„Eine Manifestation mit gefalteten Händen“: Weit über tausend Teilnehmer bei der Männerwallfahrt
Augsburg (pba). Einfach nur Männer: Junge und Alte, Väter mit ihren Söhnen, Feuerwehrleute in Uniformen, Dutzende Banner- und Fahnenträger aus dem ganzen Bistum und vorneweg drei Polizeimotorräder mit Blaulicht: Gestern Abend sind sie wie immer während der Ulrichswoche vom Augsburger Dom vorbei am Rathaus und über die Maximilianstraße in einer nicht enden wollenden Prozession zur Ulrichsbasilika gezogen. Darunter auch zwei Dutzend Männer, die von Türkheim aus 24 Stunden lang zum Grab des heiligen Ulrich gepilgert waren.
Dort wurden sie alle von den Ulrichsbläsern und Peter Bader an der Orgel feierlich empfangen, bevor Domdekan und Seelsorgeamtsleiter Dr. Bertram Meier als Hauptzelebrant kurz nach 20 Uhr den Gottesdienst zur Männerwallfahrt eröffnete. Die Prozession zur Ulrichsbasilika sei keine Demo gewesen, sondern „eine Manifestation mit gefalteten Händen“, sagte er. Kirche auf dem Weg zeige sich, wenn wir uns auch wirklich auf den Weg machen, so der Domdekan. „Zeigen wir, wessen Geistes Kinder wir sind“, forderte er deshalb die weit über tausend Männer am Ende des Gottesdienstes auf. Wie dies konkret werden kann, hatte Ulrichspfarrer Christoph Hänsler gleich zu Beginn des Gottesdienstes bei der Begrüßung betont. Er bat die Männer – unter die sich auch einige wenige Frauen gemischt hatten – bei der Begrüßung darum, den Menschen in ihrer Umgebung wie der heilige Ulrich die barmherzige Liebe Gottes näherzubringen.
In seiner Predigt betonte der Domdekan, dass Glaube auch Bekenntnis brauche. „Fürchtet euch nicht!“, rief er mit Bezug auf das Evangelium und die Botschaft Jesu den Männern zu. Sie sollten keine Angst davor haben, im Gespräch mit Freunden und Kollegen ihre Glaubensüberzeugung einzubringen. Er sprach von der Furcht, „um Jesu willen für die einzutreten, die keinen guten Namen haben, und gegen den Strom zu schwimmen, nur weil ein paar Meinungsführer schon einen anderen Kurs ausgegeben haben.“ Der heilige Ulrich habe sich nicht gefürchtet. Und auch heute dürfe sich das Bekenntnis für unseren Glauben nicht nur in der Sakristei, in der guten Stube oder in der Kammer unseres Herzens abspielen. „Es geht also darum, dass sich der Glaube nach Außen klappt, dass wir ihm Gesicht geben, Hand und Fuß“, ermunterte der Domdekan. Die Angst, die uns als Christen umtreibe, sei auch eine Folge eines massiven Glaubensschwunds. „Manchmal frage ich mich: Warum sollten Christen in Europa den Islam fürchten, wäre ihr Glaube lebendiger?“, richtete er sich mit Blick auf die Terroranschläge von Paris und Brüssel sowie die nicht zuletzt daraus entstandene politische Diskussion an die Teilnehmer der Männerwallfahrt. Eine echte Stärkung der eigenen Identität erfolge nicht durch die Abgrenzung des anderen und Fremden, sondern durch Vertiefung und Verlebendigung des Eigenen.
Die Botschaft Jesu habe nicht nur Applaus hervorgerufen, sondern auch Protest und Widerstand, so der Domdekan. „Bis heute werden in vielen Teilen der Erde Jesu Jünger belächelt und veräppelt, benachteiligt, bedroht und verfolgt, gefoltert und ermordet.“ Und doch gelte: „Jesus Christus will nicht nur einen Teil von uns, er will den ganzen Menschen.“ Es gebe Ideologien, die das nicht ertragen können und jeden und alles total bestimmen wollen. „Wir dürfen unsere Seele nicht verlieren“, bat Prälat Meier deshalb die Männer. „Menschen, die der Gemeinschaft eine Seele geben, sind Gold wert.“ Es gehe darum, dem Raum, den wir bewohnen, eine Seele zu geben.
Diesen Gedanken griff am Ende des Gottesdiensts auch Diözesanmännerseelsorger Diakon Gerhard Kahl bei seinen Dankesworten auf. Es sei wichtig, dass wir Männer auf unsere Seele achten, dass sie nicht ins Verderben kommt, sagte er. Nur dann könnten wir unsere Überzeugung auch an die Jüngeren weitergeben. Besonders bedankte er sich bei den Männern für den Gesang, der jedes Mal etwas ganz besonderes sei. Die Musik während des Wallfahrtsgottesdienstes ist geprägt von den unzähligen Männerstimmen in der Basilika sowie der Begleitung durch Ulrichsbläser und Orgel. Tausend Männer, die gemeinsam das Ulrichslied „Streiter in Not“ singen, gibt es so nur bei diesem Gottesdienst zu hören. Einen akustischen Eindruck davon vermittelt ein kurzer Film auf der Facebook-Seite des Bistums Augsburg.