Gewalt nur durch Vergebung und Liebe zu besiegen
Augsburg (pba). Bischof Bertram hat es als Christenpflicht bezeichnet, sich für freie Religionsausübung einzusetzen. Damit untermauerte er das Anliegen des jüngst erschienenen „3. Ökumenischen Berichts zur Religionsfreiheit weltweit 2023“. Aufgrund der Vielzahl an Verstößen gegen das Menschenrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit sei es gut, „wenn wir als katholische und evangelische Kirche gemeinsam die Stimme erheben zur Verteidigung der Religionsfreiheit, denn Religion ist ein wesentlicher Teil des Menschseins“, betonte der Bischof an diesem Sonntag beim Gebets- und Solidaritätstag in Augsburg.
Ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit und Solidarität mit den verfolgten Christen weltweit setzten beim Solidaritätstag die Beterinnen und Beter, die im Hohen Dom, daheim oder von unterwegs den live von Radio Horeb übertragenen Kreuzweg Jesu von Station zu Station mitgingen. Bischof Bertram lenkte vor dem Betrachten der einzelnen Stationen den Blick auf die Botschaft, die heute noch von Jesu Leiden ausgeht: „Obgleich allmächtig verzichtet der Sohn Gottes darauf, seine Peiniger mit Vollmacht in die Schranken zu weisen. Sein Heilsplan ist ein anderer. Denn Gewalt kann nicht durch noch größere Gewalt besiegt werden, nur durch Vergebung und Liebe.“
In seiner kurzen Ansprache appellierte der Bischof an die anwesenden Frauen und Männer bei allem praktischen Einsatz für die verfolgten und bedrängten Christen das Gebet nicht zu vergessen, wie auch immer wieder Papst Franziskus dazu aufruft. Darüber hinaus könnten wir zwar einerseits dankbar sein, dass hierzulande die freie Religionsausübung geschützt ist, andererseits müssten wir im Wissen um das schwere Schicksal unserer Glaubensgeschwister in anderen Teilen der Welt, dieses Thema bei Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft doch „immer wieder aufs Tablett bringen“, nahm der Bischof die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Solidaritätstags in die Pflicht.
Zu Beginn des gemeinsam von Bistum und dem päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ veranstalteten Tages gab es eine Informationsveranstaltung im Haus Sankt Ulrich, die mit einem Kurzimpuls von Geschäftsführer Florian Ripka über die aktuelle Lage der Religionsfreiheit weltweit begann. Dabei teilte er die Weltkarte in drei Kategorien eingeschränkter beziehungsweise nicht vorhandener Religionsfreiheit ein. Einerseits gäbe es den ethno-religiösen Nationalismus wie in Indien, Länder mit islamistischem Extremismus, in dem weite Teile des Landes für christliche Hilfsorganisationen kaum oder gar nicht zu erreichen sind und Staaten mit autoritären Regierungen wie China. Einen umfassenden Überblick zu diesem Thema liefere die Seite www.religionsfreiheit-weltweit.de, Aufmerksamkeit für das Thema Christenverfolgung ermöglichten Veranstaltungen wie der "Red Wednesday" rund um das Christkönigsfest, so Ripka.
Ein besonderer Schwerpunkt lag heuer auf den beiden Ländern Syrien und Libanon, deren aktuelle Situation bei zwei Podiumsgesprächen näher beleuchtet wurde. Reinhard Backes, der Länderreferent von „Kirche in Not“, sprach über seine Erfahrungen im Bürgerkriegsland Syrien. Das Land, das er als „fallen state“ ohne funktionierende staatliche Strukturen bezeichnete, leide fortwährend unter der autoritären Herrschaft sowie den schweren Sanktionen. Das verheerende Erdbeben im vergangenen Februar verschärfte in den betroffenen Gebieten zudem die Situation. „Es sind die Kirchen, die Strukturen und Halt geben, um gezielt Hilfen zu leisten“, so Backes. Dort, wo keine staatlichen Strukturen existieren, springen Diözesen, Pfarreien und Ordensgemeinschaften durch karitative, schulische und medizinische Initiativen ein. „Als Oasen der Ruhe bieten sie materielle Unterstützung, spirituelle Hilfe und menschliche Solidarität.“
Über die prekäre Lage der Christen in ihrem Heimatland sprach die aus der libanesischen Hauptstadt Beirut stammende katholische Lehrerin Marielle Boutros, die ebenfalls als Projektkoordinatorin für das Hilfswerk tätig ist. Sie erzählte von Schließungen katholischer Schulen und der anhaltenden Auswanderungswelle junger christlicher Frauen und Männer, die dem Land den Rücken kehrten. Während es vor der Finanzkrise noch ein starkes Bildungssystem gegeben habe, müssten seither die Träger – und das sind sehr oft kirchliche – die Kosten für den Schulbetrieb selber schultern beziehungsweise diese auf die Eltern abwälzen. Daraus folgt, dass sich ein Großteil der Eltern die Schulgebühren nicht mehr leisten könne, eine geringere Anzahl von Kindern in die Schule geschickt würde, die Einkünfte für Lehrer nicht einmal die Fahrkosten deckte und bei Schließungen der Religionsunterricht wegfalle, da dieser hauptsächlich in den konfessionellen Schulen stattfindet. Nur mit Hilfe von außen, speziell durch kirchliche Organisationen, könne das Bildungssystem stabilisiert werden, betonte Boutros.
Das internationale katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ ist eine Stiftung päpstlichen Rechts und wurde 1947 in Belgien gegründet. Der Aufgabenschwerpunkt liegt in der Unterstützung und Betreuung von verfolgten und unterdrückten Christen weltweit. Mehr Informationen unter www.kirche-in-not.de.