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Wichtiges
Leonhardifest in Kaufering

Ein Kettenheiliger, der für Freiheit steht

06.11.2022

Bischof Bertram hat am Sonntag das Leonhardifest in seiner Heimatgemeinde Kaufering gefeiert. Gemeinsam mit zahlreichen Menschen aus dem Ort feierte er zunächst den Gottesdienst in der dem Bauernheiligen geweihten Wallfahrtskapelle des Ortes, bevor er anschließend an den traditionellen Leonhardiritt durch die Lechraingemeinde die Pferde und Wägen feierlich segnete.

Die Leonhardskirche in Kaufering ist seit einer umfassenden Sanierung Mitte der Siebzigerjahre, an der trotz seines evangelischen Glaubens auch der Vater des Bischofs beteiligt war, mit zwei schmiedeeisernen Ketten umfasst: Ein altes Zeichen für den hl. Leonhard, der sich zu Lebzeiten stark für Gefangene einsetzte. Erinnerten die Kettenglieder zunächst an die zahlreichen Spenderinnen und Spender der Sanierung, so seien sie auch ein symbolisches Ausrufezeichen, betonte Bischof Bertram: „Denk daran, dass du die Einheit wahrst!“ Wie erst eine Reihe von Gliedern eine Kette bilde, so brauche es die Kraft und das Talent zahlreicher Menschen, um aus Individuen eine echte Gemeinschaft zu bilden: „Für die Christen zählt nicht mehr: Geiz ist geil. Wir setzen einen Gegenpol: Teilen ist cool.“

Der Gottesdienst wurde in der Wallfahrtskirche St. Leonhard südlich des Ortes gefeiert.

Der Gottesdienst wurde in der Wallfahrtskirche St. Leonhard südlich des Ortes gefeiert.

Der heilige Leonhard ermutige dabei zur „wahren Freiheit“, die nicht mit Selbstverwirklichung zu verwechseln sei, sondern tatsächlich erst durch die wechselseitige Bereitschaft zur Hilfe und die Freude an der Gemeinschaft entstehe, so der Bischof: „Der Mensch darf sich etwas abschauen von den prächtigen Pferden, die heute da sind: Er darf frisch und munter durchs Leben galoppieren, aber er ist auch zur Wachsamkeit ermahnt: Mensch, vergaloppiere dich nicht! Mensch, erkenne deine Grenzen! Du darfst nicht alles, was du kannst!“

Am frühen Nachmittag begann dann der traditionelle Leonhardiritt, der in Kaufering bereits seit Jahrhunderten gepflegt wurde, in der Nachkriegszeit aufgrund eines Mangels an Arbeitspferden einschlief und mit der Renovierung der Leonhardskirche 1975 wieder aufgenommen wurde. Rund 40 Wägen nahmen heuer dabei teil und vermittelten zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauern dabei ein lebendiges Bild gemeindlichen Zusammenhalts sowie der Legende des heiligen Leonhard. Im Anschluss an den Ritt durch den Ort trafen die Teilnehmenden wieder bei der Wallfahrtskirche ein, die einem alten Brauch folgend dreimal umrundet wurde.

Bischof Bertram segnete die Menschen, Pferde und Wägen im Anschluss an den Umzug mit einem Leonhardsreliquiar.

Bischof Bertram segnete die Menschen, Pferde und Wägen im Anschluss an den Umzug mit einem Leonhardsreliquiar.

Die Wallfahrtskirche St. Leonhard befindet sich einige hundert Meter südlich von Kaufering auf einer Wiese östlich des Lechs und geht auf eine Wallfahrt zu einer hölzernen Leonhardsfigur zurück, die seit dem späten 17. Jahrhundert dorthin bezeugt ist. Die heutige Kirche wurde 1723 konsekriert und Mitte der Siebzigerjahre umfassend saniert.

Der heilige Leonhard wuchs als Adliger am fränkischen Königshof des 6. Jahrhunderts auf und beschäftigte sich schon früh mit der Gefangenenseelsorge. Nach seinem Klostereintritt lehnte er die Bischofswürde ab und zog sich stattdessen in die Wälder bei Limoges im heutigen Zentralfrankreich zurück, wo er der Legende zufolge der hochschwangeren Königin und ihrem Kind das Leben retten konnte und dafür die Erlaubnis erhielt, das heute noch bestehende Stift Noblat zu gründen. In Bayern und Westösterreich wird er zudem als Bauernheiliger und Patron der Viehwirtschaft verehrt, weshalb man ihm hierzulande auch oft Hufeisen oder Pflugscharen als Votivgaben widmete.