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Wichtiges
Altarweihe

„Für eine Kirche der kurzen Wege“

11.09.2022

Am Sonntagnachmittag wurde in dem Illerort Kellmünz (Dekanat Neu-Ulm) ein seltenes Fest gefeiert: Bischof Dr. Bertram Meier weihte einen neuen Ambo und Altar in der Pfarrkirche St. Martin. In seiner Predigt bezog sich der Bischof auf seine Überzeugung, die Kirche im Dorf bleiben zu lassen – und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass auch das Dorf in der Kirche bleiben möge.

„Jedes Dorf hat eine Mitte“, führte Bischof Bertram zu Beginn seiner Predigt aus. Dies könnten der Dorfplatz sein, Gasthäuser, Geschäfte, Vereinsheime – und eben auch die Kirche, die in Kellmünz seit alters her auf dem „Himmelsberg“ stehe und damit eine seit der Römerzeit bestehende bauliche Tradition fortführe: „Ja, Kellmünz ist rund um die Kirche gebaut.“ Die gemeinsame Feier in der Pfarrkirche anlässlich der Neuanschaffung und Weihe von Altar und Ambo sei für den Bischof ein „Statement“, das ihn in der Ausrichtung seiner seelsorglichen Planung stütze: „Wenn nicht nötig, möchte ich unsere pastoralen Einheiten nicht noch größer machen, die Räume nicht ausweiten; stattdessen will ich Möglichkeiten eröffnen, dass die Kirche nah bei den Menschen bleibt: Ich bin für eine Kirche der kurzen Wege. Deshalb muss die Kirche im Dorf bleiben. Bitte helfen Sie alle mit! Es liegt nicht nur am Pfarrer, es liegt an Ihnen.“

Predigt vom neugeschaffenen Ambo in der Pfarrkirche St. Martin.

Predigt vom neugeschaffenen Ambo in der Pfarrkirche St. Martin.

Die Redewendung „Die Kirche im Dorf lassen“ bedeute aber auch, überlegt zu handeln und sich nicht verunsichern zu lassen. Dies sei besonders in der jetzigen Zeit von Bedeutung: „Vieles trägt nicht mehr – weder in der Gesellschaft noch in der Kirche. Die katholische Kirche schwankt. Es rumort. Autoritäten müssen sich rechtfertigen; Reformprojekte drohen zur Zerreißprobe zu werden. Was einst sicher geglaubt wurde, wird in Zweifel gezogen.“ Er wolle die derzeitige Lage weder beschönigen noch verharmlosen, betonte der Bischof, bat aber auch: „Geben wir dem Megatrend des Populismus nicht nach! Halten wir den Ball flach, übertreiben wir nicht und achten wir darauf, für oder gegen wen wir auf die Straße gehen!“

Wenn die Kirche im Dorf bleibe, so solle dies aber auch umgekehrt bleiben. Dies sei angesichts stetig schwindender Mitgliederzahlen in den beiden großen Kirchen freilich nicht selbstverständlich. „Wird es uns gelingen, den Staffelstab des Glaubens an die junge Generation weiterzugeben?“, fragte der Bischof und lud die Gemeinde von Kellmünz ein: „Suchen Sie diese neu gestaltete Mitte in Ihrer Pfarrkirche auf; tasten Sie sich vom Rand zur Mitte vor; ahmen Sie Ihren Patron, den hl. Martin, nach, der ein Meister im Teilen war.“ Teilen werde somit zur Mitteilung und die heilige Kommunion zur Kommunikation der Menschen untereinander: „So wächst Kirche – um die Eine Mitte Jesus Christus.“

Die Reliquien der beiden Heiligen werden zum Altar gebracht.

Die Reliquien der beiden Heiligen werden zum Altar gebracht.

Im Anschluss an seiner Predigt, die er am neugeschaffenen Ambo hielt, eröffnete Bischof Bertram die Liturgie der Altarweihe mit der sogenannten „Bestattung“ von Reliquien der heiligen Märtyrerin Christina von Bolsena sowie der heiligen Ordensfrau Crescentia von Kaufbeuren am Fuße des Altars. Danach salbte er den Tisch an den vier Ecken sowie in der Mitte mit Chrisam, also dem Öl, das auch bei den Sakramenten der Firmung sowie der Priester- und Bischofsweihe am Menschen zum Einsatz kommt. An diesen fünf Stellen wurde schließlich Weihrauch entzündet und der Segen Gottes auf den neuen Altar herabgerufen, verbunden mit einem Wunsch des Bischofs: So wie der Weihrauch auf dem Altar brenne, solle sich auch das Feuer des Heiligen Geistes in den Köpfen und Herzen der Gemeindemitglieder von Kellmünz entzünden.

Die Marktgemeinde Kellmünz an der Iller führt ihren Namen auf die ursprüngliche lateinische Bezeichnung für den Himmelsberg „caelius mons“ zurück. Im 4. Jahrhundert errichteten die Römer dort ein großes militärisches Kastell, dessen Verwaltungszentrale und vielleicht auch Heiligtum dort stand, wo sich heute die Pfarrkirche St. Martin befindet. Der spätrömische Bau wich spätestens im 8. Jahrhundert einem ersten christlichen Gotteshaus; die heutige Kirche stammt aus dem 17. Jahrhundert. Der neue Altar geht gemeinsam mit dem Ambo auf die Stiftung des in Kellmünz aufgewachsenen langjährigen Pfarrers von Jettingen Monsignore Horst Grimm zurück und wurde durch den Altenstädter Künstler Harald Stölzle aus fränkischem Muschelkalk gefertigt. Er ersetzt einen Holzaltar, der nach den liturgischen Reformen der Sechzigerjahre zunächst als Provisorium aufgestellt wurde und in Zukunft bei Freiluftgottesdiensten zum Einsatz kommen soll.