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Wichtiges
Interreligiöser Dialog

Grußwort an alevitische Gemeinde

10.08.2021

Am Dienstag begann das zwölftägige Muharrem-Fasten, mit dem die alevitische Glaubensgemeinschaft des Imams Hussein gedenkt. Bischof Bertram hat als Vorsitzender der Unterkommission Interreligiöser Dialog der Deutschen Bischofskonferenz allen Aleviten Deutschlands dazu ein Grußwort ausgerichtet. Hier der Text des Grußwortes für die Aleviten im Bistum Augsburg:

Liebe alevitische Gläubige, liebe Schwestern und Brüder,

Der Semah-Tanz ist ein bekannter Bestandteil alevitischer Gottesdienste (Motivfoto: Wikimedia Commons)

Der Semah-Tanz ist ein bekannter Bestandteil alevitischer Gottesdienste (Motivfoto: Wikimedia Commons)

heute beginnt für Sie das Muharrem-Fasten, dem sich nach zwölf Tagen das Aşure-Fest anschließt. Aus diesem Anlass sende ich Ihnen im Namen der Diözese Augsburg meine herzlichsten Glück- und Segenswünsche!

Die Fastenzeit im Monat Muharrem ist für Sie eine Zeit der Trauer und des Gedenkens – gefolgt von einem Fest der Freude und der Zuversicht. Denn dankbar erinnern Sie sich daran, dass Gott seinen Geschöpfen in scheinbar ausweglosen Situationen neue Hoffnung schenkt. Diese Botschaft ist gerade in Zeiten der Pandemie von großer Aktualität.

Eine religiöse Fastenzeit bringt es immer mit sich, dass der Mensch den gewohnten Alltag unterbricht; dass er innehält und versucht, seinem Leben eine neue Orientierung zu geben. Es gilt dabei, den eigenen Lebensrhythmus zu hinterfragen, das persönliche Verhältnis zu Gott zu reflektieren und die Beziehungen zu den Mitmenschen in den Blick zu nehmen: das alles mit dem Ziel, sich noch bewusster als bisher in den Dienst der Gerechtigkeit zu stellen.

Ein Ausspruch, der dem Imam ʿAlī ibn Abī Ṭālib zugeschrieben wird, besagt: „Die Menschen sind Geschwister in der Religion oder gleich in der Schöpfung“. Dies ist ein bemerkenswerter Gedanke, denn damit wird ja letztlich gesagt: Auch diejenigen, die nicht Eure Brüder und Schwestern im Glauben sind, sind Euch gleich an Würde – eben weil sie wie Ihr Gottes Geschöpfe sind. Ungeachtet aller Unterschiede sind wir dazu aufgerufen, uns gemeinsam für das Wohl der einen Menschheitsfamilie einzusetzen. Dies ist auch ein zentraler Gedanke von Papst Franziskus’ Sozialenzyklika Fratelli tutti. Darin heißt es: „Die unveräußerliche Würde jedes Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion ist das höchste Gesetz der geschwisterlichen Liebe.“ (FT 39) Der Papst ist davon überzeugt, dass die verschiedenen Religionsgemeinschaften auf der Grundlage der Wertschätzung jedes Menschen auf entscheidende Weise dazu beitragen können, dass Solidarität und Frieden wachsen. Auch seine Irak-Reise im März 2021 stand ganz im Zeichen dieser Botschaft. Das Motto lautete: „Ihr alle seid Geschwister!“ In der Heimat Abrahams – dem Land, in dem der von Ihnen hochverehrte Imam ʿAlī seine irdische Ruhestätte fand – warb der Papst eindringlich für die Vision einer geschwisterlichen Gesellschaft.

Zur Verwirklichung dieses Ziels leisten auch Sie als alevitische Gläubige einen wichtigen Beitrag: sei es durch Ihr soziales Engagement oder durch Ihre Gastfreundschaft, die Sie gerade im Zusammenhang der Aşure-Feierlichkeiten besonders pflegen. Indem Sie Menschen unterschiedlicher religiöser und kultureller Prägungen die Gelegenheit geben, einander kennen zu lernen und miteinander vertraut zu werden, setzen Sie bedeutsame Zeichen der Verständigung und des Zusammenhalts in unserer Gesellschaft.

Möge Gott, der Schöpfer aller Menschen, Ihr Fasten annehmen und Ihre Gebete erhören. Möge er Ihnen in den Gemeinden und Familien eine erfüllte Fastenzeit und ein hoffnungsvolles Aşure-Fest gewähren.

Friede sei mit Ihnen!

Dr. Bertram Meier
Bischof von Augsburg