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Wichtiges
150 Jahre St. Walburga in Ried

„Gott geht die synodalen Wege mit“

13.08.2023

Angst ist ein schlechter Ratgeber, ja mehr noch: Angst zeuge von mangelndem Gottvertrauen – dies habe bereits im 19. Jahrhundert gegolten, als die Rieder Kirchengemeinde in politisch schwierigen Zeiten und dennoch voller Vertrauen ihre Kirche neu errichten musste, und dies müsse auch heute für die katholische Kirche in Deutschland gelten, betonte Bischof Bertram anlässlich des Festgottesdienstes zum 150. Weihetag der Pfarrkirche St. Walburga in Ried (Dekanat Aichach-Friedberg).

Aufbauend auf die Evangelienstelle von Jesus, der über das Wasser wandelt und Petrus auffordert, es ihm gleich zu tun, versetzte der Bischof sich in die Gedankenwelt der Apostel: „Alles was wankt, macht uns Angst – und dazu kommt noch die Nacht: Man erkennt die eigene Hand vor Augen nicht… Wie gut können wir es den Jüngern nachfühlen, dass sie von der Angst buchstäblich verschlungen werden und dann auch Jesus, ihren vertrauten Herrn, für ein Gespenst halten!“ Diese Angst erinnere ihn an die Verunsicherung, die viele Katholikinnen und Katholiken im Moment angesichts des Synodalen Weges empfänden, die in dessen Beratungen schon den Glaubensabfall sähen, „die Meinungsverschiedenheiten nicht aushalten und von Spaltung sprechen, ohne sich um einen Konsens oder auch einen tragfähigen Kompromiss zu bemühen.“

Für Bischof Bertram hingegen ist klar: Diese Wagenburgmentalität bringe die Kirche nicht weiter, im Gegenteil: „Hier ist die Grenze zur Ideologie, zu erstarrten, leblos gewordenen Lehrsätzen schon überschritten.“ Vielmehr müsse Jesu Wort „Habt Vertrauen!“ auch heute Leitfaden sein: „Jesus kennt uns mit unseren Schwächen, doch er liebt uns trotzdem. Dies dankbar annehmen und dennoch immer wieder Mut und Courage zeigen: Das ist es, was er von uns erhofft, ja erwarten darf.“

Trotz der Ferienzeit war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt.

Trotz der Ferienzeit war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt.

Dieses Vertrauen sei es auch gewesen, das die Menschen in Ried vor über 150 Jahren dazu bewogen hätte, nach dem katastrophalen Einsturz der alten Expositurkirche 1853 in mühsamer Arbeit die heutige Pfarrkirche St. Walburga wieder zu errichten und 1873 durch Bischof Pankratius von Dinkel weihen zu lassen: ein Festakt in kirchenpolitisch bewegten Zeiten, tobte doch damals innerhalb der Kirche ein heftiger Konflikt um die Deutung des Ersten Vatikanischen Konzils (1870/71), der nicht wenige Menschen damals zum Austritt brachte. Dazu habe sogar der damalige Pfarrer von Mering und Ried Josef Renftle gehört, der sich genau in dieser Zeit der altkatholischen Kirche zugewandt habe und 1878 Ried schließlich verließ: „Dass wir also heute feiern können, verdanken wir auch jenen Geistlichen und Laien, die damals ‚im Boot‘ der Kirche geblieben sind, in der Hoffnung, dass der Herr selbst, zusammen mit Petrus wieder ins Boot einsteigt.“

Heute befände sich die Kirche in einer vergleichbaren Situation, schloss der Bischof seine Predigt. Papst Franziskus habe den synodalen Prozess gezielt angestoßen, um „Hierarchie und Synodalität miteinander zu verbinden“, das Eigenleben bestimmter kirchlicher Strukturen wieder einzufangen und zugleich die Verantwortlichen in der Kirche wieder an ihre eigentliche Aufgabe, „den Schrei der Armen und der Erde“ wahrzunehmen, zu erinnern. Kirche sei eben nicht statisch, sondern vielmehr eine „Gemeinschaft der Herausgerufenen“, wie das griechisch-lateinische „ecclesia“ wörtlich übersetzt besage. Daher sei Angst nicht nur ein schlechter Ratgeber, sondern Zeichen von mangelndem Gottvertrauen: „Vertrauen wir auch heute inmitten von Kontroversen und Ungeduld, von Beharrenwollen und Aufbruchsstimmung, dass Gott alle Wege mitgeht – auch die synodalen! – und dass seiner Hand nichts entgleitet. ER ist der gute Hirte, er ist der Herr der Geschichte wie des Lebens von einem jeden von uns.“

Bischof Bertram betonte den hohen Wert von Gottvertrauen und der Hinwendung zum Herrn im Gebet.

Bischof Bertram betonte den hohen Wert von Gottvertrauen und der Hinwendung zum Herrn im Gebet.

Das Pontifikalamt wurde in Erinnerung an die Weihe der Rieder Pfarrkirche St. Walburga durch Bischof Pankratius von Dinkel am 17. August 1873 gefeiert. Trotz der Sommerferien waren zahlreiche Gäste, Vereine, Verbände sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Gesellschaft gekommen, um den 150. Weihetag gemeinsam zu begehen. Musikalisch wurde der Gottesdienst durch eine eigens begründete Chorgemeinschaft des Baindlkircher Kirchenchors mit dem Eisbachtaler Liederkranz gestaltet.

Ried war über Jahrhunderte hinweg eine Filiale der Pfarrei Mering und erhielt erst mit der Errichtung einer ständigen Kaplanei-Expositur in dem Ort 1834 eine gewisse Eigenständigkeit. Die alte Kirche St. Walburga wurde durch einen Kirchturmeinsturz 1853 völlig zerstört, woraufhin man sich für den Neubau einer größer gefassten Expositurkirche an anderer Stelle entschloss. 1866 konnten die ersten Gottesdienste in Neu-St. Walburga gefeiert werden, und 1873 erfolgte schließlich die feierliche Weihe durch Bischof Pankratius von Dinkel. An Stelle der alten Kirche befindet sich heute die Friedhofskapelle. Die Erhebung Rieds zu einer eigenen Pfarrei erfolgte schließlich erst 1956. Heute bildet Ried gemeinsam mit den Pfarreien Althegnenberg, Baindlkirch, Hörbach und Mittelstetten die Pfarreiengemeinschaft Baindlkirch.