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50 Jahre Diözesan-Exerzitienhaus St. Paulus: "Raum für die Begegnung mit dem lebendigen Gott" – Interview mit Direktor Dr. Michael Lechner

Direktor des Exerzitienhauses in Leitershofen: Dr. Michael Lechner. Bild: pba/Nicolas Schnall
Direktor des Exerzitienhauses in Leitershofen: Dr. Michael Lechner. Bild: pba/Nicolas Schnall, © pba/Nicolas Schnall
16.07.2013

Augsburg (pba). Am Sonntag, 21. Juli, findet im Rahmen der 50-Jahr-Feierlichkeiten des Diözesan-Exerzitienhauses St. Paulus in Leitershofen ein Tag der offenen Tür statt. Die Eucharistiefeier mit Bischof Dr. Konrad Zdarsa um 11 Uhr steht am Beginn eines Tages, an dem die Besucherinnen und Besucher dazu eingeladen sind, hinter die Kulissen des Hauses zu blicken. Die Serenade im Park um 19 Uhr rundet die gemeinsamen Stunden ab. Dr. Michael Lechner, Direktor des Exerzitienhauses, blickt zurück auf die fünf Jahrzehnte seit der Gründung 1963, erklärt aber auch, was das Haus heute noch für viele Gäste attraktiv macht (Bildergalerie).

Fünf Jahrzehnte gelebte Spiritualität in Leitershofen am Stadtrand von Augsburg: Schildern Sie kurz den Gründungsimpuls, der damals dem Bau dieses Exerzitienhauses vorausging…

Damals gab es einen allgemeinen Beschluss der Fuldaer Bischofskonferenz (ab 1966 Deutsche Bischofskonferenz), der für alle Diözesen ein Exerzitienhaus vorsah. In Augsburg existierte in dieser Funktion bereits das Antoniushaus in der Stadtmitte (heute Altenheim), das aber offensichtlich nicht mehr den zeitgemäßen Ansprüchen entsprach. Jedenfalls nahmen der damalige Bischof Joseph Freundorfer und sein Nachfolger Bischof Josef Stimpfle dieses Anliegen auf. In Leitershofen wurde schließlich ein geeigneter und entsprechend weiträumiger Platz für den Bau gefunden. Der Entscheidung lag letztlich die Einsicht zugrunde, dass Kirche sich aus geistlicher Bindung heraus aufbaut.

Auf diesem Hintergrund schossen in den Jahren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) kirchliche Exerzitien- und Bildungshäuser wie Pilze aus dem Boden. Was waren und sind bis heute die Erfolgsrezepte dieses Hauses?

Das Exerzitienhaus sieht seinen Auftrag in erster Linie darin, Raum zu sein für die Begegnung mit dem lebendigen Gott. Das konkretisierte sich in den ersten Jahrzehnten des Bestehens in den Besinnungstagen, die mit großer Teilnehmerzahl für die verschiedenen Regionen des Bistums vor allem während der Advents- und Fastenzeit durchgeführt wurden. Dazu kamen die Exerzitien für Familien und für die Soldaten der Bundeswehr. Gerade an diesen Beispielen wird aber auch die Veränderung der kirchlichen Gesamtsituation deutlich. Mit dem Rückgang volkskirchlicher Strukturen verloren solche Formen geistlicher Vertiefung an Bedeutung und wurden allmählich durch andere Schwerpunkte ersetzt.

Die Buchhandlungen sind voll mit Literatur für spirituelle Sinnsucher und Gottsucher. Wonach suchen denn die Menschen, die heute nach Leitershofen kommen?

In der Tat geht es heute primär um den suchenden Menschen. Die Selbstverständlichkeit von Glaube und Kirche ist in weiten Teilen der Gesellschaft verloren gegangen. Der Mensch muss sich neu auf den Weg machen. Dabei kann man Religiosität nicht isoliert betrachten. Die Suche nach einer Verankerung im christlichen Glauben ist oft verwoben mit schwierigen persönlichen Lebensfragen. Im Grunde genommen ist der moderne Mensch einsam und auf sich selbst zurückgeworfen. In alldem wieder nach den unauflöslichen Fundamenten zu suchen, ist eine Aufgabe eines Exerzitienhauses: Menschen zu helfen, sich in Gott hinein zu trauen.

Auf welche Art und Weise werden sie dann hier fündig?

In unserem Haus zählten wir im vergangen Jahr knapp 13.000 Übernachtungen; Tendenz steigend – die Zahl der zusätzlichen Tagesgäste ist darin noch gar nicht berücksichtigt. Zunächst kommen diese Menschen schlicht und einfach in ein kirchliches Haus: Die Kapelle ist für die Gäste bei Tag und bei Nacht offen; die Weite und die Stille des Parks laden zum Verweilen ein; sie erleben ein freundliches und hilfsbereites Personal. Ich weiß nicht, was das in jedem Einzelnen bewirkt. Feststellen können wir aber, dass für Besinnungstage und Exerzitien eine große Nachfrage besteht. Aus der Begleitung solcher Exerzitien weiß ich um den Ernst, mit dem Menschen sich auf die Begegnung mit Gott einlassen.

Und das hat Auswirkungen auf die Schwerpunktsetzung im aktuellen Jahresprogramm…?

Unser Programm hat sich in den letzten Jahren bewährt. Zu uns kommen viele Gruppen, die das Haus buchen, aber selbständig arbeiten. Die Angebote, die vom Haus selber gemacht werden, haben ihren Schwerpunkt im spirituellen Bereich, vor allem ignatianische Exerzitien. Unsere Referentinnen und Referenten stehen aber auch für Gruppen, wie zum Beispiel Pfarrgemeinderäte, zur Verfügung und begleiten sie bei einem Besinnungswochenende oder einer Klausurtagung.

Damit sich Menschen hier wohlfühlen, spielen Architektur und Kunst, Spiritualität und Glauben an diesem Ort eine besondere Rolle. Wie äußert sich das Zusammenspiel dieser beiden Wortpaare konkret?

Die Architektur des Hauses ist von einer strikten Modernität. Dabei war es ja der Auftrag von Bischof Freundorfer an den Architekten das Psalmwort „Eine feste Burg ist unser Gott“ in eine architektonische Form zu übersetzen. Transparenz und Geschlossenheit bilden sich so im Bau ab und werden zum Ausdruck eines inneren Weges zu Gott. Den Kreuzgang verwenden wir regelmäßig für Kunstausstellungen, um die Formensprache der Architektur und der Kunst miteinander in Verbindung zu bringen. Christliche Spiritualität trägt eben diese Ganzheitlichkeit in sich. Trotzdem würde alles nur im Vorläufigen bleiben ohne jene Mitte, die in der Kapelle gegeben ist. Im Gebet und in der Feier der Eucharistie gewinnt die Kirche aus der Begegnung mit Christus ihre eigentliche Form.

Das Gespräch führte Nicolas Schnall von der Pressestelle Bistum Augsburg.

Mehr Informationen rund um das Exerzitienhaus finden Sie im Internet unter www.exerzitienhaus.org.