Ein Fest der Dankbarkeit
Vor 160 Jahren wurde die markante neugotische Pfarrkirche St. Peter und Paul in Oberstaufen eingeweiht und stellt damit die jüngste Station in einer Ortskirchengeschichte dar, die bis in die Karolingerzeit zurückreicht. Im Gottesdienst zum Kirchweihjubiläum am Samstagabend betonte Bischof Bertram den Wert von Gottesdienst und Gebet als heilsame Unterbrechung des Alltags.
Angesichts einer zweitausendjährigen Kirchengeschichte erschienen 160 Jahre St. Peter und Paul vielleicht als recht gering, so der Bischof eingangs in seiner Predigt – doch hätten sich hier im Laufe der Jahre dennoch unzählige Menschen zusammengefunden, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern, um zu beten, um zu helfen, und um besondere Stationen des Lebens zu begehen: „Wieviel könnte dieser Kirchenraum erzähle von Freud und Leid, von banger Erwartung, von Not und Kriegsgefahr, aber auch von Aufbruchsstimmung und mutiger Zuversicht! Denken Sie nur einmal daran, liebe Oberstaufener, mit welchen Gefühlen Sie selbst sich im Laufe Ihres Lebens hier zum Gottesdienst eingefunden haben.“
„Die kürzeste Definition von Religion ist Unterbrechung“, zitierte Bischof Bertram den Theologen Johann Baptist Metz. So sei auch der Kirchweihgottesdienst in Jubiläum ein Beispiel dafür, wie Menschen ihren Alltag unterbrächen, um in der Kirche gemeinsam zusammenzukommen und Gott zu danken. Diese Notwendigkeit zur Dankbarkeit werde auch im Lukasevangelium deutlich, wenn ein Mann Jesus darum bittet, in einem Erbstreit mit seinem Bruder zu vermitteln (Lk 12,13-21). Jesus aber weise den Mann zurück und betone in einem folgenden Gleichnis, dass man sich vor „jeder Art der Habgier“ hüten müsse: „Jetzt übertreibt Jesus aber, könnten wir denken – und ja, vielleicht tut er es wirklich, doch nur, um uns zum Nachdenken zu bringen!“
Bei ehrlicher Betrachtung werde klar, dass Erfolge immer auch günstigen Umständen und vor allem der aktiven Mitwirkung vieler anderer zuzuschreiben seien. „Denken“ und „danken“ seien so nicht umsonst im Deutschen wortverwandt: „Denn nur wer denkt, dankt! Und das ist die schwärende Wunde, in die Jesus seinen Finger legt: ein Mensch, der nicht mehr wissen will, dass er alles, was er hat, ja seine ganze Existenz verdankt, der macht sich des Hochmutes schuldig.“ Diese Dankbarkeit, gepaart mit dem Bekenntnis zu Gott, sei der Auftrag aller Christen, so der Bischof abschließend: „Nutzen wir also auch in Zukunft die heilsame Unterbrechung des Gottesdienstes und des Gebetes in seinen vielfältigen Formen, um einen Schritt zurückzutreten vom Alltag, um uns unseres christlichen Standpunktes zu vergewissern und – nicht zuletzt – die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten zu pflegen. Dann ist mir nicht bange, dass Sie und Ihre Kinder und Kindeskinder in 40 Jahren voller Freude die 200jährige Kirchweih von St. Peter und Paul begehen werden!“
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Oberstaufen (Dekanat Sonthofen) ist der Nachfolgebau einer mittelalterlichen Stiftskirche und wurde nach einem Kirchenbrand Mitte des 19. Jahrhunderts neu errichtet. 1865 wurde das heutige Gotteshaus durch den damaligen Bischof Pankratius von Dinkel geweiht. Die Kirche gehört mit ihrem 62 Meter hohen Turm zu den ältesten und markantesten Gebäuden des Allgäuer Kurorts. Oberstaufen ist bereits seit dem 9. Jahrhundert als Kirchort nachgewiesen.