Ein Priester des „Effata“
Der ehemalige Domdekan und Generalvikar Konstantin Kohler sei ein Mann des offenen Ohres und des weiten Herzens gewesen, betonte Bischof Dr. Bertram Meier in dem Requiemsgottesdienst für den verstorbenen Prälaten. Die Trauerfeier fand in Kirchdorf bei Bad Wörishofen statt – jenem Ort, dem Konstantin Kohler sein ganzes Leben über tief verbunden war.
Das „Effata“-Sein Konstantin Kohlers habe am 6. Dezember 1939 begonnen, als er am Festtag des heiligen Nikolaus das Sakrament der Taufe empfing und sein Taufpriester über dem Säugling betete: „Der Herr öffne dir Ohren und Mund, dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.“ Dieser Ritus, benannt nach dem aramäischen „Effata“ für „Öffne dich!“ habe bereits vorweggenommen, wie Konstantin Kohler sein Wirken als Priester Jahrzehnte später verstanden habe, so der Bischof: „Als Diener des Wortes und treuer Verwalter göttlicher Geheimnisse“, für den die heilige Messe „eine Art Basso continuo“ in seinem Leben gewesen sei und der noch am Abend vor seinem Tod in seiner Kirchdorfer Heimatkirche die Eucharistie gefeiert hatte.
Der „Effata“-Taufritus gehe zurück auf das Wunder Jesu, das dieser an einem taubstummen Mann vollzog: „Als erstes nimmt Jesus den Taubstummen beiseite, weg von der lauten und gaffenden Menge. Er gewährt dem Menschen mit Behinderung einen Schutzraum, in dem es nur um ihn selber geht und alle fordernden Ansprüche außen vor bleiben.“ Erst in der Stille lernten wir das Hören, ganz wie auch Konstantin Kohler der großen Bühne die kleine Runde vorgezogen habe, um Hörender zu sein und in Ruhe die Dinge abwägen zu können. Der zweite Schritt der biblischen Überlieferung sei dann eine intime Geste gewesen: Jesus berührte die Zunge des Taubstummen. „Seelsorge heißt dann, eine Atmosphäre erzeugen helfen, in der die Zungen sich lösen, in der Menschen Mut fassen, sich selbst auszusprechen“, betonte Bischof Bertram – ganz so, wie Konstantin Kohler es verstanden habe, Freiräume zu öffnen und in allen Stationen seiner priesterlichen Laufbahn stets den Menschen hinter dem Vorgang zu sehen.
Erst am Ende spreche Jesus das Wort „Effata“, das keinesfalls als Zauberformel verstanden werden dürfe, sondern vielmehr als Appell gerichtet an den ganzen Menschen zur Öffnung. „Effata! Prälat Kohler gelang es, Menschen zum Hören zu bringen und zugleich sprachfähig zu machen.“ Der „Gentleman“ Konstantin Kohler habe den Menschen Ohren und Mund geöffnet, und manchen auch das Herz. Doch nun sei sein irdischer Weg zu Ende: „Konstantin Kohler steht jetzt an der Tür des Himmels. Er selbst kann diese Tür aus eigener Kraft nicht öffnen, auch kein ‚Simsalabim‘ wird sie ihm aufmachen. Es kann nur die Stimme des Herrn sein, die an der Himmelspforte zu Konstantin sagt: „Effata!“ Öffne dich! Konstantin, komm herein; nimm teil an der Freude deines Herrn!“
Nach dem Requiem, das in der Kirchdorfer Pfarrkirche St. Stephan unter großer Anteilnahme der Dorfbevölkerung sowie zahlreich erschienener Priester und Ordensfrauen stattfand, trat Prälat Konstantin Kohler seinen letzten Weg auf Erden von der Aussegnungshalle des Dorffriedhofes hin zu seinem Grab an. Unter der Leitung von Dompropst Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger wurde er dort unter dem Gebet der versammelten Gemeinde der Gnade Gottes anvertraut.
Prälat Konstantin Kohler wurde 1939 geboren und 1967 zum Priester geweiht. Nach verschiedenen Stationen u.a. als Diözesan-Männerseelsorger und Pfarrer von Mattsies wurde er 1984 zum Direktor der Regens-Wagner-Stiftung ernannt. 1993 wurde er schließlich vom neuernannten Bischof Dr. Viktor Josef Dammertz zu dessen Generalvikar berufen und in das Augsburger Domkapitel aufgenommen. 2003 wurde er von seinen Mitbrüdern zum Domdekan gewählt. Hier finden Sie einen ausführlichen Nachruf auf den Verstorbenen.
