Grußwort zu Beginn des Ramadan
An diesem Mittwoch, 22. März, beginnt für Muslime in aller Welt der Fastenmonat Ramadan. In seinem Grußwort an die muslimischen Gläubigen auf dem Gebiet des Bistums Augsburg erinnert Bischof Bertram an seine Reise nach Abu-Dhabi und die dabei erlebte Gastfreundschaft. Geschwisterlichkeit sei eine Überlebensfrage für die Menschheit. Der Glaube könne außerdem dabei helfen, die Not anderer zu erkennen und zu lindern.
Das Grußwort von Bischof Bertram zu Beginn des Fastenmonats Ramadan und zum Fest des Fastenbrechens im Wortlaut:
Sehr geehrte muslimische Gläubige, liebe Geschwister im Glauben an den Einen Gott auf dem Territorium des Bistums Augsburg!
Heute treten Sie in Ihre diesjährige Fastenzeit ein. Dies ist mir ein willkommener Anlass, um Ihnen ein Zeichen der Verbundenheit zu senden, zusammen mit den besten Wünschen für eine geistliche und fruchtbare Zeit der Besinnung und des Miteinanders.
In diesem Jahr sind mir die Erfahrungen meiner Reise nach Abu Dhabi anlässlich des Tags der Geschwisterlichkeit am 4. Februar noch ganz nah. Hintergrund dieses Tages und damit auch meiner Reise ist das historische Treffen zwischen Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyib am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi, bei dem beide das „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“ unterzeichnet haben. Aus meiner Sicht haben der Papst und der Großimam mit diesem Abu-Dhabi-Dokument einen Meilenstein des interreligiösen Dialogs und der globalen Zusammenarbeit gesetzt. Schon die einleitende Feststellung, dass der Gläubige im jeweils anderen eine Schwester, einen Bruder sehe, den man unterstütze und liebe, ist mir, ist uns allen Herausforderung und Ermutigung zugleich. Wenn wir es wirklich schaffen würden, diesen Satz zu leben, wäre die Welt eine bessere. Bis heute bin ich überwältigt von der Gastfreundschaft, die ich auf dieser Reise erfahren durfte, und noch mehr von den vielen persönlichen Begegnungen im gemeinsamen Mühen um ein friedliches und solidarisches Miteinander. Diese Erlebnisse sind ein bleibender Ansporn für mein Handeln.
Dass Geschwisterlichkeit in unserer Zeit kein Luxusgut, sondern eine Überlebensfrage der Menschheit ist, führen uns nicht zuletzt die Krisen unserer Zeit vor Augen. Immer wieder sind wir mit von Menschen gemachten Krisen wie Krieg, Terror und Gewalt konfrontiert, aktuell stehen wir zudem alle unter dem Eindruck der Bilder und persönlichen Geschichten, die uns aus den Erdbebengebieten in der Türkei und in Syrien erreicht haben. Manche von Ihnen haben familiäre Verbindungen in die Region und stehen daher ganz besonders unter dem Schock der Ereignisse. „Wo warst Du, GOTT, in dieser Nacht?!?“, so rufen wir in unserer Verzweiflung, im Versuch, das Unfassbare zu begreifen, gemeinsam zum Himmel. Muslime, Christen, Angehörige anderer Religionen, sie alle sind in gleicher Weise betroffen und brauchen unsere gemeinsame Solidarität und Geschwisterlichkeit.
Auch in diesem Jahr überlappen sich unsere Fastenzeit in Vorbereitung auf das Osterfest und der Fastenmonat Ramadan. So sind wir alle gemeinsam aufgerufen, unsere Beziehungen zu Gott, zum Nächsten und zu uns selbst zu überprüfen und reinigen zu lassen. Auf diese Weise werden wir auch sensibler, nicht nur für die Not unseres Nächsten, sondern auch für Gottes tröstende Gegenwart. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und allen, denen Sie sich verbunden fühlen, in diesen Tagen und Wochen die Erfahrung von Gottes besonderer Nähe und Barmherzigkeit sowie von Geschwisterlichkeit und echter Gemeinschaft. So grüße ich Sie herzlich
Ihr
Dr. Bertram Meier
Bischof von Augsburg