Jongleur, Seiltänzer und Zauberer
Glückwunsch zum 80. Geburtstag von Herrn Helmut Mangold (7. Oktober 2018)
von Domdekan Prälat Dr. Bertram Meier, Bischöflicher Beauftragter für den Diözesanrat
Zwanzig Jahre lang (1994–2014) gab er dem Diözesanrat Stimme und Gesicht. Auch dem Landeskomitee der Katholiken stand er acht Jahre vor. Die Rede ist von Helmut Mangold. Achtzig Jahre wird er nun alt. Blenden wir zurück: Es war Anfang der neunziger Jahre. Gerade frisch eingeführt als Pfarrer und Dekan in Neu-Ulm, meldete sich der Dekanatsratsvorsitzende, um sich mir vorzustellen. Am vereinbarten Termin parkte ein Auto vor meinem Haus: Es war ein kleiner Smart, und aus dem Auto stieg ein ebenso smarter wie hoch gewachsener Mann: Sein Name war Helmut Mangold. Er war flott gekleidet, einen weißen Anzug trug er, so als käme er gerade vom Tennisplatz.
Wenn man das Engagement von Herrn Mangold betrachtet, dann hat man einen bunten Strauß vor Augen: das Engagement in den Gremien angefangen beim Pfarrgemeinderat über den Dekanatsrat zum Diözesanrat hin zum Landeskomitee bis zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Doch wer meint, in Herrn Mangold einen „Gremienkatholiken“ vor sich zu haben, der irrt. Denn sein Einsatz entspringt nicht dem Marsch durch die Institutionen, sondern ist ein Weg, der in seinem Dorf Aufheim (Dekanat Neu-Ulm) begann und schließlich bis ins Spitzengremium der Laien in Deutschland führte. Herr Mangold hat sich nicht nach Posten gedrängt, er wurde angefragt und hat sich nicht verweigert. In der Tat gehört Herr Mangold zu den Persönlichkeiten, deren Nähe einfach gut tut.
Damit umschreibe ich eine Eigenschaft, die typisch ist für unseren ehemaligen Vorsitzenden: Wie ihn der Tennisanzug ebenso gut kleidet wie der Trachtenjanker oder auch der feine Zwirn des Nadelstreifens, so schätzen wir an Herrn Mangold seine Kraft zum Ausgleich und zur Vermittlung. Diese Aufgabe ist delikat und anspruchsvoll. Wer vermittelt, setzt sich nicht nur zwischen Stühle, er kann auch zwischen Fronten geraten. So werden dem Vermittler mitunter akrobatische Fähigkeiten abverlangt: Er ist Jongleur, wenn er mit viel Geschick Bälle zuspielt und sie mit sicherer Hand wieder auffängt. Er ist Seiltänzer, der sich auf Drahtseilakte einlassen muss, um die verschiedenen Interessen, Strömungen und Gruppen mit auf den Weg der Mitte zu nehmen, ohne in Abgründe der Extreme zu stürzen. Und manchmal glich unser Vorsitzender auch einem kleinen Zauberer, der die unterschiedlichen Meinungen unter einen Hut brachte und überraschende Lösungen hervorholte, damit aus der Manege der Kirche kein Zirkus wurde.
Für diesen reizvollen, aber auch mühsamen Dienst an der Einheit danken wir ihm von Herzen. Vielleicht kommt ihm dabei auch sein musisches Talent zugute: Als Jugendlicher hat er bei den Ulrichsbläsern in Augsburg angefangen, bis heute ist er Organist und Leiter des Kirchenchors in Aufheim. Da ist Gespür gefragt für Melodie, Harmonie und Takt.
Die Aufgabe der Vermittlung ist kein leichtes Brot. Sie kann missverstanden werden, weil es nicht mehr generelle Überzeugung ist, dass die Fähigkeit zu Ausgleich und Kompromiss einen festen Standpunkt und klare Überzeugungen voraussetzt. Das Bonmot stimmt: Wer nach allen Seiten offen ist, ist nicht mehr ganz dicht. Herr Mangold ist eine Persönlichkeit, die von klaren Grundpositionen aus lebt und dazu steht. Gleichzeitig war er bemüht, für den Glauben der Kirche Brücken zu schlagen zu Ufern, die nicht unbedingt christlich sind:
zur Politik: Die Gespräche mit Politikern waren ihm stets ein großes Anliegen.
zur Kultur: Als leidenschaftlicher Organist und Chorleiter liegt das nahe.
zur Wissenschaft: Herr Mangold betonte, dass Wissen Gewissen brauche; Freiheit bedeute nicht Beliebigkeit: Der Mensch darf nicht alles, was er kann.
Wie in einem Kristall bündeln sich seine vielfältigen Initiativen, wenn wir sein Engagement für die Änderung von Art. 100 der Bayerischen Verfassung betrachten. In der Diskussion über den Lebensschutz in ihren vielen Variationen hat Herr Mangold eindeutig Position bezogen, ohne Wenn und Aber. An ihm können wir ablesen, wie das Zweite Vatikanische Konzil sich einen katholischen Christen vorstellt: „Aufgabe ihres (der Laien) gut geschulten Gewissens ist es, das Gebot Gottes im Leben der profanen Gesellschaft zur Geltung zu bringen. Von den Priestern aber dürfen die Laien Licht und geistliche Kraft erwarten. Sie mögen aber nicht meinen, ihre Seelsorger seien immer in dem Grade kompetent, dass sie in jeder, zuweilen auch schweren Frage, die gerade auftaucht, eine konkrete Lösung schon fertig haben könnten oder die Sendung dazu hätten. Die Laien selbst sollen vielmehr im Licht der christlichen Weisheit und unter Berücksichtigung der Lehre des kirchlichen Lehramtes darin ihre eigene Aufgabe wahrnehmen.“ (Gaudium et spes, 43).
Ist das nicht eine schöne Umschreibung des Rahmens, in dem sich das Laienapostolat bewegt? Für seinen Einsatz wurde Herr Mangold auch geehrt: mit der Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“ und mit der Franz-Eser-Medaille. Für die Zukunft gelten Herrn Mangold unsere besten Wünsche. Möge ihm Gott, sein Schöpfer und Erlöser, noch viele gesunde Jahre zusammen mit seiner Frau Gertrud schenken!