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Wichtiges
200. Geburtstag

Für Johannes Kaspar war Malen Gebet

22.05.2022

„Seine Bilder gehören zum Inventar. Er wollte mit seinen Werken Menschen zu Christus führen“, stellte Bischof Bertram in seiner Predigt beiim Festgottesdienst zum 200. Geburtstag des Künstlers Johannes Kaspar (1822–1885) am Samstagabend in der Obergünzburger Pfarrkirche St. Martin fest. Der bekannte Sohn der Marktgemeinde sei ein darstellender Evangelist gewesen, der das Malen als Gebet verstanden habe. Das Pontifikalamt, das musikalisch vom Kirchenchor unter der Leitung von Margit Bauer sowie dem Orgelspiel von Mario Eder gestaltet wurde, und dem Fahnenabordnungen der Vereine sowie Vertreter des öffentlichen und politischen Lebens beiwohnten, eröffnete den Veranstaltungsreigen zu Ehren von Johannes Kaspar.

Zu Beginn des Gottesdienstes trugen die Kommunionkinder Anna und Hannes ein Gedicht vor und überreichten dem Bischof zwei Blumensträuße. Besonders die Kinder, so betonte Bischof Bertram in seiner Predigt, könnten mit der ansprechenden Kunst des Malers viel anfangen. „Wir Menschen brauchen den Blick in ein Gesicht, gerade wenn wir beten.“ Johannes Kaspar sei ein Mensch gewesen, der sich unmittelbar vom Wort Gottes habe ansprechen lassen und der in Jesus Christus das Gegenüber für seine Seele gefunden habe. Über Johannes Kaspar werde gesagt, er habe sich in der Bibel besser ausgekannt als mancher Theologe. Ohne auf eine Entlohnung zu pochen, habe er viele Bilder auch für die kleinsten Kapellen und Weiler im Allgäu geschaffen. Dabei habe der Künstler nicht daran gedacht „hoffentlich springt viel Geld dabei heraus“, so der Bischof anerkennend.

Johannes Kaspar habe sich durch das Neue Testament inspirieren lassen, so wie es im Tagesevangelium zu hören gewesen sei: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich gesagt habe.“ Gerade in der heutigen Zeit, da viele ausgebrannt seien, wo die Corona-Pandemie schmerzvolle Lücken gerissen habe und der Ukraine-Krieg an den Grundfesten unseres Sicherheitsgefühls rüttele, dürfe man auf das Wort Gottes bauen „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht“, fuhr der Bischof fort. Diese Aussage sei keine billige Vertröstung, sondern die Aufforderung zu Mut und beherztem Glauben. Wenn er die Ereignisse der letzten Zeit betrachte, werde ihm immer klarer, dass jetzt die Zeit sei, sich neu auszurichten nach der Sonne des Heils, zum Sonnenaufgang hin, nach Osten. Der Künstler Kaspar sei sich stets bewusst gewesen, dass sein Talent Gabe und Geschenk zugleich ist, das er erhalten habe, um Menschen zur Andacht und Christus selbst zu führen. „Dies gelingt dann, wenn das Bild durchlässig wird auf den hin, den es darstellt und der Künstler dahinter zurücktritt. (...) Wir danken für sein großes Werk und beten darum, dass auch unser ganzes Leben zu einem Kunstwerk wird“, schloss der Bischof.

Im Anschluss an den Festgottesdienst lud Pfarrer Walter Böhmer im Namen von Pfarrei und Marktgemeinde zum Umtrunk auf den Kirchplatz ein. Hier tauschte sich zur musikalischen Untermalung des Blasorchesters Obergünzburg die Bevölkerung nach einer kurzen Ansprache des Bürgermeisters Lars Leveringhaus mit dem Bischof aus. „Rathaus und Kirche trennt zwar räumlich die Staatsstraße, doch in der Realität passt kein Blatt zwischen uns“, stellte er fest.