Religiöse Radikalisierung und interreligiöser Dialog
25 Teilnehmer tauchten vom 15. -17. April 2016 beim Weltkirche-Kompakt Seminar in Rottenburg/Stuttgart in die Welt des „Fundamentalismus“ ein. Das dritte Modul im Seminar „Global player –global prayer“ der Missio-Diözesanstelle Rottenburg/Stuttgart, der Abteilung Mission-Entwicklung-Frieden in Augsburg, der Comboni-Missionare Mellatz und der Petrus-Claver-Schwestern in Augsburg ging der Frage nach, was Menschen dazu bringt, für eine Sache oder gar für ihren Glauben radikal und gewalttätig zu werden.
Am Freitagabend erfolgte eine erste Annäherung an das Thema mit dem Kurzfilm „Religion auf der Grenze“. Anhand von drei fundamentalistischen Gruppen aus dem Christentum und Islam wurde vorgestellt, welche Einstellungen sich hinter diesen Formen „des Glaubens“ verbergen. Eine Exkursion nach Tübingen in die Neue Aula der Eberhard-Karis-Universität führte zu einer Tagung des Institutes für Ökumenische und Interreligiöse Forschung und dem Zentrum für Islamische Theologie, in der es um Ansätze zu einer „Theologie des Zusammenlebens“ und den Beitrag der beiden Religionsgemeinschaften dazu ging. Zwei Referenten stellten zunächst dazu Überlegungen aus der christlichen und islamischen Mystik vor. Möglichkeiten des gemeinsamen Betens und kirchlichen Tuns wurden aufgezeigt, worin sichtbar wurde, dass es gerade in der heutigen Zeit der Globalisierung vor allem auch in der Verantwortung der großen Religionsgemeinschaften liege, das Zusammenleben auch spirituell zu fördern. In einem Podiumsgespräch stellten dann Vertreter beider Gruppen praktische Beispiele des Miteinanders an der Basis vor.
Zurück im Hirscherhaus in Rottenburg führte Professor em. Dr. Heribert Wahl als Theologe und Psychotherapeut vor, wie religiöser Fundamentalismus aus der Sicht von Psychoanalyse und Theologie einzuordnen sei. Spannend war es, mit dem Referenten auch die Erfahrungen des am Vormittag Gehörten zu reflektieren. Schon in der Kindheit werde in der Regel Fundamentalismus grundgelegt. Durch Projektion, Abspaltungen und Angst werde dann ein solch „vorgeprägter“ Mensch immer fundamentaler und radikaler in den Ansichten und nicht selten auch in den Haltungen oder Handlungen. Radikale, auch religiös-radikale Gruppierungen nutzten solche Menschen dann aus, um ihre Ansichten anderen aufzudrängen, bzw. „die anderen“ zu bekämpfen. Pluralität werde von solchen Menschen als Gefahr gesehen und daher bekämpft. Ein Blick in die Geschichte lasse dies immer wieder gerade in Krisenzeiten vermehrt erkennen. Jesus habe dagegen eine Botschaft der Vielfalt und der Toleranz verkündet. Darin stellte er diese Pluralität als Gottesgeschenk für eine größere Fülle des menschlichen Lebens vor.
In einer Abendeinheit setzten sich die Teilnehmer in 3 Gruppen mit religiösem Fundamentalismus in der Hindutwa-Bewegung Indiens, im Buddhismus in Myanmar und im Terror des IS auseinander.
Am Sonntagmorgen gaben Wolf-Gero Reichert, Anton Stegmair und Pater Werner Nidetzky in drei Gruppen Impulse zur „De-Radikalisierung“. Praktische Möglichkeiten für Schule und Gemeinde wurden dabei auch anhand von Materialien von missio Aachen ausgetauscht. Ein Gottesdienst und eine kurze Reflexionsrunde schlossen das dichte, aber sehr interessante Seminar in Rottenburg ab.
Ein weiteres Modul wird vom 11. – 13.11.2016 in Frankfurt zum Thema Weltwirtschaft und soziale Gerechtigkeit angeboten.
Anton Stegmair