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Ulrichswoche

Männerwallfahrt: Als Christen der Welt ein menschliches Antlitz geben

04.07.2023

Augsburg (pba). Das Ulrichsfest neigt sich dem Ende: Im Schatten des Doms werden die letzten Vorbereitungen für die Männerwallfahrt getroffen, wuchtige Fahnenstangen zusammengeschraubt, die Uniformen und liturgischen Gewänder gerichtet, die Lautsprecheranlage getestet. Mit einer achtminütigen Verspätung setzt sich der Prozessionszug am Hohen Weg in Bewegung – mit Bischof Bertram, dem Vorsitzenden des St.-Ulrich-Komitees Domkapitular Dr. Thomas Groll und Diözesan-Männerseelsorger Diakon Gerhard Kahl an der Spitze. Begleitet wird er vom Kreuz, den Fahnen und Standarten der kirchlichen Verbände, Freiwilligen Feuerwehren und religiöser Vereinigungen.

Gemeinsam marschierten nun mehrere hundert Männer singend und betend am Rathausplatz und der Moritzkirche vorbei und über Augsburgs Prachtstraße zur letzten Ruhestätte des Bistumspatrons. Zu den Klängen von Ulrichsbläsern und Orgel zog die große Männerschar zum Festgottesdienst in die Basilika St. Ulrich und Afra ein, die Fahnenabordnungen erwiesen dem Heiligen im Ulrichsschrein die Ehre, indem sie davor ihre kostbaren bestickten Fahnen senkten.

Warum es speziell als Mann heute noch lohnt, sich das Leben und Wirken des heiligen Ulrichs deutlich vor Augen zu führen und was von ihm zu lernen ist, hob Bischof Bertram in seiner Predigt hervor. Ulrichs Vertrauen auf den, der für uns am Kreuz starb, sei für den Bischof persönlich das, was aus der Vita des Bistumspatrons bei aller in der Legende betonten „martialischen Seite“ besonders hervorsticht. Denn Jesus Christus sei der wahre Superheld, zwar nicht so, wie uns Helden in Fantasy- und Science-Fiction-Romanen begegneten oder uns in Action- und Comicverfilmungen präsentiert würden. Der Blick ins Evangelium zeige uns: Das „Heldenepos Jesu“ sei keine „Aktionsgeschichte“, sondern eine „Passionsgeschichte“! Bischof Bertram weiter: „Der Kreuzestod Jesu ist aber, wie wir als Christen glauben, keine Geschichte des Scheiterns, sondern eine Erfolgsgeschichte durch Gottes Auferweckung in Jesu Christi.“

Und noch eine Seite des Bistumspatrons betonte er als sein 62. Nachfolger auf dem Bischofsstuhl von Augsburg: „Seine Sorge galt dem leiblichen wie seelischen Wohl der ihm anvertrauten Leute. Entsprechend war er sozial-caritativ unterwegs; er sorgte für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung und der Krankenpflege; er kümmerte sich um eine bessere Ausbildung der Kleriker und baute die von den Ungarn zerstörten Kirchen wieder auf.“ Er sei sich seiner Herrschaft und Macht zwar bewusst gewesen, doch er habe sie nicht zum eigenen Vorteil genutzt.

Zugleich warnte Bischof Bertram seine Zuhörer an diesem Abend aber auch vor „übertriebener Männlichkeit“. Diese könne ausarten in Einbildung, Übermut, Leichtsinn, Anmaßung, Überheblichkeit bis hin zur Impertinenz. Deswegen bedürfe es eines Gegenpols, eines Ausgleichs durch Klugheit und Maß, Gerechtigkeit und Bescheidenheit. „Am Lebensbeispiel unseres Bistumspatrons sehen wir, was ‚wahres Heldentum‛ bedeutet: Mannhaftigkeit erweist sich in Taten der Liebe am Nächsten, Großmut und Demut bedingen einander, Aufgabe und Hingabe durchdringen sich gegenseitig.“ Ein traditionell geprägtes Männerbild schade letztlich nur den Männern. „Erfüllen wir also keine angewöhnten Rollen, liebe Männer, seien wir keine Schablonen irgendwelcher vermeintlich männlicher Ideale, sondern seien wir Originale!“, ermutigte er die Wallfahrer.

Der Bischof brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das nun begonnene Festjahr eine „geistliche Erfrischung“ für die Gläubigen und Pfarreien des Bistums mit sich bringe: „Insofern bitte ich Euch, liebe Männer: Hört in Euch hinein, auf Eure Berufung, hört hin auf die Stimme Gottes, auf das, was Gott mit Euch Großes vorhat, welche Aufgaben er für einen jeden bereithält“, so der Bischof. Ein jeder solle seine Erfahrungen und Emotionen selbstbewusst und offen äußern – nicht nur am Stammtisch, sondern gerade auch in der Partnerschaft, in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Kirche. Wie das auszusehen hat, davon hat Bischof Bertram klare Vorstellungen. „Anstelle von Leistungsdenken ist Sinnorientierung gefordert, nicht Perfektionismus und Selbstoptimierung bis zur Selbstaufgabe, sondern die Fürsorge auch um sich selbst und die Barmherzigkeit mit anderen. Helft mit, als Christen der Welt ein menschliches Antlitz zu geben!“

Als Vorbild könne hierfür der Bistumspatron dienen: „Sucht wie der heilige Ulrich, was notwendig ist und tut das Notwendende! Nicht Resignation und Hoffnungslosigkeit sind das Gebot der Stunde, sondern Kraft und Eifer, unsere Welt mitzugestalten! Treten wir als Christen überzeugend ein für ein gutes Leben für alle! Lasst Euch ein auf das „Abenteuer Glauben“! Habt Mut, denn wir dürfen uns wie der heilige Ulrich der Führung Gottes überlassen.

Männerseelsorger Diakon Gerhard Kahl Grund bedankte sich am Ende des Gottesdienstes bei allen Beteiligten, die zum Ablauf der Männerwallfahrt ihren Teil beigetragen haben – bei den Mesnern, den 24-Stunden-Wallfahrern für die Übernahme des Lektorendienstes, der Musikkapelle, den Ulrichsbläsern und Chordirektor Peter Bader an der Orgel. Dieses „Fest der Sinne“, zu dessen Mitfeier Diakon Kahl alle Männer zu Beginn einlud, endete auch heuer wieder mit einem die Basilika erschütternden Ulrichslied „Streiter in Not, Helfer bei Gott“, das von einem donnernden Gewitter untermalt wurde.

 

Die Ulrichswoche dauert noch bis Montag, 10. Juli. In diesen Tagen finden zahlreiche Wallfahrtsgottesdienste und weitere Veranstaltungen in der und rund um die Basilika St. Ulrich und Afra statt. Das Ulrichsjubiläum geht noch bis zum 14. Juli 2024. Mehr Informationen gibt es unter www.ulrichswoche.de und www.ulrichsjubiläum.de.