„Ein Beweis für meinen Glauben“ – Jugendliche aus Augsburg besuchen Grabtuch-Ausstellung in Turin

Noch bis zum 24. Juni können Besucher in Turin ein ganz besonderes Stück Stoff bewundern: das „Turiner Grabtuch“, das Grabtuch Jesu. Auch Papst Franziskus wird am Wochenende die Ausstellung im Dom von Turin besuchen. Die Teilnehmer des Basicals und weitere Jugendliche aus dem Bistum Augsburg waren schon dort: Sie haben sich gemeinsam auf eine Pilgerreise nach Italien gemacht. Was sie dort erlebt haben und wie sie den Moment vor dem Grabtuch empfunden haben? Ein Einblick. Von Rebekka Reich
Der Nebel hängt schwer zwischen den Bergen. Es nieselt. Nicht die besten Voraussetzungen, um zwei Tage die Stadt Turin zu erkunden. Der Reisegruppe jedoch beschert es eine staufreie Fahrt nach Italien. Die Gruppe ist bunt zusammengewürfelt aus Jugendlichen aus den verschiedensten Ecken der Diözese und den Basicals, die derzeit an einem christlichen Orientierungsjahr in Augsburg teilnehmen. Trotz kurvenreicher Strecke über den San-Bernardino-Pass, geht es im Bus rege zu. Vorne herrscht lebhafter Austausch.
Florian Markter, Jugendseelsorger und geistliche Begleitung der Reise nimmt das Mikrofon zur Hand. Er informiert über den Hintergrund des Turiner Grabtuchs. Daniela, eine der Basicals ist zutiefst überrascht: „Dass es so wahrscheinlich ist, dass es sich um das Grabtuch von Jesus handelt, wusste ich nicht. Man erkennt zum Beispiel Münzen aus der Zeit von Pontius Pilatus!“ Bis heute ist ungeklärt, wie der Abdruck eines ca. 1,75 m großen Mannes, gegeißelt und gekreuzigt, auf das Leinentuch kommt. Es gibt keine Farbrückstände.
Von hinten aus dem Bus erklingt Gesang. Die Gitarre begleitet die Pilger auf ihrer Fahrt. Fröhlich stimmen alle ein, bringen ihre Freude und Begeisterung dadurch zum Ausdruck. Auch Peter, der Freund von Daniela genießt die lebendige Stimmung unter den Teilnehmern: „Neben dem Grabtuch ist auch die Gemeinschaft von gläubigen Jugendlichen ein Grund dafür, dass ich mich angemeldet habe.“
Je später es wird, desto ruhiger wird es. Nach neun Stunden ist das Hotel endlich in Sicht. Veronika Marton, Referentin im Basical und Reiseleiterin freut sich auf ihr Bett und auf morgen: „Das Turiner Grabtuch zu erleben ist für mich ein sichtbares Zeichen, quasi ein Beweis für meinen Glauben. Das ist doch ein Wunder!“, findet sie.
7 Uhr in Turin. Für die junge Reisegruppe geht es direkt in die Stadt, für das Frühstück bleibt an diesem Tag kaum Zeit. Trotz der morgendlichen Kälte verspricht die Sonne einen warmen Tag. Angeführt von einer Bayernfahne bahnt sich die Gruppe ihren Weg über den italienischen Markt zum Dom. Elisa aus Altenstadt stellt lachend fest: „Man merkt gleich: Wir sind nicht in Deutschland. So ein Gewusel ist typisch südländisch. Fühlt sich nach Urlaub an.“ Dort ist außer einigen Polizisten niemand. Ist hier wirklich die Ausstellung des Grabtuchs, zu dem drei Millionen Besucher erwartet werden? Die vielen Plakate an jeder Laterne lassen daran keine Zweifel. Auf der Rückseite des Doms erstreckt sich eine Straße aus Zelten, deren Ende nicht in Sichtweite ist. Vereinzelte Pilgergruppen mit hoch erhobenem Regenschirm an ihrer Spitze zeigen den Weg zum Eingang. Nach einer Sicherheitskontrolle mit Taschenscannern, wie am Flughafen, schlängeln sich die Touristen durch die Gänge. Es herrscht Stimmengewirr. Die ganze Welt ist heute zu Besuch in Turin.
