), gilt als herausragendes Werk mittelalterlicher armenischer Dichtkunst. Papst Franziskus erhob Gregor von Narek bei den Feiern zum Gedenken an den Völkermord an den Armeniern am 12. April 2015 zum 36. Kirchenlehrer. Die Verbindung von Heiligkeit und Einsicht ins Göttliche und Menschliche leuchtet in besonderer Weise in denen auf, die mit dem Titel eines Kirchenlehrers oder einer Kirchenlehrerin ausgezeichnet wurden. Diese Jünger der göttlichen Weisheit sind zugleich Lehrer der Weisheit für die ganze Kirche.
Am 10. Mai feiert die Kirche jetzt den Gedenktag des hl. Johannes von Ávila (1499/1500–1569). Er war Prediger und Volksmissionar in Andalusien sowie Autor mehrerer Schriften, in denen er sich mit der Verehrung des Allerheiligsten Altarsakramentes, mit Fragen der Erziehung und mit dem Zölibat befasste. In seinem Hauptwerk „Audi, Filia" (Höre, Tochter) beschäftigte er sich mit Fragen der christlichen Vervollkommnung. Er gründete 15 Kollegien, die später zu Gymnasien bzw. mindestens drei von ihnen zu Universitäten wurden, u.a. die Universität von Baeza. Sein Wirken in Andalusien brachte ihm den Beinamen „Apostel von Andalusien" ein. Er verfasste eine Schrift für das Konzil von Trient und beteiligte sich maßgeblich an der Durchsetzung der Trienter Beschlüsse in Spanien. Mit Teresa von Ávila, Johannes von Gott und Ignatius von Loyola stand er in Korrespondenz.
Weltweit wird der 17. September nun als Gedenktag der hl. Hildegard von Bingen (1098–1179) begangen. Bereits zu Lebzeiten wurde sie wie eine Heilige verehrt. Sie war Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin sowie eine bedeutende Universalgelehrte und gilt als erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters. Am 10. Mai 2012 dehnte Papst Benedikt XVI. die Erlaubnis zu ihrer Verehrung auf die ganze Kirche aus. Am 7. Oktober 2012 folgte ihre Erhebung zur Kirchenlehrerin, die sie zur Lehrerin der göttlichen Weisheit für die ganze Kirche macht.
Besonderes Augenmerk verdient die Erweiterung des gebotenen Gedenktages der hl. Marta. Bislang stand sie sozusagen liturgisch allein am 29. Juli im Zentrum der Liturgie. Nun trägt der Papst dem Umstand Rechnung, dass alle drei Geschwister in der Bibel als Freunde Jesu ausgewiesen werden (vgl. Joh 11,19–27; Lk 10,38–42), indem er Marta, Maria und Lazarus einen gemeinsamen liturgischen Gedenktag am 29. Juli zuweist. Jesus erlebte im Haus von Betanien Familiensinn und die Freundschaft von Marta, Maria und Lazarus. Marta nahm ihn in Gastfreundschaft großzügig auf, Maria hörte aufmerksam sein Wort, und "Lazarus stieg auf den Befehl dessen, der den Tod erniedrigt hatte, sogleich aus dem Grab". Im Blick auf das wichtige Zeugnis für das Evangelium, das diese drei heiligen Geschwister gaben, hat Papst Franziskus mit Dekret der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung v. 26.01.2021 (Prot. N. 35/21) festgelegt, dass am 29. Juli die Feier der heiligen Marta, Maria und Lazarus als gebotener Gedenktag in den Römischen Generalkalender eingefügt wird.
Die sich daraus resultierenden Änderungen der liturgischen Kalenderordnung finden sich hier:
Die entsprechenden Dekrete und vollständigen liturgischen Texte finden sich hier.
Dr. Peter C. Düren