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Wichtiges
Doppeljubiläum in Lauingen

"Dem Evangelium ein Gesicht geben"

12.12.2021

Das Martinsmünster im schwäbischen Lauingen gilt als einer der bedeutendsten spätgotischen Kirchenbauten Süddeutschlands. Zum Doppeljubiläum des 500. Jahrestages der Kirchenweihe sowie der 90 Jahre zurückliegenden Heiligsprechung des aus Lauingen stammenden Albertus Magnus feierte Bischof Bertram ein Pontifikalamt mit den Lauingern und betonte das bleibende Vorbild der beiden Pfarrpatrone Martin und Albert.

„Wir leben in einer historischen Zeit“, betonte der Bischof eingangs in seiner Predigt und stellte das große und berechtigte Vertrauen in den Vordergrund, dass die Menschen angesichts einer weltweit wütenden Pandemie vielfach in Forschung, Medizin und Wissenschaft legten. Dennoch sei die Bilanz heute ernüchternd: „In den vergangenen Monaten fuhren wir gesellschaftlich und emotional Achterbahn: Statt die Solidarität für die Schwächsten - Hochbetagte, Menschen mit Vorerkrankungen, Kinder und Jugendliche – durch die eigene Impfung zu stärken, wurde öffentlich und vor allem in den sozialen Medien Angst und Ablehnung, ja Hass gegen die Impfbefürworter geschürt“ – ein Fehlverhalten, dass leider auch innerhalb der Kirche aufzufinden sei. Mit Bezug auf das aktuelle Infektionsgeschehen wiederholte der Bischof seine bereits des Öfteren geäußerte Aufforderung: „Machen wir Christen unserem Namen Ehre und übernehmen wir Verantwortung, jede und jeder in der Weise, wie es dem Erhalt des Ganzen dient!“

Im doppelten Jubiläumsjahr von Martinsmünster und Heiligsprechung hätten viele Menschen einen neuen Zugang zu den heiligen Martin und Albert bekommen und erfahren, wie die beiden auf ihre Art und Weise Antwort gegeben hätten auf die Frage an Johannes den Täufer: „Was sollen wir also tun?“ (Lk 3,10). „Nach über 2000 Jahren ist diese Antwort absolut lebensnah. Es sind die Basics, wie man heute sagt – das war damals die Aufwärmübung für die Botschaft Jesu, sein Evangelium, und so ist es bis heute“, so der Bischof – Basics wie die gelebte Nächstenliebe, die Ehrlichkeit sich selbst und Gott gegenüber und der bewussten Entscheidung für Christus.

So wie die Mantelteilung des hl. Martin bis heute vielfaches Vorbild für christliches Handeln sei, diene die intellektuelle Offenheit und Neugierde des hl. Albert als Inspiration für das Denken heutiger Menschen: „Schon zu Lebzeiten erhielt Albert den Beinamen der Große und wurde als Genie der Wissenschaft gefeiert oder, wie man damals sagte, als Doctor universalis. Denn er hatte sich das gesamte, aus der Antike überlieferte Wissen angeeignet und war selbst als Forscher tätig. Was hätte dieser Vollblutwissenschaftler und Gottsucher wohl zu der teilweise aggressiven Wissenschaftsfeindlichkeit unserer Zeitgenossen und Mitchristen gesagt?“ Stattdessen müsse das bleibende Vorbild der beiden Heiligen sein, offen im Geist und im Herzen dem Evangelium ein Gesicht zu geben: „Das ist der bleibende Auftrag, den uns Martin und Albert gegeben haben. Er gilt für jede und jeden von uns. Amen.“

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Der Lauinger Stadtpfarrer Raffaele De Blasi setzt die Reliquie des hl. Albert in das Reliquiar ein.

Am Ende des feierlichen Pontifikalamts spendete der Bischof den Anwesenden den Segen mit einer Reliquie des hl. Albertus Magnus. Der Festgottesdienst wurde live von K-TV im Fernsehen übertragen und musikalisch durch den Kirchenchor der Stadtpfarrei St. Martin unter Leitung von Kirchenmusiker Michael Finck gestaltet.

Die Lauinger Stadtpfarrkirche St. Martin wurde ab 1516 im spätgotischen Stil erbaut und 1521 eingeweiht. In den Religionskonflikten des 16. und 17. Jahrhunderts wechselte sie wiederholt die Konfession und verlor einen Großteil der ursprünglichen Inneneinrichtung. Im Zweiten Weltkrieg wurde das sogenannte Martinsmünster schwer beschädigt, konnte aber durch den Einsatz Lauinger Bürgerinnen und Bürger gerettet werden. Es gilt als größtes und bedeutendstes Gotteshaus zwischen Ulm und Ingolstadt.

Der hl. Albertus Magnus wurde um 1200 in Lauingen geboren und trat 1223 in den nur wenige Jahre zuvor gegründeten Dominikanerorden ein. Der Philosoph und Theologe, der unter anderem in Paris und Köln lehrte und zu dessen Schülern der hl. Thomas von Aquin zählte, gilt als einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit. Vor allem seine naturwissenschaftlichen Arbeiten werden für die weitere wissenschaftliche Entwicklung Europas als bahnbrechend angesehen. 1260 wurde er zum Bischof von Regensburg ernannt, gab dieses Amt jedoch schon nach zwei Jahren zugunsten seiner akademischen Tätigkeiten wieder auf. Albertus starb 1280 in Köln und wurde 1931 heiliggesprochen. Er ist Patron der Naturwissenschaftler sowie seiner Heimatstadt Lauingen, wo bis heute regelmäßig eine Reliquie des Heiligen zur Verehrung ausgesetzt wird.