Immer wieder gibt es Abzweigungen. Nach links ein Toiletten-Container, nach rechts eine Reihe an Automaten mit Verpflegung. Die Wände der Zelte sind mit Plakaten dekoriert. Es scheint sich um verschiedene Heilige zu handeln, wie man anhand der Bilder erahnen kann. Der Text italienisch. Der Inhalt bleibt allen Nicht-Italienern verborgen.
Freiwillige stehen an jeder Ecke und erinnern daran, leise zu sein. Ein „Volontario“, der freundlich mit „Buon giorno“ grüßt, reicht jedem einen Flyer. Kurz darauf verdichtet sich die Menschenmasse. Es staut sich. Wie weit es wohl noch bis zum Grabtuch ist? Jegliche Orientierung hat sich in einer der Kurven durch die Zelte verloren. Die Decke der Zelte ist mit Tüchern verhängt, die farblich schon mal auf das Grabtuch einstimmen. Es wird zunehmend stickiger. Und dann am Ende: die Kirchenmauer wird sichtbar.
9. 40 Uhr. Am Eingang angekommen führt der Weg ins Dunkle. Kein Licht brennt. Automatisch wird es ruhig. Anspannung liegt in der Luft, auch durch die spärliche Beleuchtung. Auf Bildschirmen flackert der Livestream des Grabtuchs. Durch Lautsprecher dringt eine angenehme Frauenstimme auf Italienisch, die wohl betet. Ein Ordner schleust die Gruppe aus Augsburg in einen separaten Gang.
Zu ihrem Vorteil: Minuten später lichtet sich die Dunkelheit und die Jugendlichen stehen in der ersten Reihe vor dem hell erleuchteten Grabtuch. Den Kopf in den Nacken gelegt, weil es so hoch hängt, stehen alle einige Minuten vor dem Tuch. Der Umriss ist deutlich zu erkennen. Umrandet von rotem Samt und bewacht von zwei „Carabinieri“, die wie aus einem anderen Jahrhundert aussehen und scheinbar nicht einmal zwinkern. Trotz der Verbotsschilder klicken Kameras aus allen Richtungen. Ein Handyblitz leuchtet auf. Als die schon vertraute Stimme der Italienerin verstummt, ist es für einen Moment ganz still. Länger als erwartet und doch ist es nur ein Augenblick des Verweilens. Mit ausladenden Gesten macht ein Freiwilliger deutlich, die Zeit vor dem Turiner Grabtuch ist vorbei.
Kurz vor 10 Uhr ist die Gruppe wieder vor dem Dom. Die Augen gewöhnen sich langsam wieder an die Helligkeit. Jetzt gibt es die Möglichkeit zur Beichte oder zur Anbetung. Die Augsburger teilen sich auf. Einige setzen sich einfach auf die Stufen vor dem Dom und lassen den Augenblick nachwirken. So auch die Basicalteilnehmerin Bernadette: „Mein Körper ist schon wieder draußen zwischen den ganzen Menschen, aber mit den Gedanken bin ich noch drinnen.“
Für die Jugendlichen war der Ausstellungsbesuch ein Erlebnis, das beeindruckt und zum Nachdenken angeregt hat. „Das Grabtuch kann für uns der sichtbare Beweis der Hingabe Jesu sein. Der Glaube ist zwar persönlich, ich habe aber den Auftrag Zeugnis zu geben und nach außen zu zeigen, wovon ich im Innersten überzeugt bin“, fasste es Florian Markter in seiner Predigt am Sonntag zusammen. Kurz nach dem Gottesdienst befindet sich der Bus schon wieder auf der Heimreise. Die Sonne geht unter. Je näher wir Augsburg kommen, desto dichter werden die Wolken. Es beginnt zu tröpfeln.
Rebekka Reich ist derzeit Praktikantin in der Pressestelle des Bistums. Sie ist Teilnehmerin des Basicals.